SAP-Personalvorstand Stefan Ries

"Emotionale Kompetenz wird zur Schlüsselqualifikation"

Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
SAP-Personalvorstand Stefan Ries erläutert im Interview, mit welchen Mitarbeitern er den Weg in die digitale Welt gehen will, wie er sie dafür fit macht und wo er die Grenzen von KI im Personalwesen sieht.

Welche Kompetenzen benötigen Mitarbeiter, wenn sie fit sein sollen für die digitale Welt?

Stefan Ries: Neben funktionalen und fachlichen Fähigkeiten werden sogenannte Meta Skills an Bedeutung gewinnen, um sich in dieser komplexen und schnelllebigen Zeit zurechtzufinden. Dazu gehören zum Beispiel Anpassungsfähigkeit, Neugierde und die Fähigkeit, produktive Beziehungen aufzubauen. Emotionale Intelligenz wird zur Schlüsselkompetenz. Daneben werden auch methodische Skills wie agiles ProjektmanagementProjektmanagement und ScrumScrum immer wichtiger. Neben den Fähigkeiten im engeren Sinne geht es auch um die Haltung des Mitarbeiters. Alles zu Projektmanagement auf CIO.de Alles zu Scrum auf CIO.de

Sein offizieller Titel lautet Chief Human Resources Officer (CHRO) und Arbeitsdirektor und er ist weltweit für das Personalwesen der SAP SE verantwortlich und seit April 2016 auch Mitglied des Vorstands der SAP SE. Nach Abschluss seines Studiums der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Konstanz (1991) begann er seine Karriere als Personal-Manager bei Microsoft. Im Juli 1994 wechselte er zu Compaq und übernahm sechs Jahre später die HR-Gesamtleitung der deutschen Niederlassung. Von 2002 bis 2010 heuerte er zum ersten Mal bei SAP an, ging dann aber in die Personalberatung zu Egon Zehnder. Seit 2014 ist er nun wieder bei seinem ehemaligen Arbeitgeber und leitet von höchster Stelle das wichtige Personalressort.
Sein offizieller Titel lautet Chief Human Resources Officer (CHRO) und Arbeitsdirektor und er ist weltweit für das Personalwesen der SAP SE verantwortlich und seit April 2016 auch Mitglied des Vorstands der SAP SE. Nach Abschluss seines Studiums der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Konstanz (1991) begann er seine Karriere als Personal-Manager bei Microsoft. Im Juli 1994 wechselte er zu Compaq und übernahm sechs Jahre später die HR-Gesamtleitung der deutschen Niederlassung. Von 2002 bis 2010 heuerte er zum ersten Mal bei SAP an, ging dann aber in die Personalberatung zu Egon Zehnder. Seit 2014 ist er nun wieder bei seinem ehemaligen Arbeitgeber und leitet von höchster Stelle das wichtige Personalressort.
Foto: SAP

Welches Know-how und welche Fähigkeiten werden wichtiger, was spielt keine so große Rolle mehr?

Stefan Ries: Natürlich werden funktionale und fachliche Fähigkeiten weiterhin eine große Rolle spielen. In der IT sind das zum Beispiel Skills rund um Data Science, Artificial IntelligenceArtificial Intelligence und Machine LearningMachine Learning. Gleichzeitig werden überfachliche Fähigkeiten wichtiger: Die Arbeit mit den Kunden beispielsweise erfordert ein hohes Maß an Kommunikationsstärke und Empathie. Nach innen werden Führungsqualitäten immer wichtiger. Eine Führungskraft muss heute mehr denn je die Fähigkeit besitzen, Menschen durch eine klare Vision und den tiefergreifenden Sinn zu motivieren und zu begeistern, um Innovationen entstehen zu lassen. Alles zu Artificial Intelligence auf CIO.de Alles zu Machine Learning auf CIO.de

Internationales Recruiting und kulturelle Bereicherungen

Wie tragen Sie dieser Entwicklung schon im Recruiting Rechnung, dass Sie auch die Richtigen einstellen?

Stefan Ries: Es ist uns wichtig, dass wir bei der Einstellung neben einem Eindruck von den fachlichen Fähigkeiten vor allem auch einen Einblick bekommen, welche Werte ein Bewerber mitbringt, um dann abzugleichen, inwiefern diese zu unserem Unternehmen passen. Aufgrund der Tatsache, dass technologisches Wissen heutzutage eine Halbwertszeit von nur zwei bis drei Jahren hat, ist uns besonders wichtig, dass unsere Mitarbeiter offen für Neues sind und die Fähigkeit mitbringen, sich in permanenten Lernschleifen von Lernen und Entlernen neue Kompetenzen anzueignen.

Könnten Sie anhand eines Beispiels erläutern, wie das Einstellungsverfahren abläuft?

Stefan Ries: Als globales Unternehmen haben wir die Möglichkeit, im Einstellungsverfahren in verschiedenen Ländern verschiedene Ansätze zu testen. So haben wir für Einstellungen im Technologiebereich etwa in Indien bereits vor einigen Jahren Assessments eingeführt, in denen wir technische Qualifikationen überprüfen. Jetzt planen wir, diese weltweit anzuwenden. Daneben gibt es in einigen Abteilungen kulturelle Assessments, denn wir suchen Kandidaten, die unser Unternehmen kulturell bereichern. Interviews bleiben weiterhin ein zentrales Element im Einstellungsprozess. Hierbei setzen wir zukünftig zunehmend auf "Interview Committees" und binden verstärkt Fachexperten ein, um unserem Anspruch, unser Unternehmen mit jedem neuen Mitarbeiter besser zu machen, gerecht zu werden.

Fünf Generationen für SAP

Da sie ja ein vielgelobtes Technologieunternehmen sind, aber auch mit mittlerweile mehreren Generationen im Unternehmen - wie stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeiter für den digitalen Wandel gerüstet sind?

Stefan Ries: Unsere Kultur ist stark dadurch geprägt, dass wir fachübergreifende und multigenerationale Teams organisieren - bei SAPSAP arbeiten derzeitig fünf Generationen. Dadurch stellen wir schon systemisch sicher, dass wir den Austausch und "Peer Learning" über diese Generationen, Regionen und Funktionen erreichen. Alles zu SAP auf CIO.de

Außerdem verfolgen wir einen systematischen Ansatz bei der Fort- und Weiterbildung und investieren massiv in ihre dauerhafte Qualifizierung. Wir bieten über unser Learning Management System weit über eine Million Lerninhalte und -formate an, aus denen Mitarbeiter ganz nach Bedarf und/oder auf Empfehlung schöpfen können. Im Übrigen werden diese Empfehlungen auch datengestützt ausgesprochen, damit der Mitarbeitende prädiktiv und hochindividualisiert auf Lernangebote hingewiesen wird.

Könnten Sie auch hier typische Beispiele nennen, wie Sie solche Qualifizierungs- und Weiterbildungsprojekte umsetzen? Wie Sie dafür sorgen, dass Sie möglichst viele mitnehmen?

Stefan Ries: Um unsere wichtigsten Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen auch skalierbar und damit für eine möglichst große Zielgruppen anbieten zu können, haben wir über die vergangenen Jahre immer mehr Formate digitalisiert, sodass diese zeit- und ortsunabhängig abrufbar sind. Nichtsdestotrotz haben wir weiterhin auch eine Vielzahl von Präsenzangeboten an unseren Standorten im Portfolio, da es in einer zunehmend digitalen Welt für uns von eminenter Bedeutung ist, Menschen auch physisch zusammenzubringen und dadurch Beziehungen aufzubauen und zu pflegen.

Es ist auch in einer zunehmend digitalen Welt von Bedeutung Menschen physisch zusammenzubringen und dadurch Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, so Stefan Ries von SAP.
Es ist auch in einer zunehmend digitalen Welt von Bedeutung Menschen physisch zusammenzubringen und dadurch Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, so Stefan Ries von SAP.
Foto: SAP

Sie hatten ja schon vor einige Jahren mit sehr umfassenden Design-Thinking-Schulungen begonnen, jetzt reden alle von agilem Arbeiten. Wie setzt ein Konzern wie SAP solche Konzepte um?

Stefan Ries: Wir müssen aufpassen, dass wir agiles Arbeiten nicht auf Methodiken wie Design ThinkingDesign Thinking, Scrum und Ähnliches reduzieren. Fraglos stellen diese Ansätze eine wichtige Komponente auf dem Weg zu einer agileren Organisation dar. Gleichzeitig geht es darum, Aufbau und Ablauforganisation, aber auch FührungFührung agiler und anpassungsfähiger zu gestalten. Daran arbeiten wir systematisch im Rahmen unserer Organisationentwicklung. Alles zu Design Thinking auf CIO.de Alles zu Führung auf CIO.de

Und wie hat sich dabei die Rolle der Führungskräfte verändert?

Stefan Ries: Die Anforderungen an Führungskräfte haben sich in den letzten Jahren massiv verändert, und werden auch weiterhin stark im Wandel bleiben. Fachliche Führungskräfte sollten ein hohes Maß an Fachexpertise mitbringen, um komplexe Kundenanforderungen zu verstehen und in Produkte und Lösungen umzusetzen. Sie müssen ihre Projektteams dabei unterstützen, die Komplexität zu bewältigen, Innovationen voranzutreiben und dabei stetig vernetzt zu denken.

Beim Thema Mitarbeiterführung geht es vor allem darum, Potenziale zu entwickeln, zu coachen und zu helfen, sich möglichst erfolgreich und zufrieden im Arbeitsumfeld zu bewegen. Teamfähigkeit ist Grundvoraussetzung, daneben müssen Teams agil zusammengestellt und -gehalten werden. Außerdem erfordert unser digitales Arbeitsleben einerseits die Fähigkeit, cross-funktionale und internationale Teams virtuell führen zu können, und dazu gleichzeitig die entsprechenden Tools zu beherrschen.

Künstliche Intelligenz hilft bei HR-Prozessen

Worauf legen Sie heute mehr wert als früher?

Stefan Ries: Neben der Fachexpertise: auf Mindset und Persönlichkeit. Wenn ein Mitarbeiter nicht das richtige Mindset in sein Team bringt und seine Persönlichkeit nicht zu Kultur unseres Unternehmens passt, können die fachlichen Qualitäten noch so exzellent sein, der Mitarbeiter wird in unserem dynamischen und netzwerkorientierten Umfeld nicht erfolgreich sein können.

Als großer Anbieter auch von Software für die Personaler - wo sehen Sie die besten Anwendungsmöglichkeiten für KI (das ist ja das allesbeherrschende Thema) für HR, was dürfen Algorithmen?

Stefan Ries: Künstliche Intelligenz hilft dabei, durch Automatisierung von wiederkehrenden und häufig auszuführenden Tätigkeiten Effizienzoptimierung zu erreichen oder Unterstützung bei komplexen Entscheidungen zu geben. Im Wesentlichen können Algorithmen aus großen Datenmengen Muster identifizieren und Kategorien bilden. Damit ist Bild-, Text- und Sprachverarbeitung inzwischen sehr effizient möglich und kann entsprechend auch in HR-Prozessen zur Anwendung kommen.

Künstliche Intelligenz kann automatisierte Prozesse effizient optimieren. Stefan Ries sagt dazu: "Im Wesentlichen können Algorithmen aus großen Datenmengen Muster identifizieren und Kategorien bilden. Damit ist Bild-, Text- und Sprachverarbeitung inzwischen sehr effizient möglich und kann entsprechend auch in HR-Prozessen zur Anwendung kommen."
Künstliche Intelligenz kann automatisierte Prozesse effizient optimieren. Stefan Ries sagt dazu: "Im Wesentlichen können Algorithmen aus großen Datenmengen Muster identifizieren und Kategorien bilden. Damit ist Bild-, Text- und Sprachverarbeitung inzwischen sehr effizient möglich und kann entsprechend auch in HR-Prozessen zur Anwendung kommen."
Foto: SAP

Wo sehen Sie die Grenzen?

Stefan Ries: Grenzen sehen wir beim DatenschutzDatenschutz, der Datensicherheit und der Privatsphäre des Einzelnen, aber auch bei Entscheidungen, bei denen aufgrund der Komplexität nicht vollkommene Transparenz besteht. Hier dürfen über KI nur Vorschläge generiert werden, die endgültige Entscheidung muss jedoch beim Mitarbeiter liegen. Der verantwortungsvolle KI-Einsatz ist uns sehr wichtig, weshalb wir auch einen internen KI-Ethik-Lenkungsausschuss etabliert haben sowie mit einem externen KI-Ethik-Beratungsgremium zusammenarbeiten. Alles zu Datenschutz auf CIO.de

Was ist bei Ihnen mittlerweile im Einsatz und was können Sie sich noch vorstellen oder auch wünschen?

Stefan Ries: Wir verwenden SAP Leonardo Machine Learning für die Kategorisierung unserer HR Support-Anfragen und zur Unterstützung der Shared Service Center-Mitarbeitenden bei der Lösungsfindung. SAP CoPilot als ChatbotChatbot ermöglicht für häufig vorkommende Fragestellungen einen 24/7 Support mit Sprach- und Texteingabe und Antworten direkt durch den Computer. Hier arbeiten wir an der Kombination von Technologien, um eine große Zahl an Fragen abzudecken. Alles zu Chatbot auf CIO.de

Im SAP SuccessFactors Jobanalyzer lassen sich Job-Ausschreibungen optimieren. Dabei werden dem Recruiter sprachliche Anpassungen vorgeschlagen, und er entscheidet letztendlich welche Vorschläge vom Machine Learning-Algorithmus übernommen werden sollen. Mit SAP Intelligent Robotic Process Automation erstellen wir auf das jeweilige Land und die Rolle des Mitarbeitenden zugeschnittene Vertragsangebote oder analysieren hochgeladene Fotos von Schriftstücken, um sie automatisiert in unseren Cloud-Systemen zu verbuchen. Nicht nur im HR-Bereich, sondern insgesamt bei SAP verfolgen mit höchster Priorität das Thema "Experience Management".

Was bedeutet das für SAP?

Stefan Ries: Ende 2018 haben wir uns für die bisher größte Akquisition entschieden und das Unternehmen Qualtrics übernommen. Damit haben wir jetzt die Möglichkeit, neben der sogenannten Operational Data auch die Experience Data zu erfassen und zu analysieren - sowohl im eigenen Unternehmen, als auch bei unseren Kunden.

Dieses Feld bietet unglaublich große Potentiale auch für den HR-Bereich, um zum Beispiel im Bereich Predictive AnalyticsPredictive Analytics genauere Vorhersagen über das Verhalten von Mitarbeitenden oder Kandidaten zu treffen und neben dem "Was?" auch das "Warum?" zu beantworten. Wir sehen in der Anwendung intelligenter Technologien ein enormes Potenzial und betreiben damit auch im Personalbereich die Entwicklung hin zur in unserer Unternehmensstrategie angestrebten Intelligent Enterprise. Alles zu Predictive Analytics auf CIO.de

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