4 Problemfelder
Forresters Abgesang auf die bimodale IT
Vielleicht liegt es ja daran, dass die bimodale IT - ähnlich wie der legendäre Hype Cycle oder der Magic Quadrant - ein Terminus des Erzrivalen Gartner ist. Jedenfalls hat sich Forrester Research in dem aktuellen Report "The False Promise Of Bimodal IT" scharf gegen die Idee ausgesprochen, IT-Organisationen in je einen auf Stabilität und auf Agilität fokussierten IT-Bereich zu spalten.
Wo die IT Einfachheit brauche, um innovativ zu sein, sorge ein "Zwei-Klassen-System" eher für Komplexität. Es gebe keinen Sinn, zwei IT-Shops zu unterhalten, die miteinander um Budget, Ressourcen, Skills und die Aufmerksamkeit des Business kämpften.
Analyst John C. McCarthy sieht - gestützt auf Umfragen - die großen Herausforderungen für Unternehmen und damit auch die IT-Bereiche in sich rasch wandelnden, steigenden Kundenerwartungen sowie im Zwang innovativer zu werden. "CIOs aller Branchen wissen bereits oder werden in Kürze merken, dass traditionelle IT-Delivery-Ansätze den gestiegenen Erwartungen der Kunden und der rasant steigenden Innovationsgeschwindigkeit nicht mehr gerecht werden können."
Keine Zwei-Klassen-Systeme
Eine bimodale IT kann CIOs demnach allenfalls kurzfristig weiterbringen, auf längere Sicht prägten sich aber vier große Problemherde aus:
1. Ein Zwei-Klassen-System sorgt für erhöhte Komplexität und eine schlechtere Kultur. In Zeiten, in denen Unternehmen schnell und agil handeln müssen, ist es den Analysten zufolge kontraproduktiv zwei IT-Gruppen zu unterhalten, die jeweils um Ressourcen und Anerkennung ringen. Zudem sei es wahrscheinlich, dass sich die Kollegen, die in der klassischen IT arbeiten, auf Dauer zurückgesetzt fühlten.
2. Die bimodale IT fußt laut Forrester auf einem technikzentrischen Denkmodell, nicht auf einem kundenzentrischen. Vorreiter in Sachen Digitalisierung - Forrester nennt hier die DBS Bank oder Schneider Electric - knüpften ihre Performance-Metriken heute an Kennziffern zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit. Um dort voranzukommen, seien diese Unternehmen bereit, in einer abteilungsübergreifenden Anstrengung die Customer Experience zu verbessern und Silostrukturen einzureißen. Bimodale IT laufe aber der Idee zuwider, crossfunktionale Rollen zu schaffen und einen übergreifenden Omnichannel-Modus zu erreichen.
3. Forrester warnt weiter davor, dass eine bimodale IT die Neigung verstärke, Backend-Systeme unangetastet zu lassen. Tatsächlich gebe es in jedem Unternehmen Systeme, die man für eine Weile in Ruhe lassen könne - wenn sie aber dann angefasst werden müssten, sei meist höchste Eile geboten. Die Analysten plädieren dafür, alle operativen Systeme und Prozesse mit Fokus auf den Kunden auszurichten - auch die im Backend.
Die digitale Disruption zwingt Unternehmen zu organisatorischer Einfachheit und Agilität. Sie müssen auch kurzfristig Spin-offs ausgliedern und Kooperationen mit Dritten eingehen können, um neue Geschäftsfelder schnell zu erschließen. Das führt den Analysten zufolge zu einem kontinuierlichen organisatorischen Re-Engineering. Dafür müssten Tech-Management-Teams auch ältere Backend-Anwendungen vereinfachen und modularisieren.
4. Forrester warnt schließlich davor, dass IT-Organisationen mit einem bimodalen Ansatz am Ende alle konzernweiten Veränderungen auf den Tisch bekommen könnten. Die Business-Einheiten könnten sich aus der Verantwortung stehlen, am Ende sei eine Isolation der IT von den Business-Funktionen wahrscheinlich. Das Digitalzeitaler verlange aber, dass sich alle Unternehmensbereiche der Herausforderung stellen.