Manager-Vergütung

Gehaltsverhandlungen sind wie Poker

07.07.2014
Von Claudia Tödtmann

Top-Manager müssen immer in der Zukunft denken

Was muss in Manager-Verträgen heute stärker und detaillierter geregelt werden als früher?

Alexander Insam: Das Spiel heißt heute eher Poker statt Schach. Sie können nicht mehr alles strategisch planen und durchdenken, weil sich die Entscheidungsparameter andauernd ändern. Durch die Globalisierung und die Entwicklung zum Informationszeitalter sind die äußeren Einflüsse komplexer, schnelllebiger und unsicherer geworden. Das ist schwierig für Unternehmenslenker, die in den vergangenen Jahren Prozesse und Produktionsabläufe immer weiter optimiert haben und dann feststellen, dass dies nicht mehr reicht, um erfolgreich zu sein.

Sondern?

Alexander Insam: Top-Manager müssen heute viel mehr in alternativen Szenarien denken und bereits an die Produkte des Kunden von Morgen. Die beherrschende Frage ist: Was geschieht in Zukunft? Und die Zukunft ändert sich teilweise stündlich. Deshalb arbeiten an den Börsen inzwischen Mathematiker und Physiker als Finanzexperten, die mit Spieltheorie und Algorhythmen umgehen.

Immer wichtiger ist als Entscheidungskompetenz sogenannte Ambiguitätstoleranz, also die Fähigkeit, Lösungslosigkeit auszuhalten und Fragen zu stellen statt vorschnell zu antworten. Früher war es erst die traditionelle Fach- und dann die Sozialkompetenz.

Und deshalb müssen Vergütungsstrategien heute ebenso hochkomplex sein? Mit mittel- kurz- und langfristigen Elementen?

Alexander Insam: Das ist der springende Punkt, um diese Veränderungsgeschwindigkeit und Vielfältigkeit der Anforderungen an Führungskräfte auf der Vergütungsseite abzubilden, müssen Unternehmen auch dort in Szenarien und unterschiedlichen Bemessungs- und Beurteilungszeiträumen denken. Also arbeiten alle großen und immer mehr mittlere und kleine Unternehmen mit variablen Vergütungsbestandteilen, die entweder als Bonus oder Tantieme kurzfristig am Jahresende gezahlt werden oder als sogenannte Long Term Incentives teilweise auch mit Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen oder betrieblicher Altersversorgung kombiniert werden. Gerade Konzerne haben deshalb oft innerhalb der Human-Ressources-Abteilung oder als Vorstandsstab einen Leiter Compensation & Benefits, der für das Gehaltssystem verantwortlich ist.

Ein eigener Spezialist nur für die Festlegung der Höhe der Bezüge der Top-Manager hört sich in Zeiten knapper Kassen recht luxuriös an.

Alexander Insam: Es klingt schon paradiesisch, sich als Head of Compensation-&Benefits über das Gehalt anderer Gedanken machen zu dürfen und dafür gut bezahlt zu werden. Doch ein sogenannter Comp. & Ben. Manager muss nicht nur die Gehälter der Konkurrenz beobachten, also er tauscht sich in Netzwerken wie der Global Equity Organization (GEO) oder dem Bundesverband der Personalmanager (BPM) mit Kollegen aus und holt Vergütungsstudien ein. Er ist auch der Hüter der Unternehmenskultur. Balanciert er das System nicht richtig, werden Führungskräfte und Mitarbeiter neidisch, werden demotiviert und verlassen das Unternehmen. Hohe Konfliktkosten sind die Folge.

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