Warenwirtschaft bei Kaiser’s Tengelmann
Größtes IT-Projekt vor dem Abschluss
Eine Million pro Stunde. Bei Kaiser’s Tengelmann (KTAG) ist das der Durchschnitt. Die Kassen von Deutschlands fünftgrößtem Lebensmitteleinzelhändler verbuchen nämlich bis zu eine Million Artikel pro Stunde. Herausforderung für die Datenlogistik ist dabei die Behandlung von jeweils 15 000 bis 18.000 aktiven Artikeln in mehr als 700 Filialen mit individuellen Sortimenten. Hinzu kommen weitere Saison- und Aktionsartikel, die die Filialen nur temporär führen, sodass insgesamt 85 Millionen Artikelreferenzen bestands- und wertegenau zentral verwaltet werden.
Besonders knifflig ist das Managen der Frischetheken für Fleisch, Obst und Gemüse. Dieses Angebot unterscheidet einen Vollsortimenter wie die KTAG von der Discounter-Konkurrenz, es erfordert aber einen hohen Änderungsaufwand bei der Sortimentsbildung und Preisgestaltung. Kostete der Spargel gestern noch neun Euro das Kilo, bekommt man ihn heute für 50 Cent weniger. Die tatsächliche Differenz zwischen Einkauf und Abverkauf im Blick zu behalten - darin besteht eine der Herausforderungen an das System.
Lange Zeit spiegelt sich diese Kennziffer allerdings nicht in den Warenwirtschaftssystemen (WWS) der KTAG wider. Im Jahr 2000 beschließt das Management, diesen blinden Fleck zu beseitigen und die sogenannte artikelgenaue Bestands- und Werteführung in den Filialen einzuführen. Angesichts einer heterogenen Systemlandschaft aus 43 unterschiedlichen Hard- und Softwaresystemen ist den Beteiligten allerdings sehr schnell klar, dass es nicht reichen wird, allein die Prozesse auf die Belange des Einzelhandels zu optimieren. "Wir mussten auch die gesamte IT-Infrastruktur standardisieren", blickt IT-Leiter Dieter Beye auf die Anfänge zurück. "Damit starteten wir das größte IT-Projekt in der Geschichte des Unternehmens."
Vor allem organisatorische Vorarbeiten prägen die ersten drei Jahre. Der Ist-Zustand muss beschrieben werden, alle Prozesse - von der Beschaffung über die Logistik, vom Rechnungswesen bis zum Verkauf - sind durch Befragung der Beteiligten zu dokumentieren. Die Herausforderung liegt in der Konzentration auf das Wesentliche. "Die einen beschreiben zu detailliert, die anderen zu grob", schildert Beye seine Erfahrung.