Einzelhandel

IT macht Druck

Reppesgaard studierte in Hannover und arbeitete danach als Reporter und Moderator bei Hörfunk von Radio Bremen zu innen- und jugendpolitischen Themen und in den Bereichen Technologie und Wissenschaft. Seit dem Jahr 2000 lebt er in Hamburg, seit 2001 arbeitet er mit Christoph Lixenfeld im druckreif Redaktionsbüro zusammen.

Patriarchat bremst Innovation

"Im deutschen Einzelhandel gibt es einen großen informationstechnischen Nachholbedarf", konstatiert Volker Koch, Berater bei M+M Eurodata. Eine geringere Technologieaffinität der Unternehmen als in den USA und Großbritannien, zu der auch die familiäre Eignerstruktur vieler Handelshäuser beitrage, ist nach seiner Einschätzung einer der Gründe für diesen Rückstand. Das ist zwar menschlich, macht das Manko für das Geschäft aber nicht weniger gravierend. Der frühere CIO einer deutschen Lebensmittelkette scheiterte just an diesem Punkt: Er konnte seine Modernisierungsvorhaben gegenüber den Inhabern nicht durchsetzen - und musste gehen. Einen Nachfolger gibt es bis heute nicht.

Kennzahlen statt Intuition

Eine transparente Warenwirtschaft ist zudem die Voraussetzung, um den Erfolg von Kundenbindungsprogrammen wie Coupon-Aktionen, Rabattangeboten oder Kundenkarten zu messen. Vielerorts ist der Mercer-Untersuchung zufolge die Gestaltung der Preise und des Sortiments mangels detaillierter Kenntnisse über die Kunden und ihr Kaufverhalten ineffizient. Preisentscheidungen würden "auf Basis von Erfahrung und Intuition" gefällt. Erfolg versprechender wäre es sicher, sie auf Grundlage konkreter Kennzahlen zu treffen. Die Unternehmensberater von McKinsey gehen davon aus, dass "der Beitrag des Supply-Chain-Programms zur Ertragssteigerung bis zu ein Prozent" betragen kann. Horst Wildemann, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der TU München und Inhaber der Beratungsgesellschaft für Logistik und Technologiemanagement TWC, hält es sogar für realistisch, die Umsatzrendite durch eine gut geschmierte Lieferkette um bis zu zwei Prozent zu steigern. Das würde vielen Handelsgrößen angesichts der schmalen Margen aus der Bredouille helfen. "Wer heute IT-Systeme unter dem Aspekt der Rationalisierung einführt, ist von gestern", betont Logistikexperte Wildemann. "Es geht darum, Kostenzuwächse zu vermeiden und konkurrenzfähig zu sein. Die IT-Systeme haben sich zu Wettbewerbsinstrumenten gewandelt."

Welchen Nachteil das Fehlen solcher Werkzeuge darstellt, ist bei der genossenschaftlich organisierten Supermarktkette Edeka erkennbar. Derzeit gibt es kein einheitliches Warenwirtschaftssystem und kein gruppenübergreifendes Logistikkonzept für die rund 10000 Geschäfte. Obwohl der Lebensmittelhändler mit fast 33 Milliarden Euro Umsatz zu den Marktführern hierzulande zählt, kann er diese Größe nur selten ausspielen. Zwar gibt es eine zentrale Einkaufsorganisation in der Genossenschaftszentrale in Hamburg. Doch die Regionalgesellschaften sind unabhängig, kaufen oft dezentral und nicht IT-gestützt ein und lassen sich nicht gemeinsam beliefern. Handelsexperten schätzen, dass der Kette so jedes Jahr weit mehr als 100 Millionen Euro verloren gehen.

Edeka kämpft um den Anschluss

Mächtige Regionalfürsten verhinderten bislang, dass die IT bundesweit vereinheitlicht wird. Stattdessen sind lokale IT-Verbünde wie in der Edeka-Regionalorganisation Minden-Hannover entstanden. Die Warenwirtschaft dort wird gerade auf SAPSAP umgestellt. Bis Mitte 2004 soll der Rollout des Lagerverwaltungsystems Wamas aus dem österreichischen Softwarehaus Salomon Automation abgeschlossen sein. Die Edeka Minden-Hannover IT-/Logistic-Service GmbH hat zudem ein eigenes Logistiksystem aufgebaut. "Rund ein halbes Dutzend wild gewachsener Systeme mussten im Sinne des Supply-Chain-Gedankens integriert werden", sagt Geschäftsführer Josef Schulte. Alles zu SAP auf CIO.de

Die Software haben die Genossen nach ergebnislosen Gesprächen mit Anbietern wie SAP und I2 Technologies selbst programmiert. Wenn es nach Schulte geht, wird das lokale SCM-System Vorbildcharakter für die gesamte Genossenschaft haben. "Ich will aus unserer Entwicklung einen nationalen Standard für Edeka machen."

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