Veredelung von Luxusuhren

Kleine Kunstwerke auf dem Ziffernblatt

19.04.2010
Von Klaus  Ahrens

Gewinne seien mit dieser Abteilung nicht zu machen, versichert Torres. "Wenn Sie Geld damit machen wollen, müssen Sie mehr produzieren, dann haben Sie 120 Leute, die den ganzen Tag das Gleiche tun. Daraus kann nichts Neues entstehen, man würde den Geist dieser Abteilung vertreiben." Trotzdem sei der Richemont-Konzern, zu dem das Haus gehört, durchaus stolz auf diese Arbeit, weil sie Motivation schaffe, die auch die anderen Marken inspiriere.

Immer wieder brillieren die Vacheron-Maler mit Originellem: So haben sie eine Vierer-Edition zu Ehren der großen Entdecker aufgelegt. Die Zifferblätter zeigen kartografisch die Weltgegenden, die der chinesische Admiral Zheng He sowie die Europäer Christoph Kolumbus, Marco Polo und Ferdinand Magellan durchstreift haben, garniert mit den jeweiligen Reisemitteln. Weil der Venezianer Marco Polo nur zwei Dromedare dabei hatte, ist die Karte der alten Seidenstraße besonders prächtig ausgefallen.

In der Vacheron-Werkstatt trifft man beispielsweise auf eine junge Emailleurin - aus Angst vor Abwerbung nennt das Unternehmen keine Namen - , die gerade mit Pinsel und Farben dabei ist, eine runde Metallscheibe, überzogen von filigranen goldenen Drähten, das "Cloisonné", zu bearbeiten. In die Felder zwischen den Drähten gibt sie die verschiedenen Farbtöne. Drei Monate dauert die Arbeit an einem solchen Zifferblatt. Mitunter mehr als 30-mal, immer wenn eine Farbfläche beendet ist, wird es bei 800 Grad gebrannt. Schließlich bekommt das gute Stück sein Finish: eine transparente Emailschicht, die in den 900 Grad heißen Ofen kommt.

Ein Härtetest, der auch Lagerfeld überzeugt

Gelernt hat die Nachwuchsmalerin das Handwerk bei der derzeit wohl Besten ihrer Zunft, der Emailleurin Anita Porchet. Ähnlich wie Suzanne Rohr, die seit vielen Jahren für Patek Philippe tätig ist und dort Miniaturen nach Meisterwerken der Malerei auf Zifferblätter zaubert, zählt Porchet zu den ganz Großen unter den Uhrenmalern.

Zwei Ecken weiter macht sich ein junger Asiate an einem bulligen Eisenklotz von Maschine zu schaffen, der Aufschrift nach um 1900 gebaut. Der Mann ist Guillocheur und, wie es heißt, der einzige weit und breit, der das Handwerk noch beherrscht. Eingespannt in das Werkzeug hat er ein Zifferblatt, dem er in feinsten Linien ein fernöstliches Drachenmotiv eingraviert. Das Modell ist nicht auf dem Markt zu haben, sondern für einen Sammler bestimmt. Ein anderer hat gleich zwölf Uhren bestellt, die Zifferblätter mit sämtlichen Sternzeichen verziert, alles komplizierte Einzelanfertigungen: Die Figuren wurden graviert, der Hintergrund emailliert, bei den brillantenen Sternzeichen musste der Steinsetzer ran. Die Arbeit des Special Order Departments von eineinhalb Jahren, zu einem namenlosen Preis.

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