Strategien


CDIO Khaled Bagban

Klöckner auf dem Weg zum grünen Stahlhändler

Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs „CIO des Jahres“. Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Mit eigenentwickelten Daten-Services will Klöckner Kunden helfen, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren. CDIO Khaled Bagban setzt dafür auch auf eine Blockchain.
"Jedes Stück Stahl bekommt einen CO2-Passport, der auf der Blockchain abgelegt wird", erklärt Khaled Bagban, CDIO von Klöckner & Co.
"Jedes Stück Stahl bekommt einen CO2-Passport, der auf der Blockchain abgelegt wird", erklärt Khaled Bagban, CDIO von Klöckner & Co.
Foto: Klöckner & Co

"Nachhaltigkeit und DigitalisierungDigitalisierung sind Kernbestandteile unserer Unternehmensstrategie", sagt Khaled Bagban, seit Mai 2022 Global Chief Digital and Information Officer (CDIO) der KlöcknerKlöckner & Co SE. Die Themen seien direkt beim CEO Guido Kerkhoff aufgehängt. Für einige Führungskräfte hat Klöckner, einer der weltgrößten StahlhändlerStahlhändler mit mehr als 7.000 Mitarbeitern, konkrete Ziele dazu definiert, die auch mit finanziellen Anreizen hinterlegt sind. "Wir wollen zum Pionier einer nachhaltigen Stahlindustrie werden", formuliert Bagban das ehrgeizige Ziel. Top-500-Firmenprofil für Klöckner Alles zu Digitalisierung auf CIO.de Top-Firmen der Branche Handel

Mit Produkten unter dem Markennamen "Nexigen" will Klöckner Kunden und Partnern helfen, CO2-Emissionen zu reduzieren und ihre Dekarbonisierungsziele zu erreichen. Schon zum Jahresbeginn stellte der Konzern einen selbst entwickelten Algorithmus zum Messen des CO2-Fußabdrucks seiner rund 200.000 Produkte vor. Der sogenannte Nexigen PCF Algorithm wurde vom TÜV Süd zertifiziert, berichtet Bagban. Das Kürzel PCF steht für Product Carbon Footprint.

Kunden sollen künftig den CO2-Fußabdruck der von Klöckner bezogenen Stahlprodukte digital einsehen können. Die Software schlägt bei Bedarf grünere Alternativen aus dem Portfolio vor.
Kunden sollen künftig den CO2-Fußabdruck der von Klöckner bezogenen Stahlprodukte digital einsehen können. Die Software schlägt bei Bedarf grünere Alternativen aus dem Portfolio vor.
Foto: Klöckner & Co

Aus diesem Vorhaben ist ein kommerzielles Produkt namens "Nexigen Data Services" entstanden, das Klöckner seit Juni 2023 anbietet. "Kunden können damit digital einsehen, wie viele CO2-Emissionen ihr Produkt verursacht", erläutert der Digitalchef. Das gelte von "cradle to gate", also von der Rohstoffgewinnung über die Produktion bis hin zur Lagerung und dem Transport der Waren. Der Clou dabei: Die neue Software offenbart nicht nur die Emissionshistorie der über Klöckner bezogenen Produkte, sondern schlägt Kunden auch grünere Alternativen aus dem Portfolio vor und zeigt das damit verbundene Reduktionspotenzial. Das alles soll mit wenigen Mausklicks erledigt sein. Bagban: "Wir reagieren damit auf den wachsenden Wunsch von Kunden und Partnern, für bestellte Produkte umfassende Informationen zum CO2-Fußabdruck zu bekommen."

Blockchain und interdisziplinäre Teams

Die technischen Grundlagen von Nexigen entstanden zum größten Teil unter dem Dach der Digitaltochter kloeckner.i, die Bagban seit Mai 2022 ebenfalls leitet. Für die Nexigen Data Services nutzt Klöckner unter anderem die Open-Source-Blockchain-Plattform Polkadot. Über ein Portal sind sogenannte CO2-Passports der Produkte für Kunden einsehbar. "Jedes Stück Stahl bekommt einen CO2-Passport, der auf der Blockchain abgelegt wird", erläutert er. "Das ist transparent, unverfälschlich und bildet die Emissionshistorie eines Produkts ab." Klöckner-Kunden könnten die entsprechenden Datensätze auf Wunsch gegen eine geringe Gebühr übernehmen und in ihren eigenen Systemen weiterverarbeiten.

Bei kloeckner.i gibt es schon seit längerem das Projekt Gaia. In diesem Kontext hat ein interdisziplinär zusammengesetztes Team unter anderem den PCF-Algorithmus und die neuen Daten-Services entwickelt. Die Gruppe besteht sowohl aus Sustainability- und IT-Experten als auch aus Mitarbeitenden diverser Fachabteilungen, beispielsweise dem Vertrieb des Stahlhändlers.

Um das Projekt Gaia zum Laufen zu bringen, waren umfangreiche Vorarbeiten zu leisten. So entwickelte Klöckner etwa ein eigenes Klassifizierungsschema für grünen Stahl, das sechs Kategorien definiert. "Bis 2030 wollen wir 50 Prozent der Produkte über die beiden grünsten Kategorien anbieten", legt er die Latte hoch: "Wir können dem Klimawandel nur mit großen und mutigen Schritten begegnen. Es braucht Technologie-Innovationen für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle."

IT-Strategie und Sustainability

Das Thema Nachhaltigkeit schlägt sich auch in der IT-Strategie des Stahlkonzerns nieder. "Der Aufbau einer klimaneutralen IT muss selbstverständlich sein, damit wir uns als Digitalbereich darauf konzentrieren können, die Geschäftsprozesse des Unternehmens CO2-effizienter zu gestalten", sagt Bagban. "Dafür haben wir unter anderem unser 'Digital Sustainability Solutions'-Team gegründet." In seiner Rolle als CDIO kümmert er sich schwerpunktmäßig um Digitalisierung und Automatisierung.

Auf seiner Agenda steht etwa das Digitalisieren des Angebotsprozesses mithilfe künstlicher Intelligenz. Dabei geht es auch um das Matching von Kundenanforderungen mit dem umfangreichen Produktkatalog des Stahlhändlers. "In diesem Bereich sprechen die Beteiligten nicht immer die gleiche Sprache", erläutert der Digitalchef. KI-basierte Tools könnten helfen, die unterschiedlichen Kundenwünsche mit den angebotenen Produkten und Services in Einklang zu bringen. Generell nutze Klöckner KI auch für die Prozessautomatisierung, beispielsweise in Robotik-Systemen für die Lagerhaltung.

Taskforce kümmert sich um Generative AI

Für das Thema Generative AI hat der CDIO eigens eine Taskforce aufgestellt, die an diversen Pilotprojekten arbeitet. So experimentiert Klöckner in großem Stil mit Microsofts Generative-AI-Assistent "365 Copilot", der erst im Lauf des Jahres allgemein verfügbar sein wird. Dabei geht es beispielsweise um das automatisierte Erstellen von Powerpoint-Präsentationen.

Besonders aussichtsreiche Use Cases für generative KI sieht Bagban im Bereich Programmierung. So automatisiere kloeckner.i bereits Testing- und Dokumentationsaufgaben mithilfe von KI-Tools: "Am Ende geht es darum, die Produktivität zu erhöhen", erklärt er den wirtschaftlichen Nutzen. Zu seinen Aufgaben als IT- und Digitalchef zählt er auch die Aus- und Weiterbildung. Die Digitaltochter offeriert beispielsweise über die "Kloeckner Academy" eine Reihe von Trainingseinheiten zu speziellen IT- und KI-Themen für alle Mitarbeitenden.

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