IT-ZEITARBEIT

Kompetente Job-Hopper

Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.
Zeitarbeitsfirmen haben zunehmend IT-Fachleute unter Vertrag. Die hoch qualifizierten Job-Hopper stellen eine hervorragende Option dar, wenn es darum geht, Teams für aufwendige Projekte zusammenzustellen.

"MEIN PERSONALDIENSTLEISTER für IT-Zeitarbeitskräfte muss mehr bieten als eine Kartei mit Kandidaten; die könnte ich mir selbst aus einer Freelancer-Jobbörse im Internet suchen", sagt Eike Eversmeyer von der Hamburger Firma Hafen und Lagerhaus (HHLA). Der Leiter des DV-Betriebs beschäftigt seit mehr als zwei Jahren regelmäßig Zeitarbeiter und hat gute Erfahrungen mit Service und Auswahl gemacht. Lutz Martens, Chef des deutschen IT-Services der Zeitarbeitsfirma Randstad, überrascht das Lob für die Vermittlerbranche kaum. "Wir könnten uns am Markt nicht behaupten, wenn unsere Kunden mit unserer Leistung nicht zufrieden wären. Und dass sie mehr als fünfzig Prozent unserer Leute übernehmen, spricht eine klare Sprache", so der Personal-Manager. In acht deutschen Niederlassungen hat er - vom PC-Techniker über User-Helpdesk-Mitarbeiter bis zum Programmierer, Systemspezialisten und Netzwerkadministrator - mehr als 200 IT-Spezialisten unter Vertrag. Die sofortige Verfügbarkeit der Fachkräfte bei wenigen Verpflichtungen macht Zeitarbeit zu einer Alternative, die sich rechnet - schon zeitlich: Bei der klassischen Personalbeschaffung dauert es vom Schalten der Anzeige bis zum Arbeitsbeginn leicht einige Monate. Zeitarbeiter dagegen fangen im besten Fall am nächsten Werktag an. "Unsere Kunden zahlen nicht für die Mitarbeiter, sondern für die Flexibilität", ist Martens überzeugt. Das Jahr 2000 und der Euro als Türöffner In der Informationsverarbeitung, wo Planung und Aufwand pro Projekt gemessen werden, ist oft nicht absehbar, ob die Personaldecke anschließend noch passt. Als Türöffner für die IT-Zeitarbeit erwiesen sich daher der Jahrtausendwechsel und die Euro-Umstellung - ProjekteProjekte, die kaum jemand aus eigener Kraft bewältigen konnte. Mit knappen Fristen, stark erhöhtem Personalbedarf und begrenzten Laufzeiten öffnete sich hier eine ideale Lücke für Zeitarbeiter. Danach war allerdings oft Feierabend für die IT-Jobber. Für Hubert Greinert, Inhaber und Geschäftsführer von Icos Datentechnik in Hannover, gehört Zeitarbeit dagegen zum Tagesgeschäft. Die Kunden schätzen die Vielfalt der angebotenen Leistungen (von Installations- und Verkabelungsarbeiten über Programmierung und Betriebsdatenerfassung bis zur Systemadministration), die Festangestellte wegen der starken Schwankungen im Projektgeschäft nicht allein erbringen können. "Anfangs waren die Kunden skeptisch", räumt Greinert ein, "weil sie Qualitätsversluste fürchteten." Doch das habe sich gegeben, denn Icos setzt fast immer dieselben bewährten Zeitarbeiter ein. In den letzten zwei Jahren hat nicht nur er selbst zwei Kollegen übernommen, auch seine Kunden haben schon mehrfach Icos-Zeitarbeiter eingestellt. Die Übernahme ihrer Leute sehen die Vermittler indes mit gemischten Gefühlen. Doch wird der Verlust eines Mitarbeiters - so zeigt der Erfahrung - in der Regel durch einen zufriedenen und vor allem treuen Kunden kompensiert. Zudem sind bei Übernahme vor Ablauf eines Jahres meist Ablösesummen fällig. Geringeres Personalrisiko Weiterer Vorteil: Arbeitgeber können in einer Art zusätzlicher Probezeit feststellen, ob sich ein Übernahmekandidat im realen Arbeitsumfeld bewährt. HHLA-Mann Eversmeyer bestätigt denn auch, dass Zeitarbeit eine "ganz wunderbare Methode" sei, Leute kennen zu lernen. Schon mehrfach hat er Leiharbeiter in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen. "Ich gehe praktisch kein Risiko ein, wenn ich eine Fachkraft anfordere." "Viele der Kunden sind als IT-Dienstleister im Projektgeschäft tätig", sagt Ted Peter, Geschäftsführer der Hamburger Niederlassung von IT-Manpower. Er widerspricht der verbreiteten Ansicht, die Bezahlung der Zeitarbeiter sei schlecht: "Wir können es uns weder leisten, mangelhaft ausgebildete Leute zu vermitteln, noch können wir weniger als andere zahlen." Allerdings ergäben sich aus dem Vertrauensverhältnis zu seinen Auftraggebern auch Einstiegsmöglichkeiten für Leute, die bei einer direkten Bewerbung kaum Chancen hätten wie Quereinsteiger oder ältere Kollegen. "Schräge Lebensläufe sind für mich kein Problem, wenn Qualifikation und Motivation stimmen", erklärt der Personal-Manager. Brigitte Johnsen, die in der Hamburger Niederlassung des Personaldienstleister Deutscher IndustrieIndustrie Service (DIS) den Geschäftsbereich Information Technology leitet, berichtet, dass siebzig bis achtzig Prozent ihrer Leute in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen würden. Sie sucht deshalb ständig Nachwuchs. Bedingungen: handfeste IT-Kenntnisse und mindestens ein Jahr Berufserfahrung oder ein Hochschulabschluss mit IT-Schwerpunkt. DIS, nach eigenen Angaben Marktführer für qualifizierte Zeitarbeit, ist bundesweit in 182 Niederlassungen vertreten, 27 mit einem Geschäftsbereich Information Technology. Mehr als 400 IT-Fachkräfte stehen hier unter Vertrag. Expertenauswahl nach Maß Anders als bei weniger qualifizierten Arbeitskräften hängt der Vermittlungserfolg der gut ausgebildeten Klientel entscheidend von der individuellen Betreuung ab. Selbst Konkurrenten räumen ein, dass DIS hier gute Arbeit leiste. Bereichsleiterin Johnsen: "Unsere Dienstleistung besteht in erster Linie darin, die Anforderungen unseres Kunden mit den Fähigkeiten und Erfahrungen unserer Leute zur Deckung zu bringen - und das lässt sich eben nicht am Telefon erledigen." Ihre Personalvermittler kennen nicht nur die Stärken und Schwächen der Mitarbeiter, sondern besuchen auch regelmäßig die Kunden und halten engen Kontakt zu Personalabteilungen und Fachvorgesetzten. Die Stundensätze liegen - je nach Ausbildung, Berufspraxis und Qualifikation - zwischen 55 und 200 Mark. Aber auch höhere Stundensätze fallen gelegentlich an; für besonders gefragte und deshalb knappe Experten verlangen die Vermittler besondere Honorare. Bei allen Zeitarbeitsfirmen haben die Angestellten einen festen Vertrag mit Kündigungsschutz, Sozialleistungen und Urlaub; auch betriebliche Fortbildung ist üblich. Verleihfirmen brauchen nicht nur eine Erlaubnis von der Bundesanstalt für Arbeit; gesetzliche Regelungen sorgen zudem für dieselbe soziale Sicherheit wie bei regulären Festanstellungen. Das "Synchronisationsverbot" etwa verbietet die Befristung des Arbeitsvertrags auf die Dauer des ersten Einsatzes; und kein Zeitarbeiter darf länger als zwölf Monate am Stück bei einem Kunden arbeiten. Kritische Zeitgrenze Diese Grenze ist gelegentlich kritisch, denn die Einsatzzeiten der IT-Fachleute sind fast immer an Projekte gebunden - Laufzeiten unter drei Monaten deshalb die Ausnahme. Nicht selten übersteigt die Projektdauer sogar die erlaubten zwölf Monate; der Zeitarbeiter muss sich dann trotzdem verabschieden - oft in der kritischen Endphase. Die Verleihfirmen hoffen hier auf die Bundesregierung: Rot-Grün hat bereits deutliche Signale in Richtung einer Gesetzesänderung gesendet. Schon das traditionelle Feld der gewerblichen Zeitarbeit ist ein Markt mit überproportionalen Steigerungsraten; das Wachstumspotenzial bei qualifizierten Tätigkeiten gilt als noch größer. Langfristig wird sich jedoch nur behaupten, wer das nötige Personal- und IT-Know-how mitbringt. Kein Zufall also, dass viele Verleihfirmen längst eigene Geschäftsbereiche oder spezialisierte Tochterfirmen für dieses Segment gegründet haben. Alles zu Projekte auf CIO.de Top-Firmen der Branche Industrie

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