Psychologie
Kritzeln erwünscht!
Doch nicht alles, was während eines Vortrags, eines Telefonats oder einer Vorlesung gezeichnet wird ist eine Kritzelei. Der Kunstpsychologe Georg Franzen aus Celle definiert Kritzeleien, wie folgt: "Kritzelzeichnungen werden ohne Bedeutungsabsicht und ohne technische Fertigkeiten gefertigt. Sie entstehen, während der Verfasser einer anderen Tätigkeit nachgeht. Sie sind nur teilbewusst." Häufig sind die Kritzler selbst überrascht, was da aus ihrer Feder geflossen ist.
Schöne Kritzeleien zeugen von Unaufmerksamkeit
Doch der Grat ist schmal, weiß auch Gebert. "Manche übertreiben es. Sie versinken ganz in ihrer Zeichnung und machen sie zur Hauptbeschäftigung", sagt der Psychologe. Und stellt fest: "Ist die Kritzelei zu schön, war der Urheber nicht mehr aufmerksam."
Das vermutet Gebert auch bei der ein oder anderen Zeichnung. Zum Beispiel das Bild von einem jungen Studenten zeige, dass Kritzeleien in Gemälde übergehen könnten. Und auch der Student gibt zu: "Die Kritzelei war leider das Einzige, was ich an diesem Tag aus der Vorlesung mitnehmen konnte."
Und auch ansonsten ist das Kunstwerk des jungen Mannes ein Sonderfall. Denn es ist nicht wie üblich mit Bleistift oder Kugelschreiber auf Papier gekritzelt, sondern auf einem Tablet entstanden.
Und obwohl es einige Kritzel-Apps gibt, fürchtet Gebert das Aussterben der Nebenbeschäftigung, sobald jedermann ein Tablet mit an den Konferenztisch nimmt. "Wir lenken uns mit anderen Dingen ab, wenn wir in der Besprechung nicht ausgelastet sind", sagt der Kritzel-Experte. "Schreiben E-Mails, surfen im Internet." Das ist dann zu viel der Ablenkung. (Quelle: Wirtschaftswoche)