Frauen in der IT
Männer pflegen ihre Netzwerke bereits im Sandkasten
Frauen in der IT - ist das eigentlich noch ein Thema?
Doris Albiez: Ja, sicher. Was die Karrierechancen für Frauen betrifft, hat sich in den vergangenen Jahren leider nicht allzu viel zum Positiven geändert, und weibliche Führungskräfte - übrigens nicht nur in der IT - gibt es nach wie vor viel zu wenig. Es wird hierzulande sogar eher wieder schlimmer. Selbstverständlich können Frauen heute Führungsaufgaben wahrnehmen. Aber zwischen dem KÖNNEN und dem TUN klaffen noch immer Welten. Einem "Spiegel"-Artikel zufolge hat Deutschland von allen Industrienationen den geringsten Anteil an weiblichen Führungskräften. Sogar die arabischen Länder stehen weit besser da.
Woran liegt es? An den Männern, die weibliche Konkurrenz fürchten?
Doris Albiez: Die Gründe hierfür sind zahlreich, und es liegt beileibe nicht nur an den Männern. Damit würden wir es uns dann doch zu einfach machen. Dennoch spielt die Haltung einiger Männer da durchaus eine Rolle. Wenn Frauen zunehmend in die Führungsetagen drängen, bedeutet das natürlich auch neue Konkurrenz an der Spitze. Während die einen damit souverän umgehen, begeben sich andere eher in eine Abwehrhaltung und versuchen, diese Konkurrenz aktiv zu unterbinden. Das ist ja auch irgendwie nachvollziehbar. Besser wäre es aber, dies eher als sportliche Herausforderung anzunehmen, statt sich zu sperren, denn Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft. Mehr miteinander und weniger gegeneinander würde uns da allen gut tun.
Das heißt, wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir die Männer ins Boot holen.
Doris Albiez: Auf jeden Fall, und es gibt dafür bereits gute Ansätze - beispielsweise die "MARC (Men Advocating Real Change)"-Projekte, in denen sich Männer aktiv dafür einsetzen, den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen. .. Was die mangelnde Unterstützung von Frauen angeht, so haben 80 Prozent der Männer durchaus verstanden, worum es geht und dass sich etwas verändern muss. Während die einen aktiv an der Veränderung mitwirken, gibt es aber auch immer noch zu viele, die das nicht so gut geregelt bekommen, weil sie noch in tradierten Geschlechterrollen verhaftet sind, aus denen sie nicht ausbrechen können.
Sie persönlich haben es trotzdem geschafft, Geschäftsführerin zu werden. Was ist Ihr Geheimnis?
Doris Albiez: Ich habe tatsächlich sehr viel Unterstützung von Männern bekommen. Allerdings fast immer von älteren Männern, die meine Mentoren wurden und mich kontinuierlich nach oben gezogen haben. Selten von Männern, die alters- und karrieremäßig ungefähr auf Augenhöhe waren. Da sind wie dann wieder beim Thema Konkurrenz. Mein "Geheimnis" ist, wenn Sie so wollen, die Männer vergessen zu lassen, dass ich eine Frau bin, ohne dass ich deshalb wie ein Mann wirken muss.
Was unterscheidet den weiblichen vom männlichen Führungsstil?
Doris Albiez: Wenn ich von mir ausgehe, dann versuche ich immer, zunächst das Team hinter mich zu bringen. Denn Männer lassen sich im Allgemeinen nicht so gern von eine Frau gängeln. Aber wenn ich eine Entscheidung durchsetzen muss, dann mache ich deutliche Ansagen. Männer mögen in der Regel klare Aussagen und keine, die sie selbst erst noch interpretieren müssen.
Frauen in Führungspositionen tendieren dazu, sehr hart, quasi männlich, aufzutreten, um ernst genommen zu werden.
Doris Albiez: Das finden die Männer oft erträglicher. Mit taffen, eher maskulin agierenden Frauen können Sie besser umgehen, denn mit solchen Situationen sind sie besser vertraut. Ich aber denke, wir haben als weibliche Führungskräfte auch ganz besondere, eben weibliche Eigenschaften, die wir einsetzen können und müssen - sei es der empathischere Umgang mit unseren Mitarbeitern, das Zuhören können oder auch ein generell kooperativerer Führungsstil.
Wir sind aber ganz sicher nicht gut beraten, wenn wir versuchen, männlicher zu agieren als die Männer selbst. Eines sei hier aber auch gesagt: Es kommt auf die richtige Balance an, denn es gibt natürlich auch ein paar typisch weibliche Eigenarten, die einem auf dem Weg nach oben nicht helfen, sondern massiv im Wege stehen.