CIO Auf- und Aussteiger


Frank Annuscheit, CIO Commerzbank

Netzwerker im Bankenviertel

Ende 2003 hatte Frank Annuscheit das Outsourcing-Geschäft mit IBM platzen lassen – gegen den damaligen Trend in der Branche. Doch hat der 42-jährige CIO der Commerzbank IBM trotzdem an Bord gehalten – als Berater für die "interne Optimierung" des betreffenden Investment-Geschäfts. Ein Indiz für sein Verhandlungsgeschick.

FRANK ANNUSCHEIT hätte sein Büro auch im 49. Stock des Commerzbank-Tower im Frankfurter Bankenviertel haben können. Hier hätte er die Konkurrenz gut im Blick gehabt – die DZ-Bank, die Dresdner, seinen langjährigen Arbeitgeber, die Deutsche Bank. Doch der CIO der Commerzbank zieht es vor, an der Basis zu sitzen – im Erdgeschoss des Dienstleistungszentrums, etwa 500 Meter von der repräsentativen Zentrale des Finanzkonzerns entfernt, allerdings stets mit Blick auf den mehr als 250 Meter hohen Giganten. Zwei Mal am Tag spaziert Annuscheit sowieso zu Meetings hinüber. Hier traf er Ende 2003 gemeinsam mit dem IT-Vorstand der Bank Andreas de Maizière jene spektakuläre Entscheidung, die ihm wenige Monate nach seinem Einstieg bei der Commerzbank zunächst den Ruf eines Enfant Terrible eingebracht hat, das einen rigiden Anti-Outsourcing-Kurs fährt. Der Grund: Die Commerzbank lagerte das Investment-Banking nicht an IBMIBM aus, sondern baute zunächst die IT-Organisation um. Die Entscheidung fiel gegen den damaligen Trend, so Annuscheit, der in der Entscheidung kein Desaster entdecken kann. OutsourcingOutsourcing ist ein wichtiges Instrument, aber kein Allheilmittel. Prozesse, die ausgelagert werden, müssen jederzeit wieder reinzuholen sein – sämtliche Schnittstellen im Haus bleiben. Das Problem bei der Auslagerung des Investment-Geschäfts: Sowohl die Anwendungsentwicklung (Annuscheit: Unbestritten eine Kernkompetenz) als auch die Infrastruktur sollten an IBM gehen. Alles zu IBM auf CIO.de Alles zu Outsourcing auf CIO.de

Ein solches Vorgehen hatte bei der Commerzbank noch 2003 organisatorisch Sinn gemacht. Damals verantwortete ein Bereichsleiter beide Sektionen, während im Commercial Banking je ein Verantwortlicher für die Infrastruktur, die Anwendungsentwicklung und das Transaktions-Banking zuständig war. Jetzt entscheiden drei statt fünf. Annuscheit verkürzte die Entscheidungswege und berief je einen Entscheider für die Anwendungsentwicklung, die Infrastruktur und das Transaktionsgeschäft. Deren Verantwortung liegt nun zugleich im Investment- wie im traditionellen Commercial Banking-Geschäft. In dem Zuge koppelt der IT-Chef die getrennten Infrastrukturen des Investment- Geschäfts und der Restbank. Bei dieser Optimierung berät die geschasste IBM nun die Bank.

Outsourcing unter Argusausgen

Dass Annuscheit das Auslagern von Prozessen und Systemen nicht durchweg ablehnt, sondern von Fall zu Fall abwägt, zeigt der knapp drei Monate später von ihm abgeschlossene 20-Millionen-Euro-Vertrag mit Siemens Business Services. Der Münchener Dienstleister betreibt und konsolidiert in den kommenden drei Jahren die Serverlandschaft an 750 Standorten.

Der 42-jährige Mann mit der markanten Brille strahlt Ruhe aus. Nicht das hektische Höher, schneller, weiter ist Annuscheits primärer Antrieb, sondern Kooperation – mit FührungFührung auf Augenhöhe. Die Dynamik des Marktes, die Bandbreite vom Investment- bis zum Commercial-Banking, Mitarbeiter nicht nur in Deutschland, sondern auch in London, Tokio und Singapur – da gibt es zu einem kooperativen Führungsstil keine Alternative, sagt der CIO, der in freien Stunden schon mal zur Bibliothek hinübergeht und sich bei alten Philosophen Tipps abholt: Das heißt nicht, dass man nicht auch in der Lage sein muss, zentral Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen. Seinem Führungsstil kommt entgegen, dass sich auch die Branche gewandelt hat. Während vor wenigen Jahren noch eher geheimniskrämerisch agiert wurde, tauschen sich deutsche Großbanken inzwischen stetig untereinander aus, so der gelbe Banken-CIO, der ständigen Kontakt zu BankenBanken und Dienstleistern pflegt. Aufgrund der hohen Dynamik muss man schnell umdenken und entscheiden können. Dafür ist die Vernetzung sehr wichtig. Hinzu kommen nach Annuscheits Ansicht die angespannte Wirtschaftslage sowie der Generationenwechsel im Management. Nicht Konkurrenz also belebt das Geschäft – neu entdeckte Gemeinsamkeiten helfen gewissermaßen über Wirtschaftsflauten hinweg. Alles zu Führung auf CIO.de Top-Firmen der Branche Banken

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