Umsatzeinbußen der IT-Anbieter

NSA-Skandal schadet der US-Industrie



Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Weitere Belege für den Aufbau von regulatorischen Barrieren für US-Anbieter sammelt in den vergangenen Tagen die Washington Post. Auch sie verweist auf die hiesige Politik: "Die neue deutsche Regierungskoalition hat ein Richtlinienprogramm herausgebracht, das dazu auffordert, mehr in Europa entwickelte Technik zu verwenden oder auf Open-Source-Software zu vertrauen, weil sie für potentielle Schnüffler schwerer zu manipulieren ist", schreibt das Wirtschaftsmagazin.

Regierungen diskutieren Striktes Transferverbot für Daten

Große Sorge bereitet den US-Firmen zudem der brasilianische Markt. Das aufstrebende Land ist für den Anbieter ein wichtiger Absatzmarkt, und dort reichen die regulatorischen Aktivitäten noch weiter, als in Europa. Die Politiker des südamerikanischen Staates diskutieren derzeit ein Gesetzt, das allen im Land aktiven Provider zwingend vorschreibt, Inhalte im Land vorzuhalten. "Es gibt ein ernstes Probleme mit Daten, die im Ausland gespeichert werden", zitiert die Online-Publikation die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff. "Wir werden die aktuelle Situation nicht länger dulden."

Die Initiative könnte die Provider dazu zwingen, teure, lokale Data Center zu errichten. Noch ist nicht genau absehbar, wie weit die Vorschriften gehen, doch Googles oberster Justiziar Richard Salgado befürchtet schon das Schlimmste: "Es kann uns vom Geschäft in einem der weltweit wichtigsten Märkte ausschließen. Oder wir müssen dauerhafte Strafzahlungen von mehreren hundert Millionen Dollar akzeptieren", klage Salgado.

Neben Brasilien und Deutschland streben auch Länder wie Kanada und Frankreich vergleichbare Gesetze an. Einige Initiativen schreiben nicht nur vor, Daten vor Ort zu speichern, sondern wollen auch den Transfer von Inhalten ins Ausland verhindern. Die US-Firmen sehen mit solchen weit reichenden Vorschriften die Grundlagen ihres Geschäfts schwinden, weil sich möglicherweise das Transferverbot nicht nur auf personenbezogenen Inhalten, sondern auch auf interne Geschäftsdaten erstreckt.

Der positiver NSA-Effekt: Das Risikobewusstsein steigt

Schon heute kehren Kunden den US-Firmen den Rücken. Detlev Gabel, Partner bei der Kanzlei White & Case in Frankfurt/Main, die Geschäftskunden beim DatenschutzDatenschutz berät, berichtete der Washington Post von Migrationsprojekten, in denen Klienten ihren US-Provider durch europäische Anbieter abgelöst haben. Auch US-Anwender sind betroffen, wenn ausländische Niederlassungen Schwierigkeiten mit Datentransfers bekommen. "Was ist, wenn Microsoft Dynamics in Brasilien abgeschaltet wird und wir unsere Daten nicht mehr außer Landes kriegen?", fragte etwa John Milazzo, CIO bei KodakAlaris. Alles zu Datenschutz auf CIO.de

Aus Anwendersicht muss der NSA-Skandal aber nicht unbedingt schlecht sein. Die Spähaktionen der Amerikaner, die ja unzweifelhaft auch der Wirtschaftsspionage dienen, haben das Risikobewusstsein geschärft. Galten IT-Security und Datenschutz in den vergangenen Jahren oft als lästiges und teures Übel, rückt die Abschottung der IT-Infrastruktur vor ungewollten Zugriffen selbst auf oberster Management-Ebene nun ins Zentrum des Interesses. "Die NSA hat dem Problem einen Namen gegeben. Das Risiko, Daten in der Cloud preiszugeben, bestand doch immer schon. Was ist schlecht daran, wenn die Leute für die Gefahren einer Cloud-Nutzung sensibilisiert werden?", fragt Andrew Bartels, Analyst bei Forrester Research.

Die ganze Diskussion könne dazu führen, dass demnächst Alternativen zu AmazonAmazon Google und Co. entstehen. "Die Wachstumsraten der Cloud-Anbieter werden leiden", bestätigt Bartels. "Aber gibt es ein gottgegebenes Gesetz, dass US-Firmen den Markt dominieren müssen?" Alles zu Amazon auf CIO.de

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