Kostenloser Vortrag von Edgar Geffroy in München
Qualität reicht lange nicht in der Digitalwelt
Ihr neues Buch trägt den Titel "Das Ende der Geschäftsmodelle - Neue Strategien für eine disruptive Welt". Warum haben Sie diesen Buchtitel gewählt?
Edgar Geffroy: "Das Ende der Geschäftsmodelle" ist offensichtlich, weil heute große Firmen einfach weggebrochen sind - etwa wie Nokia oder KarstadtKarstadt. Zukünftig verschwinden ganze Branchen! Wichtig ist mir auch der Button auf dem Buch: "Raus aus der Zufriedenheitsfalle". Das ist eine zentrale Botschaft dieses Buches. Wir leben in einem Umfeld, wo alles irgendwie läuft und die Menschen das Gefühl haben, es geht immer so weiter. Doch das ist ein Irrtum. Top-500-Firmenprofil für Karstadt
Welche Branchen werden verschwinden?
Edgar Geffroy: Fangen wir mit den BankenBanken an. Zurzeit gibt es 1.900 Banken in Deutschland. Laut einer Studie werden bis zum Jahr 2030 von den 1.900 Banken nur noch 150 bis 300 übrigbleiben. 90 Prozent wird es in dieser Form nicht mehr geben. Aktuell plant AppleApple zusammen mit einem weiteren amerikanischen Unternehmen, eine Apple-Kreditkarte herauszubringen. Alles zu Apple auf CIO.de Top-Firmen der Branche Banken
Die nächste Branche sind die VersicherungenVersicherungen: AmazonAmazon hat rund 45 Milliarden Dollar in die Hand genommen und 145 Versicherungsexperten in London eingekauft. Man rechnet damit, dass Amazon bald mit Versicherungsprodukten kommen wird. Der Versicherungsmarkt wird nicht nur durch die Fintech-Unternehmen, sondern auch durch etablierte, andere Unternehmen komplett in Frage gestellt. Alles zu Amazon auf CIO.de Top-Firmen der Branche Versicherungen
Amazon fordert ja bereits den Einzelhandel heraus.
Edgar Geffroy: Richtig, da geht es weiter. Man könnte weiter fragen: "Werden wir in fünf bis zehn Jahren noch so Auto fahren wie heute?" Das sind drei großen Branchen: die Banken-, die Versicherungs- und die Automobilbranche. Die müssen sich ernsthaft damit auseinandersetzen, dass ihre Geschäftsmodelle in Zukunft nicht mehr funktionieren und sie durch etwas anderes komplett ausradiert werden.
Sie schreiben in Ihrem Buch, dass man sich speziell in Deutschland auf neue Geschäftsmodelle einstellen sollte. Weshalb?
Edgar Geffroy: Wir haben die erste Halbzeit der digitalen Welt verloren. Viele glauben, das wäre jetzt die Normalität. Doch das ist einer der größten Irrtümer! Manche sagen, ich soll bitte bei meinen Vorträgen das Thema DigitalisierungDigitalisierung nicht mehr zu meinem Schwerpunkt machen. Das halte ich für extrem gefährlich. Denn jetzt beginnt die zweite Halbzeit der Digitalisierung. Bei der ersten hat Deutschland keine Rolle gespielt. Fast jedes Thema ist an uns vorbeigegangen. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de
Sehr viele Unternehmen wie Uber und Airbnb, Amazon oder Skyscanner sind durch die Digitalisierung mit disruptiven Geschäftsmodellen erfolgreich geworden. Und das ist die erste Halbzeit. Die große Frage lautet, ob wir in der zweiten Halbzeit in Deutschland eine Rolle spielen. Denn das wird uns, als eine der führenden Industrienationen, weltweit in der nächsten Krise mitten im Kern erschüttern.
Was wäre denn eine Fähigkeit der deutschen Unternehmen, mit der sie sich für die Zukunft gut positionieren können?
Edgar Geffroy: Die Fähigkeit der Deutschen besteht darin, dass wir Qualitätslösungen bieten können. Ich rede nicht nur von den Produkten und deren Erweiterung durch digitale Komponenten. Digitalisierung muss einen neuen Kundennutzen stiften. Deutsche Firmen, die bereits einen traditionellen Kundennutzen haben, sind gefordert, eine zusätzliche Komponente einzuführen. Das ist ein kreativer Prozess, den wir in Deutschland noch schneller und intensiver steigern müssen.
Geben Sie uns ein Beispiel von einem deutschen Unternehmen?
Edgar Geffroy: Nicht jede disruptive Idee muss unbedingt digital sein. Wir betreuen ein Unternehmen, das in Zukunft Forschungsergebnisse präsentieren wird, mit denen man das reinste Wasser der Welt liefern kann. Es gibt bisher immer noch, selbst wenn Sie mit den besten Kläranlagen der Welt arbeiten, pharmazeutische Rückstände im Wasser. Das wird zukünftig nicht mehr passieren. Oder es gibt ein Unternehmen in Österreich, das individuelle Badmöbel herstellt und in 24 Stunden in der Lage ist, ein Angebot zu machen und in neun Werktagen individuelle Badmöbel auszuliefern. Und wir vermarkten den ersten Panzer, der Menschenleben rettet. Darauf sind wir stolz.
Wir können damit beweisen, dass unser Clienting-Kernsatz "Unser Geschäft ist es zu helfen, damit Menschen besser leben können" auch zu neuen profitablen Geschäftsmodellen führt. Insgesamt haben wir in den letzten Jahren mehr als 30 neue Geschäftsmodelle entwickelt.
Wie steht es mit dem Thema Individualisierung, das immer wieder als großer Trend genannt wird?
Edgar Geffroy: Individuelle Produkte für individuelle Kunden, ist eines der ganz großen Zukunftsthemen. Ich habe das in meinem Buch "Triumph des Individuums" beschrieben. Dabei hilft die Digitalisierung, weil die Kunden bis vor kurzem kein Produkt mit Auflage eins produzieren konnten. Mit dem Internet of Things können Sie das machen. Sie können Buchautor werden und bei Amazon ein Buch herausgeben, das als Einzelexemplar lieferbar ist.
Ihr aktuelles Buch hat den Untertitel: "Neue Strategien für eine disruptive Welt". Wieso bezeichnen Sie die Welt als "disruptiv"?
Edgar Geffroy: Es gibt mehrere Strömungen in der digitalen Welt, die zu Disruptionen führen. Eine davon ist die künstliche Intelligenz, die völlig neue Geschäftsmodelle ermöglichen wird und mit deren Hilfe die Automatisierung dramatisch weiter nach vorne getrieben werden kann. Man geht davon aus, dass in zehn Jahren 40 Prozent der jetzigen Jobs durch Digitalisierung und Automatisierung ersetzt werden können.
Das ist ein gigantisches Geschäftsfeld: Dafür Systeme und Maschinen zu entwickeln, mit denen das möglich wird. Die disruptiven Geschäftsmodelle ermöglichen es, Arbeitsprozesse anders darzustellen, zu vereinfachen oder wegfallen zu lassen. Das ist alles keine Science-Fiction mehr, sondern erfasst offensichtlich eine Branche nach der anderen.
Wie sollen Unternehmen neue Strategien entwickeln?
Edgar Geffroy: Erstens gilt es, die Gunst des Augenblicks zu nutzen. Im griechischen Olymp gab es einen Gott für die Gunst des Augenblicks: Kairos. Dieses Momentum haben wir jetzt. Ich glaube, dass wir im Moment noch sehr viele neue Akzente setzen können, weil die anderen es noch nicht sehen. Das fordert uns, jetzt aktiv zu handeln. Also nicht die gute Konjunktur abzuwarten und beim Abschwung zu fordern: "Legen wir los". Der Augenblick ist günstig.
Das ist die wesentliche Botschaft. Fangen Sie jetzt an, weil das Thema in vielen Branchen noch nicht besetzt ist. Ich behaupte, dass auch heute noch 90 Prozent der Unternehmen nicht den Kunden im Fokus haben, sondern ihre eigenen Produkte und Ziele. Ein Turnaround eröffnet die Möglichkeit, völlig neue Strategien zu entwickeln.
Zweitens heißt es: Anders denken. Man nennt es in Silicon Valley "Design ThinkingDesign Thinking" oder "Disruptive Thinking". Dazu gehört, mit den Augen des Kunden zu sehen, sich auf die Seite des Kunden zu stellen und zu verstehen, was und wie er denkt und was ihm wirklich fehlt. Das ist die Grundlage meiner Clienting-Strategie. Es geht bewusst darum, offen zu sein für etwas Neues. Alles zu Design Thinking auf CIO.de
Mit einer anderen Form des Denkens, fokussiert auf den Kunden und die technologischen Chancen, zu einem neuen Modell zu kommen. Wir kommen gerade von einem Marktführer aus dem Schwabenland. Alles läuft. Das Unternehmen expandiert. Es wird in drei Schichten produziert. Aber trotzdem sieht man jetzt die große Chance, sich neu zu erfinden. Darum geht es.
Der dritte Ansatz baut darauf auf: Wenn es die Gunst des Augenblicks gibt, wenn es eine andere Form, ein "Open Minded" gibt, wenn das Mindset offener ist für die neuen Perspektiven, dann ist die Notwendigkeit gegeben, tatsächlich eine disruptive Zukunftsstrategie zu entwickeln und mit einem konkreten Aktionsplan zu präzisieren. Sie müssen sich jetzt Zeit nehmen und eine einzigartige Zukunftsstrategie entwickeln.. Sie brauchen am besten dafür externe Sparringspartner, denn wenn Sie sich permanent im eigenen Kreis bewegen, wird nichts passieren.
- Der Sportdirektor eines Vereins
Der Sportdirektor eines Vereins stellt den Kader zusammen und gestaltet die Spiel- und Terminpläne für Wettkämpfe und Trainings. Er instruiert Talentscouts, kauft Spieler ein und stellt Bewegungsfreiheit für erforderliche Transfers sicher. Sein Ziel: Menschen zu finden und zu binden, die die Weiterentwicklung des Unternehmens konstant antreiben. Er erweitert die Suchkriterien für die Rekrutierung, stellt Mitarbeiter mit verschiedensten Hintergründen ein und ermöglicht Familien- und altersgerechte Arbeitszeitmodelle. - Führung in der Digitalisierung
Die Studie "Die Haltung entscheidet. Neue Führungspraxis für die digitale Welt" stammt von LEAD (Mercator Capacity Building Center for Leadership & Advocacy) in Kooperation mit der Unternehmensberatung Company Companions sowie der School of Public Policy (Central European University, Budapest) und dem Center for Leadership and Values in Society (Universität St. Gallen). Die Autoren empfehlen acht Rollen als Orientierungshilfen. - Die Landschaftsgärtnerin
Die Landschaftsgärtnerin gestaltet und pflegt Grünanlagen. Sie versteht das gesamte Ökosystem und weiß, wann welche Pflanzen im Jahreszeitenwechsel an welcher Stelle ihre Wirkung entfalten und wie alles zusammenspielt. Ihr Ziel: Das Unternehmen langfristig auf zustellen, wenn Krise und Veränderung zum Normalfall geworden sind. Sie ermöglicht schnelles „Prototyping“, geht unkonventionelle Partnerschaften ein und bricht Silos mittels heterogener, cross-funktionaler Teams auf. - Die Seismologin
Die Seismologin muss wissen, wo die Erde beben könnte. Dafür analysiert sie Daten, registriert feinste Erschütterungen und erkennt Spannungen frühzeitig. Sie erliegt aber nicht der Illusion, die Zukunft genau vorhersagen zu können. Ihr Ziel: Grundlagen für gute Entscheidungen in einer unübersichtlichen Welt zu schaffen. Sie etabliert „Situation Rooms“ zur Entwicklung von Handlungsstrategien, greift über digitale Plattformen auf verborgenes Wissen zu und schult ihre Intuition als zusätzliche "Datenquelle". - Der Zen-Schüler
Der Zen-Schüler ist in Ausbildung und Vorbereitung. Er lernt, reflektiert und prüft sich selbst. Achtsamkeit, Mitgefühl und Offenheit sind seine Tugenden, er pflegt eine disziplinierte (spirituelle) Praxis. Sein Ziel: Das finden, woran er sich festhalten kann, wenn sich alle an ihm festhalten. Er nutzt Coaching- und Mentoring-Programme, schafft physische Räume für den Ausgleich und richtet den Blick nach innen. - Der DJ
Der Discjockey bringt mit seiner Musik die Menschen zum Tanzen. Er setzt einen Rahmen, der motiviert, anregt und gemeinsame Energie erzeugt. Zugleich hat er ein offenes Ohr für Anregungen und sensible Antennen für das richtige Stück im richtigen Moment. Sein Ziel: Eine Kultur der Zugewandtheit zu schaffen – aber mit dem Fokus auf Ergebnisorientierung. Dafür baut er Empathie als Führungskompetenz auf, schafft Räume, in denen Menschen gerne arbeiten, und agiert als Vorbild für Zugewandtheit und Leistungsorientierung. - Die Intendantin eines Theaters
Die Intendantin eines Theaters wählt die Stücke für die Aufführung aus. Sie entwickelt den roten Faden und prägt die gesellschaftliche Wirkungskraft ihres Hauses. Die Künstler und deren Expertise bindet sie dabei ein. Ihr Ziel: in Zeiten großer Unsicherheit und Unplanbarkeit Orientierung zu geben. Über ein „Strategy Board“ schafft sie die Voraussetzung für Richtungsentscheidungen schaffen, erhöht mittels interaktiver Beteiligungsformen die Einigkeit über die Richtung – und hat den Mut zu klaren Ansage in der Krise. - Die Trainerin
Die Trainerin leitet eine Mannschaft taktisch, technisch und konditionell an. Sie bestimmt Trainingsablauf, Mannschaftsaufstellung und Strategie. Sie muss für Misserfolge geradestehen, Erfolge lässt sie ihrem Team. Ihr Ziel: Die Mitarbeiter zu mehr Verantwortungsübernahme zu befähigen. Dafür entwickelt sie über zeitgemäße Lernformate Kompetenzen entwickeln, baut gegenseitiges Vertrauen auf und führt Anreize zur Übernahme von Verantwortung ein. - Der Blogger
Der Blogger kommentiert Geschehnisse – zugespitzt, aufrüttelnd und meist aus einer persönlichen Sichtweise. Er will die Welt verstehen, erklären und übersetzen. Er lebt vom direkten Feedback der Leser. Sein Ziel: Veränderungsbereitschaft in die DNA des Unternehmens zu schreiben. Er kaskadiert die Geschichte der Veränderung in die Firma, moderiert gemeinsame Lernprozesse und gibt sichtbare Veränderungsanstöße.
Wie wird sich die Digitalisierung auf die Personalentwicklung auswirken?
Edgar Geffroy: Die Aussagen sind widersprüchlich, was den Personalmarkt der Zukunft anbelangt. Auf der einen Seite gibt es Zahlen, die besagen, dass qualifizierte Führungskräfte aufgrund der Digitalisierung und Automatisierung wegfallen werden. Zum Beispiel geht man davon aus, dass man irgendwann 90 Prozent der Steuerberater mit den klassischen Jobs von heute nicht mehr braucht. Das sind also keine einfachen Arbeiten mehr, sondern das sind durchaus anspruchsvollere Jobs, die wegfallen, aber durch Digitalisierung und Algorithmen ersetzt werden können.
Das setzt Mitarbeiter frei. Wenn man sagt, 40 Prozent der jetzigen Arbeitsplätze, dann kann man sich die Zahl schon vorstellen - das ist ein Horrorszenario. Die zweite Zahl ist ebenfalls interessant: 2030 fehlen fünf Millionen Fachkräfte. Uns fehlen jetzt schon Fachkräfte, aber in Zukunft fehlen uns noch viel mehr und das bedeutet einen erheblichen Wirtschaftsschaden, der dadurch angerichtet werden könnte.
Auf der einen Seite fehlen uns jeden Tag mehr Fachkräfte und auf der Seite werden immer mehr Jobs freigesetzt durch einfache Arbeiten. In dieser Diskrepanz leben wir offensichtlich, das heißt, die Frage wird sein: Kriegen wir eigentlich die Leute, die freigesetzt werden, umgeschult in die Jobs, die fehlen? Die Antwort wird eine Qualifikationsoffensive sein.
Was die Politik aus meiner Sicht in dem Maße nach noch gar nicht erkannt hat. Das muss zu einer Qualifikationsoffensive führen, denn sonst haben wir ein riesiges Drama. Wir haben dann immer mehr Leute und so klappt unser ganzes Wirtschaftssystem und unser Sozialsystem zusammen. Wer wird denn die Sozialkosten noch tragen, wenn die Roboter arbeiten?
Die Schere geht immer weiter auseinander zwischen den Jobs, die wir nicht mehr brauchen, weil sie automatisiert werden, und den Jobs, die wir dringend brauchen, für die wir keine Leute haben. Das ist die Crux, in die wir jeden Tag ein bisschen mehr hineinlaufen.
Wie können Unternehmen sich so aufstellen, dass sie ein attraktiver Arbeitgeber sind?
Edgar Geffroy: Ein begehrter Arbeitgeber muss eine Mitarbeiterstrategie entwickeln. Ich behaupte, 99 Prozent der Unternehmen haben keine schriftlich ausformulierte Mitarbeiterstrategie. Sie haben vielleicht eine Geschäftsstrategie, aber keine Mitarbeiterstrategie. Insofern ist die wichtigste Herausforderung, eine einzigartige Mitarbeiterstrategie zu entwickeln, mit der sie in der Lage sind, ein begehrter Arbeitgeber zu werden.
Edgar Geffroy im Herbst bei IDG Am 23. Oktober referiert Edgar Geffroy in München im Rahmen eines kostenlosen Business Breakfast, das Computerwoche und CIO Magazin mit der Careers Lounge veranstaltet. Titel seines Vortrags: "Raus aus der Zufriedenheitsfalle - Neue Strategien in der digitalen Welt". Geffroy will aufzeigen, warum es notwendig ist, in dieser Welt neue Strategien zu entwickeln. |