Public IT


6 wichtige Schritte

Roadmap zur Digitalisierung von Stadtwerken

Dr. Lars Schatilow ist selbstständiger Unternehmensberater und Gründer der Butran Business Transformation GmbH.

Schritt II: Erfassung des digitalen Reifegrades von bestehenden Projekten

Was haben die Fachbereiche schon an Digitalem in der Umsetzung oder in der Pipeline? Das ist in dieser Phase die Leitfrage. Oftmals sind es externe Beratungen, die gebeten werden, den digitalen Ist-Zustand zu erfassen.

Die Ergebnisse des "Digital Readiness-Check" werden in einem Top-Management-Meeting präsentiert. Der externe Berater nimmt eine Bewertung auf Basis eines internationalen Benchmarks vor. Dabei kann es sein, dass die laufenden oder geplanten Projekte zur Digitalisierung aus den Bereichen eher Updates des Bestehenden als Innovationen sind, welche spürbare Effizienz und Wachstumspotenziale ermöglichen oder Disruptionen abwehren könnten (Stichwort Aufbau von digitalen Ökosystemen im regionalen Raum).

Hier zeigt sich wieder, wie wichtig es ist, in die Phase I Zeit und Geld zu investieren. Denn haben die zuständigen Projektleiter der Bereiche eine gemeinsame Vorstellung von der Digitalisierung (dem Soll), sind sie selbst in der Lage, den gemessenen Ist-Zustand selbstkritisch zu kommentieren und bereits Potenziale beziehungsweise Lösungswege aufzeigen. Auch die Ansprüche aus der Politik und seitens des Geschäftsführers/Vorstands sind ihnen bekannt.

Schritt III: Klassifizieren, Optimierung verfolgen und Wildcards entwickeln

Der Verantwortliche der digitalen Strategieentwicklung - in den Stadtwerken oftmals ein Stabsmitarbeiter - erstellt eine mit den Beteiligten abgestimmte Klassifizierung der bestehenden Projekte, die sich aus der Vision ableitet. Im Idealfall existieren bereits Vorhaben zur Digitalisierung mit einem Reifegrad, der es erlaubt, darauf aufbauen zu können. Für diese Projekte gilt es, nach Optimierungspotenzialen zu suchen.

Dennoch muss beachtet werden, dass der Digitalisierungsgrad nicht gleich dem Innovationsgrad entspricht. So können Prozesse vollständig digitalisiert werden (end-to-end), dennoch leisten sie keinen Beitrag für zusätzliche Wertschöpfung oder für die Außenwahrnehmung und Interessen der (politischen) Anteilseigner.

Die Optimierungsprojekte gilt es zwar zu verfolgen, dennoch sollten parallel dazu sogenannte Wildcards entwickelt werden. Wildcards sind mehr oder weniger der "Rock 'n' Roll" der Digitalisierung. Sie beinhalten zukunftsweisende Leuchtturmprojekte, die fernab der tradierten Geschäftsfelder liegen können und Kooperationen mit neuen, auch branchenfremden Partnern gestatten. Es sind disruptive Projekte, für die Business Cases kaum darstellbar sind und eine Trial und Error-Vorgehensweise erfordern.

Für die Entwicklung und Ausarbeitung von Wildcard-Projekten bietet sich die Zusammenarbeit mit Startups an. Das Risiko kann minimiert werden und vorzeigbare Ergebnisse sind mit geringem Mitteleinsatz meist binnen zwei bis drei Monaten "anfassbar" (Quick-Win-Projekte). Die Vorteile: Die Politik erhält eine Plattform, um Zukunftsfähigkeit zu beweisen, der Geschäftsführer des Stadtwerks belegt seine Leadership-Qualität und bekommt von den Anteilseignern die "Licence to Operate" für die weitere digitale Transformation.

Doch wie kommt man an die Ideen zur Optimierung bestehender Projekte oder zur Entwicklung von Wildcards? Einerseits durch die Inspiration von Startups, die man idealerweise bereits im Vorfeld auf der Learning Journey kennengelernt hat. Andererseits durch ein Technologie- und Innovationsscouting für den jeweiligen Bereich. Ebenso wichtig wie hilfreich ist es, das Wissen der Führungskräfte und Mitarbeiter nutzbar zu machen.

Dafür bieten sich die Kreativmethoden des Silicon Valley an: Elemente des Design Thinking, Working-Out-Loud oder die Business Model Canvas sollten zum Einsatz kommen. Diese Ansätze und ihre Tools stellen vor allem das Wünschbare sowie die kreative Ideengenerierung in den Mittelpunkt und fokussieren den Kundennutzen - wobei der Kunde auch ein Mitarbeiter sein kann.

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