CIOs richten ihre Wünsche an Léo Apotheker
SAP segelt fernab der Kunden
Selbst die Anwendervereinigung DSAG kommt in dieser Debatte nicht auf einen grünen Zweig: Karl Liebstückel, Vorstandschef der SAP-Anwendervereinigung DSAG berichtet, dass man hier schon seit langem mit SAP in Kontakt steht. "Das Modell ist komplex, weil es mehrere Einflussfaktoren hat", erklärt er das Dilemma. "Auf der einen Seite kauft man nach Zahl der Arbeitsplätze, die sogenannten Seats, ein, und da gibt es verschiedene Rabattierungsstufen. Auf der anderen Seite kann SAP Gebühren erheben für Engines, das gilt für einzelne Module, die nicht über die Seats abgedeckt werden. Und schließlich gibt es noch die Möglichkeit nach Belegvolumen - etwa die Zahl der Kundenaufträge oder Bestellungen - abzurechnen." Damit nicht genug, gebe es im Personalwesen außerdem ein Gebührenmodell, das sich am Aufkommen, also der Zahl der abzurechnenden Köpfe, orientiert. "Das alles sind verschiedene Faktoren, die zusammenfließen und die dann einen Preis ausmachen", so Liebstückel.
Dass Kunden diesen Preisdschungel nur schwer durchdringen können und wollen, liegt auf der Hand. Hinzu kommt eine umfangreiche Preisliste, die SAP für seine Produkte herausgibt, und die im Einzelnen auch wieder Fragen aufwirft. "Den Wegfall von außereuropäischen Lizenz- und Wartungszuschlägen", wünschte sich beispielsweise einer der Teilnehmer. Für einen Konzern, der vor allem international tätige Unternehmen bedient, ist die Unterscheidung zwischen den einzelnen Einsatzregionen einfach nicht nachvollziehbar. In Zeiten von Unicode ist nicht verständlich, warum etwa für den Einsatz in arabischen Ländern ein Aufschlag von 100 Prozent für die Lizenz gezahlt werden soll. So zumindest will es die Preisliste vom Mai vergangenen Jahres. Ob es Léo Apotheker gelingen wird, seinen Kunden diese Umstände näher zu bringen, wird also eine der spannenden Fragen für die Zukunft sein.
Steigende Wartungsgebühren
Ein weiterer Punkt auf der Wunschliste an den neuen Chef ist die Forderung, nicht dauernd die Wartungsgebühren zu erhöhen. Gut 55 Prozent der Teilnehmer halten diesen Wunsch für sehr wichtig, 21 Prozent immerhin noch für wichtig. Dass dieses Anliegen so hoch priorisiert wird, dürfte nicht nur mit den beachtlichen Beträgen zusammenhängen, die die Kunden jährlich an ihren Software-Lieferanten entrichten. Für Irritation sorgt vor allem der jüngste Coup der Walldorfer, für Neukunden in Zukunft lediglich einen sogenannten "Enterprise Support" anzubieten. Demnach zahlen sie jährlich 22 Prozent ihrer Lizenzgebühren zahlen.
Damit haben sie im Vergleich zu den Altkunden keine Wahl mehr zwischen dem "Standard-Support", abgedeckt durch eine Gebühr von mindestens 17 Prozent (je nach Releasestand), oder dem gehobenen Service des "Premium-Supports", dessen Gebühr 22 Prozent pro Jahr beträgt. SAP begründet die Veränderungen mit der gestiegenen Komplexität der Software-Landschaft und dem damit verbunden höheren Aufwand der Wartung. Der Hersteller betont auch, für Altkunden ändere sich nichts an den bestehenden Verträgen. Doch entweder ist diese Botschaft noch nicht bei den Kunden angekommen, oder sie können es schlicht nicht glauben. Einer der Umfrageteilnehmer fasst es knapp zusammen: von dem künftigen SAP-Chef wünscht er sich "mehr Transparenz in der künftigen Preis- und Systementwicklung. Zum Beispiel: Wird das 22-Prozent-Wartungsmodell für alle Kunden durchgesetzt?"
Kunden wollen es immer möglichst billig, könnte man auf die Ergebnisse der Umfrage antworten. Doch weit gefehlt. Denn an zweiter Stelle setzten die IT-Experten keineswegs finanzielle Begehrlichkeiten, sondern den Wunsch nach mehr Kundennähe und Offenheit. Annähernd 86 Prozent halten diesen Punkt für sehr wichtig beziehungsweise wichtig. Und das sind keinesfalls nur Kunden aus dem Mittelstand, denen man - will man bösartig sein - schon allein wegen ihrer fehlenden Größe einen gewissen Komplex unterstellen könnte.