Whistleblowing
Selbstmord auf Raten
Wenn Kurt Zeese (54) (Name von der Redaktion geändert) seine Geschichte erzählt, könnte er sie zum Heldenepos ausschmücken. David gegen Goliath, ein einzelner Mann gegen das übermächtige Unternehmen.
Doch Zeese, schmal, mittelgroß, graue Haare, dunkler Nadelstreifen, liegen Heldengeschichten nicht. Was damit zu tun haben mag, dass er Controller war und eher Zahlen als Worte liebt. Es liegt aber auch daran, dass er einfach nicht ahnte, worauf er sich einließ, als er auspackte. Als er seinem Vorstand berichtete, wie ein Kollege mit dem Geld der Firma über Monate hinweg seine Geliebte alimentierte.
Damals glaubte Zeese fest daran, dass der Unterhalt des erotischen Luxuslebens einer Führungskraft nicht im Sinne seines Unternehmens sei. Nie wäre er darauf gekommen, dass der Zorn der obersten Führungsspitze nicht den auf Abwege geratenen Kollegen, sondern ihn, den Überbringer der schlechten Botschaft, treffen würde. Und dass er seinen Hinweis mit dem Hinauswurf bezahlen würde.
Zeese war Finanzgeschäftsführer in einer deutschen Unternehmensgruppe der Transportbranche, die an einen internationalen Konzern verkauft wurde. Einige Monate nach dem Verkauf machte ihn einer seiner Mitarbeiter auf dubiose Rechnungen einer Dame aufmerksam, die auf keiner Payroll stand. Übernachtungen in Luxushotels, First-Class-Flüge zu exotischen Destinationen, stets begleitet vom Vorsitzenden der Geschäftsführung.