Stress statt Anerkennung
So leiden IT-Mitarbeiter
Stress durch Anweisungen per Mail
Ein Vorwurf an Vorgesetzte. Was genau empfinden die Mitarbeiter daran als schlimm?
Tobias Kämpf: Team-Strukturen werden heute oft virtualisiert. Das Schlimme ist nicht die örtliche Verteilung, sondern dass man sich gar nicht mehr kennt. Zusätzlich wird ständig reorganisiert und Teams werden neu zusammengewürfelt. Die Kommunikation mit Vorgesetzten wird immer anonymer, sie findet nicht mehr auf Augenhöhe statt. Mails mit Anweisungen werden von oben nach unten durchgereicht. Das führt zu Stress. Der einzelne ist einer Flut von Mails ausgesetzt, ohne im direkten Gespräch mit Vorgesetzten auf seine Überlastung hinweisen zu können.
Ist es nicht angenehmer, Mails zu bekommen als wenn der Chef einen ständig mit Anrufen unterbricht?
Tobias Kämpf: Da haben Sie nur zum Teil Recht. Die Leute können ja nicht entscheiden, ob und wann sie eine Mail lesen und darauf antworten. Sie stehen unter hohem zeitlichem Response-Druck. Auch das ist Ausdruck davon, dass nicht mehr auf Augenhöhe diskutiert wird.
Führungskräfte in der Zwickmühle
Sie kritisieren die Chefs aber nicht nur, sondern sehen sie ebenfalls in einer bedauernswerten Lage. Sie nennen sie "Sandwich-Position".
Tobias Kämpf: Gerade Führungskräfte sind hoch belastet. Das ist eines der zentralen Ergebnisse unserer Interviews. Sie fühlen sich häufig zwischen den eigenen Mitarbeitern und dem oberen Management gefangen. Es gibt die Ziele von oben und unter ihnen das Team, das bis über die Halskrause voll mit Arbeit ist. Oft stecken Vorgesetzte dann in einem Dilemma: Entweder sie reichen wider besseres Wissen Dinge nach unten weiter, oder sie kommen ihrem Anspruch nach guter FührungFührung nach und finden sich dann in der Lage wieder, wo sie Missstände durch eigenes Engagement - oft auf Kosten ihrer Gesundheit - kompensieren müssen. Wir haben bei vielen Führungskräften ein sehr hohes Verantwortungsgefühl für ihre Mitarbeiter gefunden. Daraus resultiert ihre hohe Belastung. Alles zu Führung auf CIO.de
Das klingt nach dem Mechanismus, den man gemeinhin mit Burnout in Verbindung bringt. Leiden gerade die besonders Leistungswilligen unter den Rahmenbedingungen?
Tobias Kämpf: Ja, und das hat uns erschreckt. Nicht die leiden an Überlastung, die man vielleicht als eher "leistungsschwach" titulieren würde. Es sind stattdessen die wertorientierten Führungskräfte und engagierten Mitarbeiter, denen das Wohl der Firma besonders am Herzen liegt. Sie versuchen firmenkulturelle und organisatorische Missstände zu kompensieren, um ihre Ansprüche an die Arbeit aufrecht zu erhalten. Genau daran drohen sie zu verbrennen.
- 1. Behandeln Sie Ihre Mitarbeiter ...
... freundlich - unabhängig von der Tagesform. - 2. Respektieren Sie Ihre Mitarbeiter ...
... als Menschen mit eigenen Zielen und Wünschen, die Beruf und Privatleben in Einklang bringen müssen. - 3. Kontrollieren Sie nur da, wo Kontrolle nötig ist.
Lassen Sie Verantwortung und Kompetenz beim Mitarbeiter. - 4. "Deckeln" Sie Ihre Mitarbeiter nicht!
Seien Sie offen für konstruktive Kritik und schaffen Sie ein Forum für den fairen Meinungsaustausch. - 5. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter wissen, woran sie sind.
Informieren Sie offen über die Lage des Unternehmens und im Einzelgespräch auch, wie Sie die Leistung des Einzelnen einschätzen. - 6. Ein guter Chef ist ein gerechter Chef.
Verteilen Sie Aufgaben, Lob und Kritik gemäß nachvollziehbarer Maßstäbe. - 7. Führen Sie Protokoll ...
... über Ihre Entscheidungen und Arbeitsaufträge. Nur konsistente Entscheidungen schaffen eine gute Grundlage für die Zusammenarbeit. - 8. Stören Sie Ihre Mitarbeiter nicht!
Sie haben Ihre Mitarbeiter ausgewählt, weil diese Experten für ihren jeweiligen Aufgabenbereich sind. Lassen Sie die Experten ihre Arbeit tun und beschränken Sie sich auf Unterstützung und Beratung. - 9. Sorgen Sie für eine angstfreie Atmosphäre, . . .
... in der die Mitarbeiter Fehler und Probleme eingestehen können, ohne Angst vor Strafe zu haben. - 10. Bleiben Sie menschlich!
Wer als Chef die Größe hat, einen beruflichen Fehler zuzugeben, wächst in der Achtung der Mitarbeiter und ist zugleich Vorbild.