Stress statt Anerkennung
So leiden IT-Mitarbeiter
Wer in der IT-Branche arbeitet, der sollte gut auf sein Befinden achten. Das legen die Erkenntnisse nahe, die der Soziologe Dr. Tobias Kämpf gemeinsam mit zwei Kollegen vom Münchner Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) im Rahmen des Forschungsprojekts DIWA-IT gewonnen hat. 91 Beschäftigte aus großen deutschen IT-Firmen wurden in grundlegenden Tiefen-Interviews ausführlich zu ihrer Arbeit befragt. Heraus kam, dass sie sich an erster Stelle wünschen, dass die Arbeit ihre Gesundheit nicht beeinträchtigt. Dahinter rangieren kollegiale Atmosphäre, Spaß, freie Wochenenden und sicheres Einkommen.
Die Befragten erleben beim Arbeiten offenbar genau das Gegenteil dessen, was sie sich wünschen. Was läuft da falsch?
Tobias Kämpf: In der IT-Industrie hat es eine grundlegende Zeitenwende gegeben. Sie setzt ein mit dem Zusammenbruch der New Economy, geht aber über dessen direkte Folgen weit hinaus. Firmen haben den Umgang mit ihren Beschäftigten verändert. Entstanden ist dabei eine ganz neue Belastungskonstellation. Was wir feststellen, ist keineswegs nur eine kurzfristige Belastungsspitze, sondern eine grundsätzliche und dauerhafte Verschärfung der Belastungssituation. Sie haben Recht: Was die Beschäftigten in ihrer Arbeit erleben, läuft ihren Ansprüchen zunehmend entgegen. Sie empfinden es als immer schwieriger, Dinge wie Spaß oder eine kollegiale Atmosphäre zu verwirklichen.
Welche Wünsche außer den als wichtigste genannten haben Sie noch abgefragt?
Tobias Kämpf: Wir wollten auch wissen, wie wichtig es Mitarbeitern ist, Aufstiegsmöglichkeiten zu haben oder als Leistungsträger wahrgenommen zu werden. Solche reinen Karriere-Ansprüche wurden als weniger wichtig angesehen. An letzter Stelle von den 21 abgefragten Interessen-Positionen landete der Wunsch nach mindestens zehn Prozent variablem Gehaltsanteil.
Die Leute sorgen sich bei der Arbeit also gar nicht so sehr um hohe Karriereziele, sondern eher um ganz Grundsätzliches wie ihre Gesundheit?
Tobias Kämpf: Ganz offensichtlich, ja.