Gehaltsverhandlungen
Warum Transparenz für Mitarbeiter so wichtig ist
Kajetan von Armansperg ist Mitgründer und Geschäftsführer von Leapsome, Anbieter einer intelligenten Plattform für Personalentwicklung.
Eine als nicht ausreichend wahrgenommene Vergütung stellt für 76 Prozent aller Befragten einer LinkedIn-Umfrage einen Grund dar, den Arbeitsplatz zu wechseln. Wer Leistung erbringt, möchte dafür angemessen bezahlt werden. Doch wie lässt sich "angemessen" in Zeiten von Inflation, Krisen und Konflikten definieren? Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, die Gehälter ihrer Mitarbeitenden so zu gestalten, dass sie von der gesamten Belegschaft als fair und ausreichend empfunden werden.
Mit anderen Worten: Wer Mitarbeitende halten möchte, muss die internen Vergütungsprozesse transparent und nachvollziehbar gestalten und ihre Fairness evaluieren. Doch das Empfinden für eine faire Vergütung ist subjektiv. Deshalb müssen Führungskräfte einen Rahmen für objektives Verständnis schaffen.
- Keine Agenda haben
Unstrukturierte Gespräche führen zwangsläufig zu vagen Ergebnissen. Gedankliche Meilensteine helfen dabei. Setzen Sie Ihre Argumente wohl dosiert ein. Legen Sie nicht sofort all Ihre Trümpfe auf den Tisch. Halten Sie noch ein paar gute Argumente in der Hinterhand. Bringen Sie Ihr stärkstes Argument erst gegen Ende Ihrer Argumentationsreihe. - Nervös werden
Der persönliche Eindruck kann sehr entscheidend dafür sein, ob Sie Ihr Ziel erreichen oder nicht. Versuchen Sie deshalb, Ihre Körpersprache bewusst einzusetzen, mögliche Störfaktoren auszuschalten und souverän zu agieren. Eigentlich ist es ganz einfach: Je positiver Ihre Einstellung, desto offener und positiver wird Ihre Körpersprache sein und umso besser wird die Verhandlung laufen. - Überzogene Forderungen
Wer zu wenig fordert, kommt nie zu mehr Geld. Wer zu viel verlangt, verspielt möglicherweise sämtliche Karriere-Chancen. Gehaltsforderungen sollten angemessen sein. Nur wer weiß, was in vergleichbaren Positionen gezahlt wird, hat eine Vorstellung davon, was er für seine Arbeit verlangen kann beziehungsweise was seine Arbeit überhaupt wert ist. - Schlechte Vorbereitung
Wer vorbereitet ins Gehaltsgespräch geht, holt mehr raus. Eine gute Vorbereitung ist allein schon deshalb wichtig, weil Ihr Verhandlungspartner in punkto Gehalt und Verhandlungskompetenz in der Regel wesentlich erfahrener ist als Sie es sind. - Schlechte Argumente
Es gibt Argumente, die Sie nie benutzen sollten, auch wenn das eine oder andere auf den ersten Blick der Auslöser für Ihren Wunsch nach mehr Gehalt gewesen sein sollte. Vermeiden Sie Mitleids- oder Bedürftigkeitsargumente. Auch Vergleiche mit Kollegen sind tabu. Erpressungsversuche á la "Wenn ich nicht mehr Geld bekomme, gehe ich" sowieso. Was zählt, ist einzig und allein Ihre Leistung. - Keine Ziele haben
"Wer nicht weiß, wohin er will, wird auch nie ankommen", lautet sinngemäß ein Sprichwort. Wer schon vor der Gehaltsverhandlung nicht weiß, was er genau will, kann sich mit dem Chef nicht gut in der Mitte treffen. Legen Sie also ein Minimal- und ein Maximalziel fest und planen Sie ausreichenden Verhandlungsspielraum ein. - Falscher Zeitpunkt
Gutes Timing bei der Gehaltsverhandlung kann Gold wert sein. Niemals zwischen Tür und Angel. Machen Sie immer einen Termin. Überlegen Sie, wann Ihr Chef am besten aufgelegt ist. Ein Gehaltsgespräch in hektischen Zeiten setzt den Vorgesetzten unnötig unter Druck. In einer entspannten Situation werden Sie viel eher auf sein Wohlwollen stoßen. Aber Vorsicht: Wenn der Insolvenzverwalter schon durch die Flure wandert oder die Firma in einer existenziellen Krise steckt, dann macht eine Forderung nach mehr Gehalt wenig Sinn. - Unflexibel sein
Wer halsstarrig an seinen Forderungen klebt, nimmt sich die Möglichkeit zu vielleicht gar nicht mal so schlechten Kompromissen - und hinterlässt schnell einen negativen Nachgeschmack. Versteifen Sie sich also nicht auf eine Lösung, sondern haben Sie eine Alternative oder mehr in der Hinterhand. Muss es denn wirklich mehr Geld sein? Oder könnten Sie auch mit einer Prämienregelung oder einer Weiterbildung leben. - Hoffen auf den großen Sprung
Verhandeln Sie lieber häufiger über kleinere Gehaltserhöhungen als in langen Abständen auf gewaltige Sprünge zu hoffen. Fragen Sie auch dann nach einer Gehaltserhöhung, wenn nicht unbedingt damit zu rechnen ist. Wer nicht gelegentlich den Arm hebt, geht nicht nur jahrelang leer aus, sondern büßt möglicherweise auch seine Wertschätzung beim Chef ein. - Sich aus dem Konzept bringen lassen
Es gibt gegen alles Einwände, auch gegen Gehaltserhöhungen. Lassen Sie sich davon möglichst nicht aus der Ruhe bringen und verfolgen Sie konsequent Ihre Gesprächsziele. Viele dieser Phrasen werden gern eingesetzt, um schlecht Vorbereiteten einen Dämpfer zu verpassen oder sie schlicht aus dem Konzept zu bringen. Die entstehende Verwirrung soll es Ihnen schwer machen, ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen. Und natürlich will die Unternehmensseite sehen, wie wichtig Ihnen Ihr Anliegen wirklich ist.
Faire Vergütung: wichtiger Schritt mit großen Auswirkungen
Im Jahr 2017 analysierten Forschende die Auswirkungen ungerechter Vergütung auf körperliches Wohlbefinden und untersuchten dafür die Herzfrequenz der Probanden. Ihre Erkenntnis: Arbeitnehmende, die ihre Bezahlung als ungerecht empfanden, zeigten typische Stresssymptome. Ihr Herz verfiel in eine Art Dauerstressmodus.
Dabei war gar nicht die Höhe der Vergütung entscheidend, sondern vielmehr, ob die Beschäftigten die Vergütung als fair empfunden haben. War dies nicht der Fall, wurden Mitarbeitende schneller demotiviert und leisteten weniger. Dazu trugen neben Frust auch stressbedingte Erkrankungen bei. Das heißt: Eine als unfair empfundene Entlohnung führt zu einem geringeren Leistungs- und Produktivitätslevel und kann sogar gesundheitsschädigend sein. Unternehmen sind in der Verantwortung, dem entgegenzuwirken.
Transparenz anhand objektiver Rahmenbedingungen
Ab wann eine Vergütung als fair empfunden wird, unterliegt in vielen Unternehmen keinem objektiven Verständnis. Ohne sachlich festgelegten Entwicklungsrahmen haben Arbeitnehmende und Arbeitgebende häufig unterschiedliche und subjektive Standpunkte. Um dem Gerechtigkeitsempfinden im gesamten Unternehmen nachzukommen und die eigenen Fachkräfte zu halten, sind Führungskräfte am Zug, klare Kriterien für die Leistungsbeurteilung und Vergütungsprozesse festzulegen. Mitarbeitende müssen wissen, nach welchen Faktoren sie bewertet werden und dass Vorgesetzte diese Entscheidungen nicht aus dem Bauch heraus treffen.
Ein objektiver Rahmen für transparente Vergütung gewährleistet, dass Mitarbeitende, die sich weiterentwickeln und ihre Ziele erreichen, auch entsprechend entlohnt werden. Wichtig dabei ist, Vergütung nicht allein auf Leistung zu stützen, sondern auch das individuelle Wachstum der Mitarbeitenden zu reflektieren, zu belohnen und zu fördern.
- Strategie ist Trumpf
Zum einen sollten sich Frauen grundsätzlich darauf einstellen, dass überhaupt verhandelt wird. Zum Zweiten geht es um das Konkrete: wie viel „Puffer“ kalkuliert man ein? Mit welchen Argumenten belegt man die eigene Forderung? Solche Fragen muss man vorbereiten. - Sich selbst eine gute Spielpartnerin sein
Wer nicht wirklich von sich selbst überzeugt ist, könnte über den „innerlichen Kritiker“ stolpern. Eine typisch weibliche Schwäche. Frauen sollten sich bewusst machen, was sie schon geschafft haben. Sie können zum Beispiel Zeugnisse oder Auszeichnungen über ihrem Schreibtisch aufhängen oder sich die Mails mit den anerkennenden Worten ihrer Kunden durchlesen. - Cool und professionell bleiben
Es geht nicht um ein undurchsichtiges Pokerface. Wohl aber um sachliche Distanz. Will das Gegenüber Forderungen herunterhandeln, dann ist das bitte nicht als persönlicher Angriff zu verstehen. Der Verhandlungspartner versucht eben, für sich oder sein Unternehmen einen guten Preis herauszuholen. - Pulver nicht zu schnell verschießen
Frauen neigen zu der Haltung: Bevor wir hier noch ewig herum verhandeln, gebe ich eben nach – sonst geht ja nie was vorwärts. Sie müssen verstehen, dass die Verhandlung Teil ihrer Arbeit oder ihres Auftrags ist und kein lästiges Beiwerk. - Die Verhandlung spielerisch sehen
Eine spielerische Haltung kann nicht schaden. Frauen können sich die Argumente als Karten vorstellen. Wer wird welchen Spielzug ausführen? Hier gilt das Motto: "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!" - Sandra Schubert
Sandra Schubert versteht sich als Expertin für Verkauf und positive Psychologie. Sie engagiert sich außerdem als Mentorin für ein MINT-Programm an der Fachhochschule Rosenheim (Hochschule für angewandte Wissenschaften). Ihre Beobachtung: "Die jungen Frauen brauchen keine Schutzzäune mehr!" - Tanja Peters
Tanja Peters ist Verhandlungsexpertin, systemische Beraterin und Trainerin. Weil Erfolg nicht nur Kopfsache ist, biete sie auch MUTMuskeltraining an.
Das gelingt mit regelmäßigen Performance-Reviews - Gespräche, in denen Teammitglieder umfassendes Feedback zu ihrer Leistung und Entwicklung erhalten und mit ihrer Führungskraft Rücksprache halten können. Sie verbessern die Selbstreflexion und das Engagement der Mitarbeitenden, helfen bei der Ermittlung von Stärken und Wachstumsbereichen und verbessern die Kommunikation zwischen Teammitgliedern und Vorgesetzten.
Zielgerichtete Entwicklung unterstützen
Performance-Reviews liefern Mitarbeitenden ein besseres Bild davon, was sie tun können, um eine Gehaltserhöhung oder Beförderung zu erreichen. Mittels regelmäßiger Feedbackgespräche kommunizieren Führungskräfte ihre Erwartungen und können auf die Bedürfnisse und Fragen ihrer Teammitglieder eingehen. Für einen transparenten Ablauf gilt es, im Dialog Fremdwahrnehmung und Selbstwahrnehmung auf Basis von nachvollziehbaren Fakten und Daten zu vergleichen.
Dabei ist es unabdingbar, Gespräche über Leistungsbeurteilung und Vergütungsmanagement getrennt voneinander zu planen: Während einer Leistungsbeurteilung über die Vergütung zu sprechen, erschwert es Mitarbeitenden, sich auf das Feedback der Vorgesetzten etwas zu konzentrieren. Diese Unruhe wird durch ein separates 1:1-Gespräch verringert, in dem nur vergütungsbezogene Themen besprochen werden.
Zudem gilt es, Entwicklungsziele gesondert zu definieren: Individuelle Entwicklungspläne geben Mitarbeitenden einen persönlichen Entwicklungspfad im Unternehmen vor. Interne Lern-, Entwicklungs -und Mentorship-Programme sowie individuelle Zielvereinbarungen etwa mittels OKRs (Objectives and Key Results) befähigen Mitarbeitende dazu, ihr Potenzial auszuschöpfen.
Der Vorteil individueller OKRs
OKRs sind ein Instrument, mit dem Teammitglieder ihre individuellen Ziele definieren können. Ihre Grundformel: Ziele festlegen (Objectives) und Kernergebnisse definieren (Key Results). Doch Vorsicht: Vergütung davon abhängig zu machen, wie involviert Mitarbeitende in Team- oder Unternehmens-OKRs sind, ist keine faire Herangehensweise. Schließlich haben alle Mitarbeitenden unterschiedlich viele Touchpoints mit den aktuellen Top-Zielen ihres Unternehmens - was nicht bedeutet, dass ihr Beitrag weniger wichtig ist.
Für die individuelle Entwicklung kann die Festlegung persönlicher OKRs jedoch durchaus von Bedeutung sein. Ein Beispiel für ein persönliches Objective wäre, einen konkreten Entwicklungsplan zur Förderung des professionellen Wachstums umzusetzen.
Darauf folgt die Festlegung der Key Results. Hier steht die Frage "Wie lässt sich der Zielfortschritt messen?" im Vordergrund. Im Falle unseres Beispiels könnten mögliche Key Results wie folgt aussehen:
- Key Result 1 - Die drei wichtigsten Entwicklungskompetenzen wurden identifiziert.
- Key Result 2 - Ein Entwicklungsplan mit drei Schulungen, die diese Kompetenzen ausbauen, wurde erstellt.
- Key Result 3 - Die Abschlusstests für alle drei Trainingskurse wurden bestanden und die Teilnahme durch Zertifikate belegt.
- Key Result 4 - Die Weiterbildung und ihre Anwendung im Arbeitskontext hatte messbare Auswirkungen auf ein Unternehmensziel.
Jedes Objective sollte drei bis fünf spezifische Key Results enthalten. Anhand derer ergibt sich eine Art Checkliste, die Mitarbeitende als Leitfaden nutzen können, um ihren Entwicklungspfad im Unternehmen zu strukturieren.
OKR soll kein Kontrollinstrument sein
Dabei gilt stets zu beachten: OKRs sollten inspirierend, aber ehrgeizig sein, so dass Mitarbeitende nicht unbedingt eine 100-prozentige Erfüllung anstreben - weshalb persönliche OKRs allein keine verlässliche Grundlage für Vergütungsentscheidungen darstellen. Doch ein klarer Zielfortschritt belegt eine positive Entwicklung und kann daher als Argumentationsgrundlage für GehaltserhöhungenGehaltserhöhungen oder Beförderungsentscheidungen dienen. Alles zu Gehalt auf CIO.de
Wichtig ist auch, dass die Erfassung persönlicher OKRs kein Instrument zur Kontrolle ist. Stattdessen schaffen Führungskräfte eine transparente Basis für gegenseitige Erwartungen. Mitarbeitende können anhand ihrer individuellen OKRs nachweisen, was ihr Lernfortschritt ist und wie ihre persönlichen Entwicklungsziele die Unternehmensziele vorantreiben.
Navigation durch ein unsicheres Arbeitsklima
Gut ausgearbeitetes Vergütungsmanagement hilft dabei, die besten Talente anzuziehen, zu motivieren und zu halten. Bei wirksamen Vergütungsplänen geht es deshalb nicht nur um die Gehaltsspanne, sondern auch um die variable Vergütung. Diese beinhaltet Jahresgehalt, Anreize wie Boni, Eigenkapital, Versicherung, Krankenversicherung, Stipendien für Lebensstil und Fernarbeit, bezahlter Urlaub, Krankheitsgeld und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten.
Indem Führungskräfte die Vergütung leistungs- und entwicklungsbasiert gestalten, vermitteln sie ihren Mitarbeitenden Wertschätzung, sorgen für mehr Lohntransparenz und verringern das Stressniveau ihrer Belegschaft - was wiederum zu weniger Mitarbeiterschwund führt.