Offshore Outsourcing
Was kostet die Welt?
Carlos Moreno spricht deutsch: "Ein bisschen", sagt der CIO der Skandia Versicherung mit spanischem Akzent. Viel muss er auch nicht können, um im deutschen Tochterunternehmen des schwedischen Versicherungskonzerns verstanden zu werden. Morenos Chef ist Amerikaner, seine engsten Mitarbeiter kommen aus Italien, Frankreich und - dann doch noch - aus Deutschland. Im Büro sprechen alle Englisch, weshalb es sich anbietet, beim IT-Outsourcing "offshore" zu gehen - in Billiglohnländer abzuwandern. Der Kolumbianer Moreno nutzt seit zwei Jahren die Hilfe indischer Experten, um sein Team in Berlin zu entlasten - obwohl er findet: "Deren Englisch ist irgendwie anders."
So wie Moreno denken inzwischen viele CIOs in Deutschland über das Thema OffshoreOffshore - die meisten unter Kostendruck. "Die Nachfrage ist in den vergangenen 12 bis 18 Monaten gestiegen", hat Analyst Ian Marriott von Gartner beobachtet. Vor 20 Jahren haben die ersten EDV-Leiter Programmierjobs in Indien erledigen lassen. Alles zu Offshore auf CIO.de
Während des Internet-Hypes versuchten dann auch IT-Leiter mittelgroßer Firmen, lokale Dilettanten durch Profis an fernen Einwahlknoten zu ersetzen oder mit ihnen das Jahr-2000-Problem zu lösen. Gescheitert sind im Grunde beide Offshore-Versuche. "Ich bündele etwas und schicke es nach Timbuktu - das hat noch nie geklappt", behauptet Ralf Allwermann, Geschäftsführer des Beratungshauses Perot Systems in Frankfurt am Main.
Kritisch: Kommunikation und Kultur
Die Gründe dafür sind vielfältig: Mal zerfällt den Auftraggebern mitten im Projekt das Bündel der Anforderungen, mal entpuppt sich der Auftragnehmer als unfähig - in jedem Fall entzünden sich die Konfliktsituationen an der schlechten Kommunikation. In der Studie "The Coming Offshore Service Crunch" von Forrester Research gaben 70 Prozent der gescheiterten CIOs an, dass dieser Punkt und die kulturellen Unterschiede die internationalen IT-Projekte hätte platzen lassen. "Die Standardantwort zu Offshore lautet: 'Das haben wir mal probiert; das hat sich nicht gelohnt", klagt auch Allwermann.
Er propagiert deshalb das "Smart Sourcing", bei dem ein Teil der Mitarbeiter des Outsourcing-Partners direkt beim Auftraggeber, also "On-Site", arbeitet. Das nage am Preisvorteil der Offshore-Anbieter gegenüber gewöhnlichen IT-Dienstleistern, mache einen Projekterfolg jedoch wahrscheinlicher. Gerade wer noch keine Erfahrung mit dem Offshore Sourcing habe, sollte den On-Site-Anteil nicht zu knapp bemessen, rät Allwermann. Er empfiehlt 40 Prozent für Pilotprojekte; erst im "eingeschwungenen" Zustand könne man auf 10 Prozent reduzieren. Woraus sich gleich sein nächster Tipp ergibt: "Offshore macht man nicht wegen eines Projekts. Das lohnt sich nur, wenn es eine strategische Sourcing-Entscheidung ist."
Einstieg mit Entwicklungsarbeit
Als CIO in Berlin hat Moreno zunächst einmal den Euro offshore in die Datenbank einpflegen lassen. Es folgte die Umsetzung neuer Steuergesetze in die Produkte der Skandia. Derzeit feilen die indischen Kollegen mit dem Case (Computer Aided Software Engineering) -Tool "Cool:2E" an einem Cobol-Programm für Versicherungen gegen Berufsunfähigkeit. Eine solche Ausweitung des Aufgabenfelds sei typisch bei den Kunden, bestätigt Rob Spijkers vom Dienstleister Wipro: "Die Firmen fangen meistens mit Entwicklungsarbeiten an, weil da das Risiko am geringsten ist." Später wachse mit dem Vertrauen auch der Business-Bezug bei den Aufträgen.