Arbeitswelt, Organisation, Führung

New Work in 7 Punkten erklärt



Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenzentrierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Beim Business-Netzwerk Linkedin wurde sie Top-Voice 2017 und 2018. Von Xing wurde sie zum Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt.
New Work - ein Begriff mit vielen Facetten. Dabei geht es um die neue Arbeitswelt an sich, um zeitgemäßes Führungsverhalten und eine agile Unternehmensorganisation. Sieben Punkte sind dabei von Belang.
Der Arbeitsplatz der Zukunft - neudeutsch New Work - kann überall sein.
Der Arbeitsplatz der Zukunft - neudeutsch New Work - kann überall sein.
Foto: Konstantin Polkhovski - shutterstock.com

New Work impliziert, sich zunächst vor Augen zu führen, wie Old Work funktioniert. Natürlich kommt diese in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor, doch am typischsten ist wohl Command & Control. Command & Control-Organisationen sind hierarchisch dominiert, durch ein Topdown-Organigramm stilisiert und durch starre Prozesse geprägt. Von oben nach unten fließen Befehle, von unten nach oben Berichte.

Aufgabe der Vorgesetzten ist es vor dort allem, dafür zu sorgen, dass die anstehende Arbeit nach Ziel und Plan erledigt wird. Das macht Führen zwar einfach, aber auch sehr gefährlich, weil es Lethargie und Jasagertum produziert. Die Kunden bekommen Dienst nach Vorschrift, der eher dürftig ausfällt, weil alles den vorgedachten Abläufen zu folgen hat. So schafft man es nicht in die Zukunft. Folgendes wäre zu ändern:

1. New Work braucht Netzwerk-Organisationen

In Zeiten der digitalen Transformation ist das Kommandieren-Kontrollieren-Prinzip höchstens in Einzelfällen noch sinnvoll. Agile Netzwerk-Organisationen sind das favorisierte Zukunftsmodell, weil sie den ständig neuen, meist unvorhersehbaren Anforderungen der Zukunft besser gewachsen sind. Hier folgen die Mitarbeiter den gemeinsam definierten flexiblen Zielen und verantworten die erarbeiteten Ergebnisse.

Die FührungFührung gibt nur die grobe Marschrichtung vor. Und sie schafft einen Rahmen, der kollegiale Selbstorganisation möglich macht. Sie reduziert das Sollen - und stärkt das Dürfen, Können und Wollen. Fortwährender Lernwille, hohe Freiheitsgrade und umfangreiche Mitgestaltungsmöglichkeiten sind die Norm. Statt auf Entscheidungen von Oben zu warten, berät man sich mit den Kollegen und entscheidet dann selbst. Alles zu Führung auf CIO.de

2. New Work braucht eine Wohlfühlkultur

In florierenden, zukunftsfähigen Unternehmen wird sehr viel Wert auf ein Wohlfühlklima gelegt. Denn Arbeit muss Spaß machen, um gut zu werden. Dabei ist es zuvorderst die Angst, und speziell auch die Angst vor Fehlern beim Tun, die aus den Unternehmen verschwinden muss. Denn Angst ist der größte Leistungskiller. Hierarchien werden deshalb zurückgedrängt. Augenhöhe statt Autorität ist das Thema.

Lesetipp: Was macht eigentlich ein Chief Happiness Officer?

Dass Menschen unter Druck geistige Großtaten vollbringen, ist eine gefährliche Mär. Das Gegenteil ist nämlich der Fall. Dauerdruck und anhaltende Missstimmung sabotieren die Fähigkeit des Gehirns, sein Bestes zu geben, weil die im Angstzustand ausgeschütteten Botenstoffe Synapsen blockieren. Doch für kognitive Arbeit und Kreativität, die zu Innovationen führt, sind schnelle Synapsen dringend vonnöten.

3. New Work braucht Kreativität und Agilität

Routineaufgaben erledigt in Zukunft "Kollege" Computer. Alle Unternehmensbereiche werden automatisiert. Gut bezahlt werden nur diejenigen, die mehr können, als das, was Software leistet: das Schwierige, das Individuelle, das Konzeptionelle. Die neuen Berufe haben vor allem mit Kreieren, Designen, Innovieren, Koordinieren und Kollaborieren zu tun. Sie verlangen Flexibilität, Wandlungsfähigkeit, Unangepasstheit und, ganz wichtig: Gespür sowohl für die Menschen als auch für die Technologie.

Beweglichkeit ist für Alle ein Muss. Regelmäßige Wechsel zwischen Arbeitgebern, Aufgabenstellungen und Funktionen werden zur Norm. Abteilungsgrenzen verschwimmen. Immer mehr Mitarbeiter werden sich projekt- oder aufgabenbezogen zu Teams zusammenfinden und ihre Arbeit selbst organisieren. Swarming ist das Fachwort dafür. Neue Arbeitsmethoden wie Design Thinking, Prototyping, Kanban und Scrum sowie Kollaborationssoftware und Online-Diagnosetools werden Sie dabei unterstützen.

4. New Work bringt neue Formen der Arbeit

Neben einer Kernbelegschaft in herkömmlichen Arbeitsverhältnissen gibt es zunehmend eine Zusammenarbeit ohne klassischen Arbeitsvertrag: in Projekten, mit Freelancern, mit Zeitarbeitsfirmen, mit Interimsmanagern. Es gibt mehr befristete Arbeitsverträge, höhere Teilzeitquoten, mehr outgesourcte Bereiche sowie eine größere Zahl an mitarbeitenden Spezialisten, Zulieferern und Businesspartnern.

Der stationäre Arbeitsplatz und das eigene Büro werden im Zuge dessen zurückgedrängt. Fernanwesenheit, eine mobile Arbeitskultur, flexible Arbeitszeitmodelle, virtuelle Teams und das partielle Home OfficeHome Office werden üblich. Man umgibt sich mit den jeweils besten Leuten für einen bestimmten Job. So werden Unternehmen zu Drehkreuzen für digitale Nomaden und Heimat für Arbeit auf Zeit. Alles zu Home Office auf CIO.de

Lesetipp: Home Office einrichten - Das brauchen Sie für die Heimarbeit

5. New Work bringt neue Führungsaufgaben

Leadership-Personen werden in Zukunft vor ganz neue Herausforderungen gestellt: Sie müssen lernen, die neuen Arbeitsmodelle zu meistern. Sie müssen anwesende wie auch nicht anwesende, anweisungsorientierte wie auch selbstorganisierte und angestellte wie auch nicht angestellte Mitarbeiter führen und so schnell wie möglich produktiv machen. Anfallende Arbeitsaufträge werden mehr und mehr über agile Projekte gesteuert.

Hierzu werden vor allem Netzwerk-Organisatoren und projektleitende Moderatoren benötigt. Macht- und Kontrollverlust ist eine unausbleibliche Folge. Ganz andere Führungsstile rücken dabei nach vorn: Möglichmacher und Katalysatoren werden von nun an gebraucht. Und für Führungskarrieren kommen ausschließlich Menschenversteher infrage. Den anderen ist die Führungslizenz sofort zu entziehen.

6. New Work braucht neue Arbeitslandschaften

Erfolgreiche Unternehmen haben das längst verstanden: Nähe sorgt für Verbundenheit. Wer oft miteinander zu tun hat, sollte nicht nur im gleichen Gebäude, sondern möglichst auch im gleichen Stockwerk arbeiten. Wir brauchen Freiraum um uns herum, gute Luft, helles Licht, sinnvolle Laufwege, Kommunikationsinseln, Versammlungseinheiten Rückzugs- und Erholungsorte, bunte Kuschelecken - und Zeit für Plauschpausen.

Kreativität entsteht ja nicht auf Kommando, wenn man isoliert am Schreibtisch im standardisierten Einzelbüro sitzt, sondern viel eher dann, wenn sich unser Denkapparat entspannt und Gedankenrohlinge mit anderen teilt. Für die verschiedenen Phasen der Projektarbeit brauchen wir unterschiedliche Raum- und Kommunikationskonzepte. Social Enterprise Software, firmeninterne Foren und Wikis sorgen für Verbindung.

7. New Work braucht eine neue Haltung

Arbeit und Freizeit vermischen sich immer mehr. Phasen der Entspannung, finden nicht mehr nach 17 Uhr und am Wochenende statt, sondern immer dann, wenn es gerade passt oder das Gehirn eine Regenerationspause braucht. Da nun die Mitarbeiter den Unternehmen Privatzeit schenken, müssen die Unternehmen ihren Mitarbeitern auch Eigenzeit während der Arbeit schenken. Work Life Blending wird das genannt.

Eine Vier-Tage-Arbeitswoche ist dabei kein Krisensignal mehr, sondern ein bewusst gewählter Lebensentwurf. Eine Sechzig-Stunden-Woche dient nicht länger den Karrierezielen, sondern ist Vorleistung für ein Sabbatical. Denn wer "always on" ist, braucht dringend auch mal Entschleunigung. Dabei gilt: alles kann, nichts muss. Niemand sollte zu der einen oder anderen Arbeitsweise gezwungen werden. Die Rahmenbedingungen müssen zum jeweiligen Individuum passen, damit Gutes gelingt. (mb)

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