Digitale Transformation
Wie Daimler, Audi und Volvo die Digitalisierung vorantreiben
"Die große Party ist vorbei", sagt Stefan Bratzel, Direktor und Gründer des Center of Automotive Management. Die Automobilindustrie habe sieben fette Jahre mit satten Umsätzen und Gewinnen erlebt. Das aber werde kaum so weitergehen.
Nach Einschätzung des Professors geraten die klassischen Autobauer gleich von zwei Seiten massiv unter Druck: Zum einen durch Mobility Provider vom Schlage Uber und Didi Chuxing, die das Konzept "Nutzen statt Besitzen" propagieren und mit Software und Dienstleistungen den Markt aufrollen. Uber etwa ist gemessen an der Marktkapitalisierung schon jetzt größer als DaimlerDaimler. Top-500-Firmenprofil für Daimler
Zum anderen sieht der Autoexperte ein "Connectivity-Universum" entstehen, in dem die ganz großen Internet-Player den Ton angeben: Apple, Alphabet/Google und Amazon etwa, aber auch ihre chinesischen Pendants wie Tencent oder Alibaba. In diesem Universum gehe es um Vernetzung und Softwareplattformen, so Bratzel. Traditionelle Automobilhersteller könnten da nicht mithalten.
Mercedes Me - künstliche Intelligenz an der Kundenschnittstelle
Die Luft wird also dünner für die erfolgsverwöhnten Autokonzerne. Auf dem carIT Kongress 2018 in Hannover erklärten Hersteller- und Branchenvertreter, wie sie auf die vielfältigen Herausforderungen reagieren. Daimler etwa setzt große Hoffnungen in die Initiative "Mercedes Me". Marc-Oliver Nandy, Leiter des Bereichs DigitalisierungDigitalisierung Vertrieb und Mercedes me, will darunter ein stetig wachsendes Ökosystem aus unterschiedlichen Komponenten verstanden wissen. Dazu gehörten beispielsweise "digitale Premium-Lösungen" und personalisierte Services. Im Mittelpunkt stehe immer die Frage: "Was schafft einen Wert für den Kunden?" Alles zu Digitalisierung auf CIO.de
Daimler habe sich dafür auch intern neu aufgestellt. Konzernweit arbeite man heute viel integrierter und in gemischten Teams. Mithilfe von agilen Methoden entständen gemeinsam mit Kunden neue Lösungen. Aspekte wie eine besonders einfache Benutzbarkeit ("Ease of Use") und personalisierte Mobilitätsdienste spielten dabei eine zentrale Rolle.
Im Rahmen von Mercedes Me hat Daimler beispielsweise ein Peer-to-Peer-Car-Sharing-Modell entwickelt, das für Modelle der A-Klasse bereits verfügbar ist. Benutzer können damit etwa Freunden und Bekannten ihr Fahrzeug bereitstellen. Nandy hob unter anderem das Infotainment-Konzept MBUX (Mercedes Benz User Experience) hervor, das den Fahrer mit einem KI-basierten Sprach-Interface unterstützt. Das System könne beispielsweise auf die Aussage "Mir ist kalt" reagieren und selbständig die Heizung hochdrehen.
Generell bedeute ein intelligenter Assistent im Fahrzeug auch einen Sicherheitsgewinn, wirbt der Digitalmanager. So könnten sich Kunden etwa mit dem Dienst "Ask Mercedes" wichtige Fahrzeugfunktionen mittels eines KI-gestützten Chatbots und Augmented RealityAugmented Reality erklären lassen. Alles zu Augmented Reality auf CIO.de
Erfolgsentscheidend für Mercedes Me sind die Touchpoints. Nandy: "Wir gehen dahin, wo der Kunde ist." Dementsprechend setze man an unterschiedlichsten Kontaktpunkten an. Neben der Head Unit im Fahrzeug gehören dazu auch Apps, Web-Portale und physische "Mercedes-Me-Stores". In China beispielsweise können Kunden den Dienst auch über die Instant-Messaging-Platform WeChat nutzen.
Mercedes Me ist derzeit in 42 Ländern verfügbar, in zwei Jahren will Daimler eine weltweite Marktabdeckung erreicht haben. Wichtig dabei sind einerseits globale Standards, vor allem im IT-Backend, wie Nandy erläutert. Zugleich werde man auch regionale Präferenzen berücksichtigen und in bestimmten Märkten lokale Anwendungen anbieten.
Mit neuen digitalen Services will der Konzern zudem auch Nutzer ansprechen, die noch keine Kunden sind. Erst kürzlich ging die App "Bertha" an den Start, über die Autofahrer die Spritpreise von rund 15.000 deutschen Tankstellen vergleichen können. Weitere digitale Dienste sollen in den kommenden Monaten folgen.