Glücksmanager Paul Dolan im Interview
Wie das Glück bei uns bleibt
Kann man Glück definieren?
Ist Glück ähnlich schwer zu definieren wie Frieden, der vielleicht mit "Abwesenheit von Gewalt" beschrieben werden kann? Ist Abwesenheit von Unglück automatisch Glück?
Nein. Es kommt darauf an, die Zeit sinnvoll zu nutzen. Zeit, in der Sie unzufrieden waren, ist verlorene Zeit, Sie bekommen sie nicht zurück. Sie können ein glücklicher Mensch sein, obwohl Sie in Ihrem alltäglichen Leben Unglück erfahren. Gemeinhin denken zum Beispiel schlanke Menschen, dass sehr dicke Menschen unglücklich sein müssten. Aber das ist nicht so, sie fühlen sich beileibe nicht so schlecht, wie die Schlanken glauben. Sie können sogar zufriedener sein als Schlanke. Deswegen haben Appelle an fettleibige Menschen zum Abnehmen auch oft keinen Erfolg.
Ist Glück eine Frage des Verhältnisses zwischen positiven und negativen Erlebnissen?
Ich denke nicht, dass Sie das in Prozenten beziffern können. Eher kommen wir der Sache näher, wenn wir mit Adjektiven arbeiten - es ist möglich, gleichzeitig glücklich und aufgeregt oder gespannt zu sein. Sogar Ärger hat einige positive Aspekte, die helfen können, sich glücklich zu fühlen. Wenn es aber um politische Entscheidungen geht, also darum, wie die Gesellschaft gesteuert werden kann, dann ist es sinnvoll, auch mit negativen Begriffen zu arbeiten. Ein Beispiel: Wenn wir dafür werben, dass Menschen glücklicher sind, dann findet das kein großes Echo. Sagen wir aber umgekehrt, dass wir Unzufriedenheit und Elend verringern wollen, dann sagt die Politik sofort: Das ist ein Ziel, das wir teilen.
In Ihren Untersuchungen kommen Sie zu dem Schluss, dass vor allem die Pflege menschlicher Beziehungen Glück und Zufriedenheit fördern, also Dinge, die kein Geld kosten.
Eines kann ich mit großer Sicherheit über Ihr und mein Glück sagen: dass es erheblich zu unserer Zufriedenheit beträgt, wenn wir jeden Tag 15 Minuten mit Menschen verbringen, die wir mögen. Das gilt selbst für sehr introvertierte Menschen, auch sie wünschen Gesellschaft.
Überraschend ist diese Erkenntnis nicht.
Nein, als vergleichsweise radikalen Schritt empfinden es jedoch viele Menschen, sich konsequent von den Menschen fernzuhalten, die sie als unangenehm empfinden, und sich dafür mit anderen zu umgeben.
Glück oder Zufriedenheit kann man also nicht kaufen?
Es gibt Dinge, die kostenlos zu unserer Zufriedenheit beitragen, und andere, für die wir Geld opfern. Wenn Sie sich etwa mit Ihren Freunden in der Kneipe treffen, dann ist das Geld für die Getränke das Geld, das Sie für die Kontakte zahlen. Das gilt auch für grundlegende Dinge: So bedeutet ein kürzerer Arbeitsweg mehr Zeit für Kontakte. Das heißt unter Umständen, dass Sie mehr Geld für eine Wohnung in der Nähe Ihres Arbeitsplatzes ausgeben, dafür im Gegenzug aber Zeit für Ihr Sozialleben gewinnen.
Wir leben in einer Konsumgesellschaft. Kann Konsum glücklich machen?
Es gibt Experimente, die materielle und immaterielle Dinge vergleichen, um ihre Wirkung zu messen. Zum Beispiel Kinobesuch versus den Kauf einer Jacke. Aber bei einigen dieser Versuche habe ich den Eindruck, dass das Ergebnis schon feststeht, bevor die Untersuchung begonnen hat. In Wirklichkeit geht es im Leben um eine Balance von Materiellem und Immateriellem.