Strategien


DB Navigator reloaded

Wie die Deutsche Bahn eine neue Vertriebsplattform baut

Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs „CIO des Jahres“. Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Closed Public Beta mit 12.000 Usern

Schon Ende 2020 startete die Bahntochter mit einer "Closed Public Beta" für die nächste App-Generation "Next DB Navigator". Im Januar 2021 folgte die Betaversion von "next-bahn.de". Rund 12.000 ausgewählte Bahnkundinnen und -kunden haben dabei Gelegenheit, die neuen Frontends zu testen und Feedback zu geben. Gernhold: "Das hilft uns auf dem Weg zur Produktreife auf Basis der neuen Systemarchitektur." Man könne damit nicht nur Funktionen testen, sondern auch Kunden-Feedbacks in die Vendo-Teams zurückspielen. Den nächsten Schritt will DB Vertrieb mit den "Public-Beta"-Versionen gehen.

So sieht die "Closed Public Beta" der neuen "DB Navigator"-App aus. Die Bahn setzt vor allem auf eine verbesserte User Experience.
So sieht die "Closed Public Beta" der neuen "DB Navigator"-App aus. Die Bahn setzt vor allem auf eine verbesserte User Experience.
Foto: DB Vertrieb

Der konzerneigene IT-Dienstleister DB Systel agiert dabei als Partner. "Er ist für den Betrieb der Plattform verantwortlich, unterstützt uns mit Methoden-Know-how und kümmert sich um das Sourcing", erläutert der CTO und betont: "Die Projektverantwortung für Vendo hat DB Vertrieb."

Gernholds Ansatz passt zur umfassenden Cloud-Strategie, die die Bahn schon seit längerem verfolgt. Seit Ende 2020 betreibt der Konzern keine eigenen Rechenzentren mehr, mehrere hundert Anwendungen wurden auf Cloud-Plattformen von Microsoft und AWS migriert. Auch in Sachen IT-Organisation und agile Arbeitsmethoden gab es in den vergangenen Jahren viel Bewegung im Konzern.

Die einstige CIO und DB-Systel-Chefin Christa Koenen brach hierarchische Strukturen in der IT auf und etablierte ein Netzwerk aus selbstorganisierten Teams. Schon 2019 erklärte die Managerin, die heute im Vorstand von DB SchenkerSchenker sitzt, gegenüber dem CIO-Magazin: Agile Methoden brauche die Bahn nicht nur in der IT, sondern auch in anderen Business-Bereichen (siehe auch: Deutsche Bahn-IT schafft Führungskräfte ab). Top-500-Firmenprofil für Schenker

Lessons Learned

CTO Gernhold setzt diesen Weg bei DB Vertrieb fort - und weiß zugleich um die Schwierigkeiten, agile Methoden in einem Großkonzern einzuführen. Nach seiner Erfahrung gibt es in solchen Vorhaben häufig "drei Missverständnisse", mit denen die Verantwortlichen umgehen müssten: "Erstens: New-Work-Protagonisten und Agilisten müssen die FührungFührung übernehmen. Das klappt in der Praxis oft nicht. Zweitens: Geld und Zeit sind unbegrenzt vorhanden. Drittens: das agile Vorgehen bringt nur Vorteile. Die Nachteile werden oft ausgeblendet und gar nicht diskutiert." Alles zu Führung auf CIO.de

Vor diesem Hintergrund gehe es ihm zuvörderst darum, "die Steuerungsfähigkeit" herzustellen. Dazu hat er ein kleines Experten-Team um sich geschart und ein ausgefeiltes Reporting-System eingeführt. Jede Woche tagt ein "Delivery Management Board" mit allen wichtigen Verantwortlichen. Dabei geht es vor allem um Status-Updates, Erfolge und das Lernen aus Misserfolgen sowie um eine Einschätzung von Risiken für den künftigen Programmverlauf. Erfolgsentscheidend sei am Ende aber, die richtigen Leute an Bord zu holen, zieht Gernhold eine Zwischenbilanz. Das gelte insbesondere für die Akzeptanz agiler Methoden im Unternehmen: "Wir brauchen keine agilen Fundamentalisten."

Zur Startseite