Upgrade ist kein Projekt
Windows 10 erfordert ein neues Betriebsmodell
Am 14. Januar 2020 wird MicrosoftMicrosoft den Support für Windows 7 einstellen. Dann wird der weltgrößte Softwarehersteller keine Updates oder Sicherheits-Patches mehr für seine 2009 herausgebrachte Betriebssystemversion liefern. Anwenderunternehmen sind daher gezwungen, bis zum Stichtag auf Windows 10 umzusteigen. Ein großer Schritt - denn diese Migration ist mehr als nur das Ausrollen einer neuen Version. Alles zu Microsoft auf CIO.de
Dass der Support von Windows 7 Anfang nächsten Jahres ausläuft, ist den Verantwortlichen in den Unternehmen seit langem bekannt. Dennoch ist so manche Organisation mit ihren Vorbereitungen spät dran. Teilweise herrscht regelrecht Torschlusspanik.
Viele Firmen haben die Ankündigung von Microsoft offenbar nicht ernst genug genommen und sind davon ausgegangen, dass der Support nicht so einfach eingestellt wird. Jetzt drängt die Zeit. Und obwohl den meisten durchaus bewusst ist, dass die Migration auf Windows 10 ein größeres Projekt darstellt, denken noch immer einige, dass sie die neue Version genauso ausrollen können, wie sie es in der Vergangenheit mit Windows XP oder Windows 7 getan haben.
Doch das ist ein Trugschluss. Denn dabei vergessen sie den Windows-as-a-Service-Aspekt, den Microsoft mit seinem jüngsten OS-Release verfolgt: Anspruch und Anforderung nach einer flexiblen, skalierbaren und ständig aktuell auf dem neusten Stand gehaltenen Lösung.
So manches Unternehmen fühlt sich überrollt
Bislang ist alle zwei bis drei Jahre ein neues Update für Windows erschienen. Unternehmen konnten meist ein Update auslassen, sodass sie solche Projekte nur etwa alle fünf Jahre durchführen mussten. Nun sind sie gezwungen, viel öfter tätig zu werden. Denn mit Windows 10 veröffentlicht Microsoft halbjährlich eine neue Version. Aufgrund dieser kurzen Update-Zyklen bleibt Anwendern keine Zeit für langwierige Tests und Proof of Concepts, sonst ist die genutzte Version beim Rollout schon wieder veraltet. Insbesondere die zeitaufwändige Prüfung auf Abwärtskompatibilität lässt sich angesichts der kurzen Lebenszyklen nicht mehr schnell genug umsetzen.
Selbst beim Überspringen eines Releases ist künftig alle zwölf Monate eine Migration fällig. Von dieser Taktung fühlt sich so manches Unternehmen regelrecht überrollt - auch wenn Microsoft mit der Support-Verlängerung auf 30 Monate seinen Kunden bei den Herbst-Updates jetzt etwas mehr Zeit für das Testen und Bereitstellen einräumt. Denn viele Unternehmen mussten feststellen, dass schon nach kurzer Verzögerung ihre Version im Rollout bereits keinen Support mehr erhält und schon wieder ein Update einzuspielen war.
Viele nützliche Tipps und Tricks zu Windows 10 finden Sie hier in unserem Online-Special
Wie kam es zu diesem Dilemma? So manche Organisation macht Microsoft dafür verantwortlich und ist der Meinung, dass der Software-Hersteller seine Marktmacht ausnutzt und nur auf mehr Profit aus sei. Allerdings hat Microsoft von Anfang an ziemlich klar mitgeteilt, dass der Support für Windows 7 definitiv ausläuft und mit Windows 10 das Release-Modell geändert wird. Wer jetzt also feststellt, dass er zu spät mit der Umstellung auf Windows 10 begonnen hat, muss sich auch an die eigene Nase fassen.
Zum Umdenken gezwungen
Denn eines steht außer Frage: Der Schritt von Microsoft ist wichtig und absolut richtig! Ein Blick in die IT vieler Unternehmen zeigt: Noch immer ist auf sehr vielen PCs Windows 7 zu finden. Ein Betriebssystem, das fast so alt ist wie Apples iPhone und damit aus einer Zeit stammt, seit der sich die Anforderungen an und die Nutzung von Technologien grundlegend verändert haben. Die Kommunikation ist durch Anwendungen wie WhatsApp heute schneller, individueller, flexibler und umfasst verschiedenste Kanäle in Echtzeit - und das nicht ausschließlich bei den jüngeren, sondern auch bei älteren Nutzern.
Diese Entwicklung hat auf den Unternehmens-PCs in den vergangenen Jahren nicht stattgefunden. Viele Firmen hinken einfach hinterher. Sie hängen an der einmal aufgebauten Infrastruktur, befinden diese noch immer für ausreichend und sind dadurch vom Fortschritt abgeschnitten. Etliche Unternehmen haben sich lange nicht bewegt. Jetzt werden sie bewegt und zu ihrem Glück gezwungen.
Neue Anforderungen: Schneller und flexibler
Neben der geänderten Update-Politik bringt Windows 10 vor allem Veränderungen bei den Applikationen, der Cloud und den Drittanbieter-Anwendungen mit sich. Auch dies sind notwendige Schritte. Denn Hersteller und Anwendungsunternehmen müssen schneller und flexibler werden, um auf aktuelle Markt- und Kundenanforderungen, Technologien, Compliance- und Security-Richtlinien angemessen reagieren zu können - und genau das ermöglicht Windows 10.
IT-Verantwortliche sollten die neue Evergreen-Strategie von Microsoft deshalb nicht als Hemmschuh betrachten, sondern als Unterstützung für die schnellere Erfüllung von Kunden- und Mitarbeiterwünschen.
Neues Betriebsmodell erforderlich
Früher brachte die Migration auf ein neues Betriebssystem keine großen Änderungen im Betrieb mit sich. Die neue Version sorgte im Prinzip nur für neue Berechtigungs- und Sicherungsstrukturen innerhalb des Systems. Vorhandene Anwendungen wurden neu paketiert, Pfade und Berechtigungen angepasst.
Viele Unternehmen sind jetzt jedoch damit überfordert, diese Veränderungen jährlich vorzunehmen. Deshalb gibt es Firmen, die Feature Releases von Windows 10 wie Patches einspielen. Sie testen ein wenig, dann rollen sie aus. Andere Unternehmen testen dagegen so umfangreich, wie sie es früher getan haben. Sie ziehen alle IT-Kollegen zusammen, lassen andere Betriebstätigkeiten ruhen und beschäftigen sich ausführlich mit Applikationstests. Bei teilweise vierstelligen Applikationszahlen ist das ein riesiger Aufwand, der sicherlich nicht wirtschaftlich ist.
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Weder die erste noch die zweite Vorgehensvariante sind bei Windows 10 wirklich empfehlenswert. Es ist vielmehr notwendig, mit Windows 10 nicht nur ein neues Betriebssystem, sondern gleichzeitig auch ein neues Betriebsmodell einzuführen. Deshalb empfehlen Microsoft und Analysten, geeignete Prozesse und End-to-End-Services zu implementieren. So können Unternehmen die Auswirkungen des Feature Release testen und Probleme bereits während der Test- und Implementierungsphase beheben.
Dazu müssen sich sowohl Betriebstests als auch Anwendungstests und Personalbesetzung grundlegend ändern. Es ist zwingend notwendig, die internen Prozesse umzustellen. Denn Windows steht nun ähnlich wie ein Service bereit und wird praktisch kontinuierlich aktualisiert. Das erfordert aber auch kontinuierliche Prozesse für Tests, erste Rollouts und Massen-Rollouts. Dazu sind entsprechende Teams einzurichten, die entweder auf die jeweiligen Phasen spezialisiert sind oder sich regelmäßig abwechseln.
Das muss nicht zwangsläufig zu mehr Komplexität führen. Mit dem richtigen Betriebsmodell und einem standardisierten Verfahren kann der Aufwand für Unternehmen in Zukunft sogar geringer werden. Denn die umfangreichen Migrationsprojekte, die in Großunternehmen früher teilweise einige Millionen Euro verschlungen haben, fallen künftig weg.
Geänderte Update-Politik für Drittprodukte kritisch
Häufig werden benötigte Security-Funktionalitäten in Unternehmen über Drittprodukte abgedeckt, beispielsweise den Antiviren-Client, der einen Malwarescan durchführt. Die Kompatibilität dieser Lösungen wird aufgrund der permanenten Upgrades von Windows 10 deutlich erschwert. Auch viele Hersteller anderer Software-Produkte müssen sich erst auf die neuen Zyklen einstellen.
Eine weitere weitreichende Veränderung von Windows 10 bildet die Integration der Cloud in das Betriebssystem. Viele denken in diesem Kontext primär an Telemetrie-Daten, aber auch andere Dienste eines PCs verbinden sich längst im Hintergrund mit der Cloud, beispielsweise um Wetter- oder Verkehrsinformationen abzurufen. Das verursacht in so manchem Unternehmen große Sicherheitsbedenken und viele wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen.
Da sich die Cloud auch aus der Client-IT mittlerweile nicht mehr wegdenken lässt, muss eine Balance zwischen der Cloud-Nutzung und dem Ausschalten von Risiken gefunden werden. Möglich wäre dies beispielsweise mit einem entsprechenden Digital Rights Management. Schaffen es Unternehmen, den Security Layer bereits im Rechenzentrum zu implementieren und nicht erst am PC, kann der Computer selbst durchaus Cloud-integriert sein.
Sicherheitsgrenzen verschieben sich
Befindet sich die Sicherheitsgrenze nicht mehr am Gerät, spielt es keine Rolle mehr, wo die Daten verarbeitet werden. Aufgrund dieser Hardware-Unabhängigkeit müssen sich Unternehmen künftig überlegen, für welche Plattformen sie Applikationen entwickeln möchten. Dies wird dazu führen, dass auch der Mac sowie Cloud-Services zunehmend in Unternehmen heimisch werden.
Zugleich dürften sich Apps immer öfter durchsetzen. Die Nutzung von Line-of-Business-Apps wird zukünftig vermutlich noch stärker von den Unternehmen vorgegeben, andere Standard-Apps können Mitarbeiter voraussichtlich in Zukunft frei oder aus mehreren vorgegebenen Möglichkeiten wählen. Die vielen neuen Tools, die zukünftig in Unternehmen verfügbar sein werden, ermöglichen dabei eine bessere Zusammenarbeit.
Windows 10 erfordert eine ganz neue Strategie
Windows 10 bringt viele Veränderungen mit sich. Im Gegensatz zu früheren Migrationen erfordert das neue Betriebssystem eine ganzheitliche Strategie inklusive einer Umstellung der internen Prozesse und Strukturen in allen Bereichen. Es müssen sowohl die Rahmenbedingungen an das schnelllebige Windows 10 angepasst werden als auch die Anwendungen für Hardware-, Software-, Security- und Mobile Device Management. Gleichzeitig machen Unternehmen mit Windows 10 den nächsten Schritt in die Arbeitswelt der Zukunft - mit flexiblen, agilen und sich ständig verändernden Strukturen und Prozessen. (ba)