Werbeerlöse sinken

Zeitschriftenverleger rechnen mit weniger Ertrag

31.01.2021
Bezahlmodelle im Internet für Zeitschriftenmarken erleben seit der Pandemie einen deutlichen Schub. Den Rückenwind wollen Verlage nutzen - aber auch 2021 kämpfen sie weiter mit den negativen Corona-Folgen.
Zeitschriften-Verleger mussten 2020 Rückgänge bei Werbeerlösen hinnehmen.
Zeitschriften-Verleger mussten 2020 Rückgänge bei Werbeerlösen hinnehmen.
Foto: Africa Studio - shutterstock.com

Zeitschriftenverleger in Deutschland stellen sich in diesem Jahr auf niedrigere Umsätze und Erträge als vor der Corona-Pandemie ein. "2021 wird ein sehr anspruchsvolles Jahr. Erst für 2022 kann ich mir vorstellen, dass wir uns langsam wieder auf dem Niveau von 2019 bewegen könnten", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), Stephan Scherzer, der Deutschen Presse-Agentur.

"Wichtige Geschäftsfelder sind praktisch noch stillgelegt." Scherzer zählte das Geschäft mit Konferenzen oder die Verkaufsstellen an Flughäfen auf. "Die Bahnhöfe und Flughäfen sind nicht so frequentiert wie früher." Insolvenzen seien derzeit aber kein Thema. "Wir sehen bislang, trotz der sehr angespannten Lage, keine Insolvenzen in der BrancheBranche." Auch in den vergangenen Jahren gab es Einstellungen von Zeitschriftentiteln - aber zugleich mehr Neugründungen. Top-Firmen der Branche Medien

Hoffnung liegt im zweiten Halbjahr 2021

Chancen sieht der Verband für das zweite Halbjahr. Verlage werden laut Scherzer die gestiegenen digitalen Reichweiten nutzen und auch positive Effekte aus der neuen Art zu arbeiten ziehen.

Seit Jahren etablieren die Häuser Bezahlmodelle für Presseprodukte im Internet - mit Bezahlschranken und Plus-Angeboten für digitalen Journalismus. Scherzer geht von einem weiter starken Ausbau der digitalen Kanäle aus. "Mit Paid Content wurden 2020 gut 200 Millionen Euro umgesetzt. Das sind signifikante Umsätze, die weiter wachsen werden." Die Nachfrage nach vertrauenswürdigen Informationen sei in der Pandemie deutlich gewachsen. Über das vergangene Jahr sagte der VDZ-Hauptgeschäftsführer: "Insgesamt haben die Redaktionen der Zeitschriftenverleger auf allen Kanälen mehr Menschen erreicht als jemals zuvor. Die digitale Nutzung der Zeitschriftenmarken ist bis zu 30 Prozent gegenüber 2019 gestiegen."

Vor einigen Tagen legte die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse als Zusammenschluss von Unternehmen aus der Medien- und Werbewirtschaft Reichweitenzahlen vor. Bei gedruckten Zeitschriften samt E-Papern waren sie entsprechend dem Langzeittrend leicht rückläufig. Demnach nutzen 53,2 Millionen Leser ab 14 Jahren Magazine. Das entspreche einem Anteil von 75,3 Prozent der Altersgruppe. Der Zeitraum der Befragungen erstreckte sich von September 2019 bis August 2020. Die Zahlen bilden aber nicht das Leserinteresse auf Webseiten der Zeitschriftenmarken ab - es ist also kein komplettes Bild. Das Digitale müsste dafür dazu gerechnet werden.

Konferenzen, Tagungen und Leserveranstaltungen sind am Ende

Neben dem Schub im Digitalen gab es auch eine deutliche Kehrseite für die Verleger in Pandemie-Zeiten: Die Einschränkungen führten laut VDZ zu einem Einbruch von bis zu 90 Prozent bei Konferenzen, Tagungen und Leserveranstaltungen, die viele Verlage ausrichten. Und es gab Rückgänge bei Werbeerlösen. "Die Werbeausgaben sanken 2020 um 10 Prozent - die Unsicherheit der Wirtschaft spiegelt sich hier wider", sagte Scherzer. "Vor allem durch die geringe Passagierfrequenz an Flughäfen und Bahnhöfen ist der Abverkauf von Zeitschriften insgesamt um etwa acht Prozent gesunken."

Bei den Werbeerlösen ist die Lage in den Verlagen auch zu Jahresbeginn angespannt: Positiv entwickelten sich zwar Bereiche rund um das Thema Wohnen, Zuhause, Garten und Natur, Kochen und Genießen, Zerstreuung und Kindermagazine. "Diese Bereiche entwickeln sich gut im Leser- und Werbemarkt", betonte Scherzer. Sehr schwierig seien hingegen die Themen Hotellerie, Tourismus und Kinos, aber auch Sport.

Die Häuser sind heute allerdings nicht mehr so abhängig von Werbeumsätzen. "Es spielt nicht mehr die Rolle wie noch vor zehn Jahren, Verlage sind deutlich breiter aufgestellt. Der Umsatz vom Leser ist die zentrale Erlösquelle für viele", erläuterte Scherzer. Insgesamt liege der Anteil der Werbeerlöse bei der Publikumspresse, also bei Zeitschriften mit sehr breiter Leserschaft, inzwischen bei unter 25 Prozent. Vor zehn Jahren seien es noch bis zu 50 Prozent gewesen.

Zeitschriften als Vertrauensanker

Die Verlagsbranche hat mehr als 5.600 Fachzeitschriften und mehr als 1.600 Publikumszeitschriften im Portfolio. Deutschland hat nach VDZ-Angaben die vielfältigste Zeitschriftenlandschaft weltweit mit der größten Ausdifferenzierung. Wachsende Bereiche seien unter anderem die Themen Entschleunigung, Genuss und Gesundheit, Besser Leben, Mobilität und Ernährung. Zu den Trends zählt Scherzer auch, dass Zeitschriften sich noch stärker als Vertrauensanker in der Gesellschaft etablieren könnten. Auch dafür seien Audio und Social Media, also Podcasts und Kanäle wie Instagram und TikTok, mittlerweile unabdingbar - gerade, um jüngere Zielgruppen zu erreichen und an die Marken zu binden. (dpa/rs)

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