Experten über Nutzen und Probleme
Zweifel an BYOD-Strategien
Gartner-Analystin Annette Zimmermann nennt lieber keine konkreten Zahlen zu BYOD: "Wir sehen einen starken Trend, und das nicht nur in einer kleinen Nische für Knowledge-Worker", bestätigt die Spezialistin für Consumer-Technologie jedoch. Unbestritten ist laut Prognose von Gartner aber der allgemeine Durchbruch zur Mobility. So erwartet das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen, dass 2014 bis zu 60 Prozent aller Knowledge-Worker-Inhalte auf einem mobilen Gerät aufgerufen werden. Wie viel davon privat angeschaffte oder privat genutzte Firmengeräte sein werden, steht allerdings in den Sternen.
"Einen Königsweg für BYOD gibt es nicht", erläutert Fraunhofer-Projektleiter Wolters. Seinen Beobachtungen zufolge werden Unternehmen oft von falschen oder zu hohen Erwartungen enttäuscht, wenn sie beispielsweise BYOD nur mit einer technischen Lösung für das Mobile Device Management (MDM) adressieren. Ein methodischer Ansatz berücksichtige nicht nur Struktur und Kultur des Unternehmens, sondern auch die Aufgaben und Rollen der einzelnen Mitarbeiter. Zudem sei nicht absehbar, welche Geräte die Zukunft mit sich bringen wird - ein T-Shirt mit Betriebssystem oder einen implantierten Chip? "Die vielen Unbekannten in der Gleichung machen es daher unrealistisch, mittelfristig nur noch auf vorgegebene Arbeitsmittel des Unternehmens zu setzen", so Wolters.
"Vorherrschendes Thema ist die Individualisierung, und das muss die IT in den Griff kriegen", fordert auch Nicole Dufft, Senior Vice President bei Pierre Audoin Consultants (PAC). Dabei gehe es weniger um die Frage, ob ein privates Gerät mitgebracht wird, sondern vielmehr darum, wie die IT unterschiedliche Geräte unterstützt und die Vorlieben der Mitarbeiter für verschiedene Anwendungen berücksichtigt. "Wir leben in einer Zeit der Akkumulation", sagt Dufft, in der jeder Mensch unterschiedliche Geräte und Apps sammelt. "Weder von der Sicherheit noch von der Effektivität her ist das zufriedenstellend."
Roehns Wette - Alle sorgen für ihre eigenen Arbeitsmittel
"Ich wette, dass in zehn Jahren 80 Prozent der Menschen in Deutschland ihr privates IT-Equipment – zum Beispiel iPads und Smartphones – in den Firmen, in denen sie arbeiten, nutzen", schreibt Steffen Roehn, Ex-CIO der Telekom, im CIO-Jahrbuch 2012. Mit seiner Prognose zu Bring Your Own Device (BYOD) begibt sich Steffen Roehn (Foto) auf dünnes Eis - zum Zeitpunkt der Wette vor rund einem Jahr war das Tauwetter allerdings noch nicht absehbar. Damals wollten viele Mitarbeiter ihr privates Smartphone auch für das Unternehmen nutzen, da die betrieblich zugelassenen Geräte oft wenig ansprechend waren. Inzwischen hat sich die Situation aber verändert, wie eine aktuelle Umfrage von IDC belegt. Demnach haben rund 90 Prozent der Unternehmen spätestens in zwölf Monaten eine Mobility-Strategie verabschiedet. Folglich rechnen viele der Befragten damit, dass sie künftig vermehrt Geräte ihres Arbeitgebers nutzen werden. Am Beispiel BYOD zeigt sich, welchen Zyklen die IT unterworfen ist. So werden Phasen der Standardisierung und Konsolidierung abgelöst durch einen neuen Wildwuchs an unerwarteter Stelle. Und das, was heute noch als ungeschriebenes Gesetz gilt, ist morgen schon eine Belastung für das Miteinander. Daher könnte Ex-CIO Roehn auch recht haben mit seiner Wette - niemand kann schließlich abschätzen, welche elektronischen Geräte die Mitarbeiter des Jahres 2021 an der IT-Organisation vorbei in ihre Firma einschleppen werden. |