Von Kleinfeld bis zum Saft-Blog
Blogs als Minenfeld - Wenn der Chef Tagebuch schreibt
Ein Weblog ist ein Minenfeld. So oder ähnlich denken wohl zahlreiche Unternehmensberater über die Tagebücher im Internet - und raten ihren Kunden davon ab, ein Blog zu führen. Denn warum, um Himmels willen, sollte eine Firma freiwillig Details aus dem Unternehmensalltag ausplaudern? Wieso sollte sie den Schutzschild traditioneller Werbeformen aus freien Stücken fallen lassen und sich den Kommentaren weitgehend anonymer Leser ausliefern?
Wenn obendrein der Chef höchstpersönlich bloggt, kommt das nach Meinung einiger Experten PR-Kamikaze gleich. Denn schließlich ist im Blog die eigene Meinung gefragt, wodurch sich der Boss dem Beschuss durch die Öffentlichkeit aussetzt. Ein prominenter Fall gibt den Blog-Kritikern auf den ersten Blick recht: Das Internet-Tagebuch von Ex-Siemens-Chef Klaus Kleinfeld lief im vergangenen Jahr aus dem Ruder, weil Mitarbeiter ihn für harsche Kritik an der Chefetage nutzten. Grund für den Aufruhr in dem Dax-Konzern war eine Gehaltserhöhung von 30 Prozent, die sich der Siemens-Vorstand genehmigt hatte.
"Ich frage mich schon lange, wohin Leute wie Sie unsere Gesellschaft treiben", ärgerte sich etwa ein Mitarbeiter über Kleinfeld. Das Pikante an den kritischen Äußerungen: Sie wurden wie das Blog im Intranet von Siemens veröffentlicht und sollten nicht ins Internet und somit an die breite Öffentlichkeit gelangen. Das war der Plan. Die Welle der Empörung war allerdings so hoch, dass sie über die Firmengrenzen hinwegschwappte. Die Einträge wurden den MedienMedien zugespielt und für alle Welt lesbar; außerhalb der Intranet-Mauern richteten sie einen erheblichen Image-Schaden an. Top-Firmen der Branche Medien
"Das Problem des Kleinfeld-Blogs war, dass er nicht vernünftig moderiert wurde", meint der auf Weblogs spezialisierte Kommunikationsberater Klaus Eck. Dem Tagebuch des ehemaligen Siemens-Chefs fehlte es demnach an Kommunikationsbereitschaft. Was paradox klingt, ist bei CEO-Blogs ein weitverbreitetes Phänomen: "Für die Mitarbeiter gab es keinen anderen Kanal, ihrem Ärger über die Vorstandsgehälter Luft zu machen", erklärt Eck. Also thematisierten sie die Gehaltserhöhungen im Intranet, wo ihr Chef sie ursprünglich dazu aufgerufen hatte, zum Thema Kundenzufriedenheit zu kommentieren.