Die Cloud-Strategie
Wie Microsoft-Chefdenker Ray Ozzie gegen Google und Co. kämpft
"Komplexität bringt uns um"
Den Respekt bei Microsoft hat sich Ozzie mit einer gnadenlosen Abrechnung erarbeitet, die er nur wenige Monate nach seinem Einstieg präsentierte. Schnell hatte er festgestellt: Die Windows-Mannschaft, das Office-Team, die Xbox-Gruppe, alle werkelten sie an der jeweils neuen Version ihres Produkts - und daran, dass durch dessen Upgrade alles komplizierter wurde. Eine Strategie, wie etwa Windows auch im Internet und auf allen Endgeräten funktionieren könnte, wie die Kunden ihre Anwendungen immer und überall abrufen könnten, die hatte 2005 niemand parat.
Diese für Microsoft wohl unerträgliche Leichtigkeit machte AppleApple 2007 mit dem iPhoneiPhone vor. "Bei Microsoft mangelte es an dem Bewusstsein, wie dringend Veränderungen nötig waren", sagt Ozzie. "Ich musste einen Weckruf senden." Alles zu Apple auf CIO.de Alles zu iPhone auf CIO.de
Und das tat er. In einer konzertierten Aktion mit Bill Gates verfasste er ein Memo, das zunächst an die hundert wichtigsten Entscheider ging - der übliche Weg, sich bei Microsoft Gehör zu verschaffen. Der Titel: "The Internet Services Disruption", die Internet-Dienstleistungs-Zerrüttung. "Eine Reihe sehr starker und entschlossener Wettbewerber ist wie ein Laser auf Internetangebote und -software" fokussiert, hieß es darin. Umkehrschluss: Microsoft ist es nicht. "Komplexität bringt uns um, saugt die Kreativität aus den Entwicklern, macht es schwer, Produkte zu planen, zu testen und auf den Markt zu bringen", warnte Ozzie.
Technik einfach gemacht - schon als Kind wollte Ray Ozzie verstehen, wie das eigentlich funktioniert. Sein Lieblingsspielzeug war der Elektrobaukasten. "Bei uns im Kinderzimmer lief immer irgendein Projekt ab", sagt sein fünf Jahre jüngerer Bruder Jack. Beim Studium der Informationstechnik an der Universität von Illinois entdeckte Ray zum Sound seiner Lieblingssongs von Frank Zappa auch einen Baukasten für Erwachsene: das Hausnetzwerk Plato, einen Vorläufer des heutigen Internets. Er heuerte als Programmierer an. "E-Mail, Chat, die hatten alles schon untereinander. Das war 1974", sagt der Bruder. Das beeindruckte. So sehr, dass Jack dem großen Bruder seither immer folgt - bis zu Microsoft, wo er in Rays Team arbeitet.
Geschick hat Ozzie auch als Unternehmer bewiesen. Die Rechte an Notes behielt eine Firma, die Ozzie eigens dafür gründete: Iris Associates. Lotus kaufte Iris 1994 für rund 90 Millionen Dollar, ein Jahr später griff IBMIBM bei Lotus Notes zu und zahlte 3,5 Milliarden Dollar. Nach zweijährigem Intermezzo im Großkonzern IBM gründete Ozzie dann sein zweites Start-up, Groove Networks. Alles zu IBM auf CIO.de