IT-Strategien
Aktion statt Reaktion
Böse Überraschungen
Strategische Vorgaben sollten alltagstauglich, keinesfalls nebulös sein. Doch ihre Formulierung sorgt offenbar für Kopfschmerzen. Auf die Frage, ob sie ihre Strategie in wenige, griffige Sätzen fassen könne, antwortete Gisela Wörner, CIO von Eon: "Die IT-Strategie kann nur mittel- bis langfristig sein, sonst ist es keine; sie muss einen Mehrwert für das Unternehmen leisten. Unsere Strategie ist darauf ausgerichtet, eine Balance zwischen Effizienz- und Effektivitätssteigerung zu finden. Dies ist mit Maßnahmen zur KonsolidierungKonsolidierung, Harmonisierung und StandardisierungStandardisierung von IT-Systemen und Organisationen verbunden, aber auch mit der Förderung der Innovationsfähigkeit des Konzerns." Bei BMW-CIO Maidl hört sich das so an: "Die IT der BMW Group hat sich das Ziel gesetzt, für das Unternehmen in seiner Gesamtheit den optimalen Wertbeitrag zu erbringen. Damit erreicht die IT bezüglich ihrer Effektivität eine Spitzenposition und orientiert sich bezüglich der Effizienz an der Best Practice der IT." Fraglich bleibt, ob damit auch allen Mitarbeitern klar ist, wohin die Reise geht.
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Zwar soll eine Strategie gut zu erfassen sein, aber als Handbuch für den Alltag kann sie nicht dienen. "Zu einer guten Strategie gehört, dass man sie nicht bei jedem unvorhergesehenen Ereignis umwerfen muss", konstatiert Bernd Voigt, bis vor kurzem CIO der Deutschen Lufthansa, nun Geschäftsführer der Lufthansa Systems Infratec. Spätestens seit dem 11. September 2001 verfügt er über Erfahrungen in dieser Hinsicht. "Große Vorhaben stehen derzeit nicht auf dem Plan. Stattdessen ist Konsolidierung angesagt." Die Angst vor weiteren Attentaten habe jedoch nicht dazu geführt, dass die Airline ihre IT-Strategie umschreiben musste. Voigt: "Sie steht für drei Jahre, so lange wie die operative Konzernplanung. Wir halten im Wesentlichen an unseren Zielen fest." Auch das IT-Budget sei mit 635 Millionen Euro stabil geblieben.
Für eine Strategie ist es entscheidend, welchen Stellenwert die IT in einem Unternehmen hat. Die Meta Group unterscheidet drei Abhängigkeitsstufen: IT-Organisationen, die die Geschäftstätigkeit lediglich unterstützten, seien normalerweise reine Cost-Center und nicht ausreichend autonom, um eine eigene IT-Strategie zu definieren. Agiere die IT-Organisation dagegen als Profit-Center, also wie ein Unternehmen im Unternehmen, sei es sinnvoll, die IT- aus der Unternehmensstrategie abzuleiten. Als Kerngeschäft schließlich, beispielsweise in Finanz- und Versicherungsunternehmen, müsse die IT direkt zur Unternehmensstrategie gerechnet werden. Eine separate Planung für die Informationsverarbeitung, so die Meta Group, könne in diesem Fall zu einer unvollständigen Synchronisation der beiden - sich dann möglicherweise widersprechenden - Strategien führen.
Zu den Branchen, in denen die IT eine tragende Rolle spielt, gehört die Logistik. Thomas Engel, CIO von Kühne & Nagel in der Schweiz, entwickelt seine Strategie - bei jährlichem Abgleich - für drei Jahre. Als Vorstandsmitglied kann er die Gesamtstrategie aktiv mitgestalten; wenn es erforderlich sei, würden aus der IT heraus neue Geschäftsfelder erschlossen. IT- und Geschäftsstrategie, so Engel, seien eng verzahnt und beeinflussten sich wechselseitig. In einem "Steering Committee" würden die IT-Entscheidungen vorbereitet. Für die Spedition mit 600 Niederlassungen in 98 Ländern hat der Draht zum Kunden oberste Priorität. IT-Projekte müssen sich nach spätestens sechs Monaten auszuzahlen beginnen. Akzeptanzprobleme kennt Engel nicht. "Der Wertbeitrag der IT ist bei uns anerkannt."
Transparenz durch Kennzahlen
Das ist keinesfalls selbstverständlich; häufig hapert es am Verständnis dafür, auf welche Weise sich Investitionen in Hardware, Software und Netze rechnen. Laut einer IDC-Studie kann nur jedes dritte Großunternehmen in Deutschland interne Kosten verursachungsgerecht zuordnen. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen würden stattdessen relativ ungenaue Gemeinkostenschlüssel verwenden, 26 Prozent Service Level Agreements. Dabei wollen die CEOs gerade jetzt genau wissen, welchen Nutzen das in die IT gesteckte Kapital bringt. Das Stigma, lediglich Kostenverursacher zu sein, lässt sich jedoch nur mit einem operativen und strategischen IT-Controlling und einem stimmigen Value-Management abschütteln. Erst Transparenz durch Kennzahlen erlaubt es, die IT-Leistungen zum Unternehmenserfolg in Beziehung zu setzen. Praktiker wie Günter Köster, CIO von Dynamit Nobel, wissen das. Seine Devise: "Was sich nicht messen lässt, kann nicht verbessert werden."