Kontroverse Leser-Diskussion
Bei Green-IT rot sehen
Die letzte Seite des vorigen Heftes kam so harmlos daher: Gisela Wörner hatte nur Norbert Walter zitiert, der als Chefvolkswirt der Deutschen Bank auf drei unschöne Eigenschaften der IT verwies:
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Die IT-Branche ist weltweit für zwei Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Dies entspricht den Emissionen in der Luftfahrt.
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In britischen Haushalten verbrauchen IT- und Kommunikationsgeräte mittlerweile doppelt so viel Strom wie noch vor fünf Jahren. Bis 2020 werden sie rund die Hälfte des gesamten Stroms in einem Privathaushalt verbrauchen.
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Die Ausgaben für Energie steigen in Rechenzentren achtmal schneller als die Ausgaben für Hardware.
Steffen Böhm, T-Systems |
"Ich finde diesen Artikel aufmerksamkeitsheischend, unnötig und dazu noch logisch falsch. Dass der Energiebedarf von IT insgesamt steigt, zeigt lediglich die Bedeutung von IT in der Geschäfts- und Konsumentenwelt. Green IT bezieht sich als Quasi-Label nicht auf die IT gesamt, sondern auf Produkte, die energie- und ressourcenschonend sind. Dass die Geräte "green it"-gelabelt werden, ist dann korrekt, wenn sie einen geringeren Energiebedarf als Vorgängergenerationen haben, und das tun sie ja." |
Wörner zieht aus diesen Fakten folgenden Schluss: "IT wird nie grün. Das liegt in der Natur der Sache." Diese deutlichen Worte finden unter den Anwendern zwar Anklang. Allerdings halten nicht nur IT-Lieferanten diese Sichtweise für überzogen. Auch Thorsten Ecke, amtierender CIO von E.ON, distanziert sich vehement vom Urteil seiner Vorgängerin (siehe Zitat). Er verweist darauf, dass Frau Wörner das Unternehmen vor fünf Jahren verlassen habe, und befürchtet, dass ihre Sichtweise trotzdem noch negativ auf sein Unternehmen zurückfallen könne, womit er wahrscheinlich nicht ganz unrecht hat (siehe Zitat Tüchelmann).
Torsten Ecke, CIO von E.ON |
"Ich möchte an dieser Stelle deutlich klarstellen, dass diese Aussagen in klarem Widerspruch zur IT-Strategie von E.ON stehen - Green IT ist definitiv ein wichtiges Thema für uns, und die Polemik von Frau Wörner ist diesem Thema keineswegs angemessen." |
Die Redaktion des CIO-Magazins vertritt die Ansicht, dass es Green IT genauso wenig gibt wie umweltfreundliche Autos - also streng genommen natürlich gar nicht. Trotzdem kann es sinnvoll sein, "Grüne IT" als Begriff zu nutzen, um einer neuen Strömung auf dem IT-Markt Ausdruck zu verleihen. Problem derartiger Etiketten ist allerdings ihre Halbwertszeit. "Green IT" eignet sich auf unserer Website cio.de bereits nicht mehr dazu, Leser für einen Artikel zu gewinnen. Innerhalb der vergangenen zwei Jahre ist der Begriff derart verwässert worden, dass die Leser kaum noch konkreten Nutzwert hinter dem Label vermuten.
Ariane Tüchelmann, Merck |
"Es verwundert nicht wirklich, dass jemand von einem Versorgerunternehmen wie E.ON nicht viel von Green IT hält." |