Karrierewege von CIOs
Beschleunigt der Doktortitel die Karriere?
"Die Wirtschaft ist auf Promotionen in der Informatik angewiesen"
Viele Informatiker möchten am Lehrstuhl für Software and Systems Engineering von Manfred Broy an der Technischen Universität München promovieren. Für wen sich eine Doktorarbeit lohnt und was der Informatikprofessor von Bewerbern erwartet, erklärt er im CW-Gespräch mit Ingrid Weidner*.
Braucht ein Softwareentwickler einen Doktortitel, um in einem Unternehmen erfolgreich zu arbeiten, oder reicht ein Master vollkommen aus?
Manfred Broy : Die Wirtschaft ist ganz dringend auf Promotionen in der Informatik angewiesen, denn die Bedeutung von Software nimmt immer noch zu, ebenso die Qualitätsanforderungen. Wenn Software in unternehmenskritischen oder technischen Anwendungen nicht fehlerfrei funktioniert, steigt auch das Risiko. Deshalb brauchen wir eine stärkere wissenschaftliche Durchdringung - dies leisten Dissertationen.
Gleichzeitig ist der Innovationsdruck groß. Bleibt in den Firmen noch genügend Zeit für durchdachte Entwicklungen?
Natürlich herrscht in vielen Unternehmen ein großer ökonomischer Druck. Das führt oft dazu, dass Softwareprobleme schnell und oberflächlich gelöst werden, ohne die dahinter liegenden Probleme wirklich zu verstehen. Doch Software hat eine strategische Bedeutung für Unternehmen, deshalb birgt Oberflächlichkeit auch eine große Gefahr.
Ihr Lehrstuhl für Software and Systems Engineering zählt zu den größten in Europa. Wie viele Doktoranden beschäftigen Sie?
Am Lehrstuhl forschen etwa 25 Doktoranden, die als wissenschaftliche Mitarbeiter angestellt sind. Hinzu kommen rund 15 Externe, die über sogenannte An-Institute mit meinem Lehrstuhl verbunden sind. Außerdem promovieren noch einige Kandidaten, die ein Industriestipendium haben.
Interessieren sich in Zeiten von Bachelor und Master noch genügend Informatiker für eine Promotion?
Wir lehnen pro Woche zwei bis drei Bewerber ab, weil wir sowieso schon mit der Zahl unserer Doktoranden am Limit sind. Viele Bewerber kommen aus dem außereuropäischen Ausland, manchmal ist es dann auch schwierig, den Ausbildungshintergrund abzuklären.
Nach welchen Kriterien wählen Sie aus?
Für mich ist die Motivation des Bewerbers ganz wichtig und die Frage, ob jemand bereit ist, in die wissenschaftliche Tiefe zu gehen und ein Thema gründlich zu durchdenken. Solche Fragen kommen im späteren Arbeitsalltag oft zu kurz. Ich frage auch sehr genau nach, ob die Bewerberin oder der Bewerber wirklich an einer wissenschaftlichen Arbeit interessiert ist oder die Doktorarbeit nur wegen einer späteren Karriere anstrebt. Außerdem ist mir Teamfähigkeit wichtig sowie selbständiges Arbeiten, denn an so einem großen Lehrstuhl wie meinem kann ich nicht jeden Arbeitsschritt kontrollieren. Natürlich achte ich besonders auf die intellektuellen Fähigkeiten, die sich nicht nur an den Noten ablesen lassen.
Wie lange dauert an Ihrem Lehrstuhl eine Promotion, und welche weiteren Qualifikationen erwerben die Doktoranden?
Durchschnittlich dauert eine Doktorarbeit vier Jahre. In dieser Zeit entwickeln sich die Doktoranden auch persönlich weiter, sammeln Management-Erfahrung und verbessern ihre Soft Skills. Viele Promovierte verfügen über mehr Ehrgeiz, eine höhere Motivation und sind leistungsstärker. Deshalb ist es wohl kein Zufall, dass sich in den oberen Führungsebenen viele Leute mit Doktortitel finden.
Wie schätzen Sie die Berufsaussichten Ihrer Absolventen mit Doktortitel ein?
Viele Promovierte würde ich gerne noch eine Weile als Post-Doc am Lehrstuhl halten, doch die meisten wechseln sehr schnell in die Industrie. Da gerade in der Softwareentwicklung viele Forschungsergebnisse über die Personen in die Unternehmen kommen, die über dieses Wissen verfügen, weiß ich diesen Effekt aber durchaus zu schätzen. Wir versuchen, Führungspersönlichkeiten auszubilden, die über exzellentes Wissen in der Softwareentwicklung verfügen.
*Ingrid Weidner ist freie Journalistin in München.