Digitalisierung
Bezahlter Angriff auf die Wertschöpfungskette
"Autark arbeiten lassen"
Sie suchen bewusst den Kontakt zu Vor- und Querdenkern. Warum haben Sie sich bei kloeckner.i vor allem mit dem Berliner Company Builder etventure zusammengetan?
Gisbert Rühl: Wir brauchen Leute, die nicht nur Theorien entwerfen, sondern aktiv mitarbeiten. Das etventure-Team hat zur Vorbereitung auf unser erstes Treffen unsere potenziellen Kunden angerufen, anstatt irgendwelche Präsentationen zu erstellen. Das hatte ich in dieser Form noch nicht erlebt.
Wie eigenständig dürfen oder müssen kloeckner.i und Ihr neuester Coup, kloeckner.v, eigentlich arbeiten?
Gisbert Rühl: Bei kloeckner.i ist eine enge Kooperation mit den anderen Unternehmensbereichen erforderlich, schließlich sollen die Prozesse entlang der bestehenden Liefer- und Leistungskette digitalisiert werden. Beispielsweise sitzt der Leiter unserer IT, Michael Hilzinger, in der Geschäftsführung von kloeckner.i. Das ist schon deshalb notwendig, weil die Applikationen, die dort entstehen, den Zugriff auf unser Kern-SAP-System brauchen. Und man muss schon dafür sorgen, dass die beiden Bereiche nicht aneinander vorbei arbeiten.
Bei kloeckner.v sollen hingegen disruptive Veränderungen des bestehenden Geschäftsmodells entwickelt werden. Dafür muss man die handelnden Personen weitestgehend autark arbeiten lassen. Im Gegensatz zum Wettbewerb wird kloeckner.v aber von uns mit allen relevanten Informationen versorgt.
Das heißt, Sie kanibalisieren sich selbst.
Gisbert Rühl: Ja, aber unter unserer Kontrolle. Wir wollen nicht so lange warten, bis einer kommt und das einfach macht. Deshalb bezahlen wir bewusst Leute dafür, unsere Wertschöpfungskette anzugreifen.
Was lassen Sie sich den Spaß kosten?
Gisbert Rühl: In diesem Jahr hat kloeckner.v rund zehn Millionen Euro zur Verfügung. Aber die arbeiten auch mit etablierten Venture-Capital-Firmen zusammen.
Im vergangenen Jahr hat Klöckner seinen Aktionären nach drei Jahren wieder eine Dividende ausgezahlt. Inwiefern lässt sich die Profitabilität auf Ihre Anstrengungen in Sachen Digitalisierung zurückführen?
Gisbert Rühl: Die Profitabilitätssteigerung im abgelaufenen Geschäftsjahr war noch weitestgehend anderen Initiativen geschuldet - im Wesentlichen den nachlaufenden Effekten aus unserem abgeschlossenen Restrukturierungsprogramm und ersten Beiträgen aus zusätzlichen Optimierungsmaßnahmen. (sh)
- Zehn Thesen zur Digitalisierung
In Zusammenarbeit mit dem IT-Dienstleister Dimension Data hat Crisp Research Ende letzten Jahres die unabhängige Studie "Digital Business Readiness" umgesetzt. Ziel war es, ein Stimmungsbild deutscher Unternehmen zum aktuellen Stand ihrer digitalen Transformation zu zeichnen. Hier finden Sie Zehn Thesen, die sich aus dieser Studie ableiten lassen - 1. Die digitale Transformation ist bereits in vollem Gange ...
... und hat mittlerweile sämtliche Branchen mehr oder minder fest im Griff. Dennoch steht die Wirtschaft noch am Anfang eines langen Transformationsprozesses. - 2. Die digitale Transformation wird die Unternehmen ...
... in den kommenden Jahren in Gewinner und Verlierer spalten. - 3. Das Gros der deutschen Unternehmen hat erkannt, ...
... welche weitreichenden Implikationen der digitale Umbruch nach sich zieht. Die absolute Mehrheit sieht sich gut bis sehr gut dafür aufgestellt. Allerdings haben nur 42 Prozent bislang eine funktionierende Digitalstrategie. - 4. 39 Prozent der befragten Unternehmen sehen sich als Profiteure ...
... und Gestalter des digitalen Wandels. 61 Prozent bezeichnen sich als Mitläufer und Skeptiker. - 5. Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen Digital Excellence ...
... und der erfolgreichen Implementierung einer Digitalstrategie. So haben bereits zwei Drittel (67 Prozent) der Digital Champions (Profiteure und aktive Gestalter) ihre Strategie erfolgreich implementiert und mit der Umsetzung in die Praxis begonnen. - 6. Die IT-Abteilungen sind die entscheidenden Akteure, ...
... wenn es gilt, die Strategie zu entwerfen und die Aktivitäten im Prozess der digitalen Transformation zu steuern und umzusetzen. Allerdings wirkt das Thema weit über die Grenzen der IT-Abteilung hinaus. - 7. Die Kunden sind Treiber der digitalen Transformation.
Von ihnen gehen die Veränderungen aus. - 8. Das Rechenzentrum ist das Epizentrum der Digitalisierung.
Für mehr als zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) ist es die alles entscheidende Basis der Digitalisierung. - 9. Für eine zukunftssichere Infrastruktur ...
... sind Investitionen nötig, die über das Rechenzentrum hinausgehen. - 10. Mehr als 80 Prozent der Unternehmen glauben, ...
... dass sie für eine konsequente Umsetzung der digitalen Transformation professionelle Partner brauchen. Diese sollten eine hohe Kompetenz bei der IT-Integration sowie umfangreiches Prozess- und Branchen-Know-how mitbringen.