Kostenfalle Girokonto
BGH stoppt explodierende Überziehungsgebühren
Ob Gehalt, Miete oder Handyvertrag: Über das Girokonto laufen heute so gut wie alle regelmäßigen Zahlungen. Vorsicht ist allerdings angebracht, wenn dieser Service selbst eine Menge Geld kostet. Die Konditionen mancher Banken lassen Verbraucherschützer hellhörig werden - zum Beispiel unverhältnismäßig hohe Gebühren für die Kontoüberziehung. Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) waren sie am Dienstag mit zwei Klagen erfolgreich.
Wie ist das gleich noch mal mit dem Kontoüberziehen?
Mit dem Dispokredit räumen Banken vielen Kunden die Möglichkeit ein, weiter Geld auszugeben, obwohl gar nichts mehr auf dem Girokonto ist. Das ist praktisch, wenn einmal kurzfristig eine größere Anschaffung ansteht. Wie bei einem normalen Kredit werden dafür aber auch teils recht hohe Zinsen fällig. Nach einer Untersuchung der Stiftung Warentest lagen die durchschnittlichen Dispozinsen zum 1. Juli bei 9,91 Prozent. Der Spitzenreiter im Ranking verlangte 13,75 Prozent. Für den "Dispo" ist üblicherweise eine Obergrenze vereinbart, zum Beispiel 1000 Euro. Gestattet die Bank dem Kunden, auch diesen Rahmen zu überschreiten, spricht man von einer geduldeten Überziehung.
Was rief die Verbraucherschützer auf den Plan?
Sie raten generell von der Überziehung ab, weil dafür oft noch höhere Zinsen zu zahlen sind. Besondere Sorge bereitete ihnen aber, dass erste Banken bei der kleinsten Überziehung eine Mindestpauschale verlangten. Bei der Deutschen Bank waren es im August 2012 zum Beispiel 6,90 Euro. Der reguläre Zinssatz von 16,5 Prozent sollte immer dann greifen, wenn die 6,90 Euro überschritten waren. Damit kommen vor allem solche Kunden ausgesprochen schlecht weg, die ihr Konto nur an einem einzigen Tag um wenige Cent überziehen.
Was haben die Karlsruher Richter entschieden?
Dass die Banken über solche Klauseln ihren Aufwand für den Kredit unterschiedslos auf die Kunden abwälzen - was unzulässig ist. Mit dem Urteil sind die Mindestpauschalen in Deutschland verboten. Den Banken bleibt nur, ihre Kosten künftig bei den Zinsen mit einzupreisen. Die Verbraucherzentralen hatten neben der Deutschen Bank auch die Targobank verklagt. Beide Häuser kündigten umgehend an, daraus Konsequenzen zu ziehen und die Entgelte nicht mehr zu kassieren.
Gibt es auch einen Schutz vor zu hohen Dispozinsen?
Da hilft nur eines: sich informieren und vergleichen. Seit März verpflichtet ein neues Gesetz die Banken, die aktuellen Zinssätze gut sichtbar auf ihre Internetseite zu stellen. Für noch mehr Transparenz soll das Zahlungskontengesetz sorgen. Vorgesehen ist, dass die Kunden vorab eine Übersicht über alle Kontogebühren bekommen müssen. Eine Jahresabrechnung soll helfen, die tatsächlich anfallenden Kosten im Blick zu behalten. Außerdem sollen EU-weite Vergleichsportale im Internet entstehen. Dafür braucht es aber noch Abstimmung in der EU. Bereits seit September ist es einfacher, das Girokonto zu wechseln: Für die lückenlose Übertragung aller Daueraufträge, Lastschriften und Geschäftsbeziehungen ist seither die neue Bank verantwortlich.
Sind damit die Probleme gelöst?
Bankenexperte Frank-Christian Pauli vom Verbraucherzentrale Bundesverband sieht mit gemischten Gefühlen, dass immer mehr Banken die Kosten für die Kontoführung nicht mehr pauschal in Rechnung stellen, sondern in viele Einzelpositionen aufsplitten. Das Konto selbst wird also vielleicht billiger - dafür kostet es jedes Mal extra, Geld zu überweisen, Lastschriften oder einen Dauerauftrag einzurichten. Je nach individueller Nutzung mag das für manche Kunden vorteilhaft sein. "Es macht es aber schwierig zu erkennen, wie teuer das Konto tatsächlich kommt", sagt Pauli. Er bedauert vor allem, dass damit der Konkurrenzdruck bei den Dispozinsen schwindet. Denn in solchen Preismodellen sind sie nur noch ein Kostenpunkt unter vielen. (dpa/ib)