SOFTWARE-PATENTE
Der Berg kreißt - die Maus ist da
Der Richtlinienvorschlag schließt Patente auf Geschäftsmethoden aus. Die Merkmale einer Erfindung werden unterschiedlich gewichtet, erläutert Axel Horns, Patentanwalt in München: "Nicht-technische Merkmale entfallen jetzt bei der Patentprüfung". In einem Zusatzpapier erläutert die Kommission die Folgen der unterschiedlichen Gewichtung am Beispiel des berühmt gewordenen "1-Click-Patents" von AmazonAmazon (US-Patent 5,960,411). Es sei unwahrscheinlich, dass nach dem neuen Vorschlag dem Patent ein "technischer Beitrag" zuerkannt würde. Das Patent würde demnach nicht erteilt werden. Trotz der scheinbaren Klarheit in diesem Einzelfall, sieht Horns durch die Richtlinie keine Rechtssicherheit gegeben. Nach wie vor fehle eine Definition des Technikbegriffs, für die einzelnen Entwickler ändere sich nichts und die Problematik der Open SourceOpen Source Software werde ausgeklammert. Alles zu Amazon auf CIO.de Alles zu Open Source auf CIO.de
Horns Kritikpunkte wurden in Deutschland bereits intensiv diskutiert. Nach einer Studie von Fraunhofer Gesellschaft und Max-Planck-Institut lehnen freie Entwickler das Patentwesen vielfach rundweg ab. Als besonders problematisch erweist sich hier die Open Source Software, der sich viele freie Programmierer widmen. Kann ihnen zusätzlich zur freiwilligen Arbeit eine Patentrecherche abverlangt werden? Zudem befände sich Open Source ohnehin im Nachteil erläutert Horns: "Anhand des offen liegenden Codes könnte eine Patentverletzung in den Quellen nachgewiesen werden. Bei einem nur im Binärcode vorliegenden Programm wäre die notwendige Dekompilation nicht gestattet."
Unter den Lösungsvorschlägen der Studie findet sich die Empfehlung die Software-Bereiche zu trennen. Für Büroanwendungen wäre, im Gegensatz zu Steuer- und Regelungstechnik, kein Patentschutz erhältlich. Wolfgang Tauchert, Leiter der Abteilung Datenverarbeitung beim Deutschen Patentamt, reagiert mit Skepsis: "Wo wäre die Trennlinie zu ziehen, wenn eine Büroanwendung einen optimierten Festplattenzugriff implementiert?" Mit einer Sonderstellung der quelloffenen Software, wie ihn die Studie vorschlägt, könnte Tauchert sich hingegen anfreunden. Handlungen im privaten Bereich zu nicht gewerblichen und zu Versuchszwecken werden ohnehin vom Patentschutz nicht erfasst. Den Entwicklern, so Pilch, wäre damit jedoch nicht geholfen: "Es geht nicht um Open Source, sondern um Software."
Welche Standpunkte schließlich in die Richtlinie einfließen, ist noch nicht absehbar - ebenso wenig, wann sie Gesetz wird. Die Richtlinie wird in den Ausschüssen verhandelt, die Regierungen geben ihre Stellungnahmen ab und das europäische Parlament wird gehört, skizziert Hubertus Soquat, Referent für Informationstechnologie im Bundesministerium für Wirtschaft, den Weg. Er lässt jedoch keinen Zweifel an ihrer Notwendigkeit: "Wir befinden uns in einer Konkurrenzsituation. Klare, verständliche Rahmenbedingungen sind für die Europäer von Vorteil. Amerikaner und Japaner werden kaum auf uns warten."