Ein Selbstversuch
Der holprige Weg zum papierlosen Büro
Unsere Sekretärin sagt, mein Büro habe in den vergangenen drei Monaten seine Seele verloren. Neben dem Monitor liegen nur noch ein iPadiPad und ein Laptop, daneben eine Karaffe mit Wasser und eine Schale Obst. Sonst ist mein Schreibtisch leer. Alles zu iPad auf CIO.de
Die Seele meines Büros, das waren: Stapel aus Büchern und Magazinen; Berge aus Zetteln, Kostenstellenberichten, Textausrissen; Mappen voll loser zerknautschter und zerknitterter Rechnungen und Notizen. Und zwischen den Stapelschluchten leuchteten gelbe Zettel auf der Schreibtischplatte wie Taxis im Schatten der Wolkenkratzer auf den Straßen Manhattans.
Ich fand mich gut in dieser Stapel-Welt zurecht, sie hatte ihre Ordnung. Nur wenn ich unterwegs war und Aufzeichnungen aus einem meiner Notizbücher suchte, wenn ich einen Artikel mit einer bestimmten Zahl brauchte, dann kam ich da nicht dran und habe das Papier verflucht.
Ein Leben ohne Zettel
Doch ein Leben ohne Zettel, das schien mir ein unmögliches Leben. Schließlich bin ich Journalist und arbeite für ein Magazin. Papier ist mein Kerngeschäft. Das zettelfreie Büro, da war ich mir sicher, das ist eine dieser Ideen von Technik-Utopisten - so wie die Brille, die uns Gedanken anderer Menschen lesen lässt.
Ich war ein typischer Deutscher. Nur in wenigen Ländern verbrauchen die Menschen mehr Papier als bei uns, in Österreich, Belgien und Luxemburg. Mit rechnerisch 244 Kilogramm pro Kopf und Jahr liegen wir laut dem Verband Deutscher Papierfabriken sogar über dem Niveau der USA. 1985, vor dem Beginn der Internet-Ära, verbrauchten wir nur 177 Kilogramm. Während die Menge gedruckter Kataloge und Zeitungen mittlerweile sinkt, wächst der jährlich produzierte Berg an Kartonverpackungen und Hygienepapier.
Büropapier weist der Verband nicht gesondert aus. Doch es gibt Indizien dafür, dass die Digitalisierung zu immer mehr bedruckten und bekritzelten Seiten führt: Laut einer Studie der amerikanischen Association for Information and Image Management steigt bei einem Drittel aller Unternehmen der Papierverbrauch - teilweise drastisch. Andere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen.
Wir sind Papier-Junkies, und bis vor drei Monaten war ich einer von ihnen.
Doch nachdem ich mich wieder einmal darüber geärgert hatte, meine Notizen im Büro vergessen zu haben, beschloss ich, auf Entzug zu gehen. Ich dachte mir: Vielleicht haben wir die Sache mit dem papierlosen Büro einfach nicht richtig versucht.