IT-Chefs von Schenker, Hilti und Schaeffler
Die CIOs der Zukunft
Im Hotel taucht dann aber auch bei ihnen die gleiche Frage auf wie bei Petry. "Soll strategisch heißen, dass Sie sich nur noch auf dem Powerpoint-Level bewegen?", fragt Hall. Heißt es natürlich nicht. Folien und Ideen zu entwickeln gehört dazu, ist aber nur ein Teil der Arbeit. Mindestens ebenso viel Zeit investieren strategische CIOs für die Pflege der Beziehungen zu Kunden und Lieferanten außerhalb des Unternehmens. Hall und Schumann fällt dazu ein gutes Beispiel ein: Schenker hat soeben einen großen Online-Versandhändler als Kunden gewonnen. "In vier Wochen neue Label-Sites einrichten und die Scanner neu programmieren", stöhnt Hall. Auch Schumann findet die Aufgabe der Kundenpflege zwar spannend, aber sehr zeitaufwendig. "Ich bin neulich zu einem potenziellen Großkunden gefahren, um unsere IT-Lösung im Detail zu erläutern“, erklärt er. "Wenn ich zehn solche Deals persönlich betreuen müsste, wäre ich komplett ausgebucht."
Was im Schaubild des CIO Executive Councils ganz oben auf der To-do-Liste rangiert, um ein "Future State CIO" zu werden, reizt also nicht alle IT-Verantwortlichen - jedenfalls nicht, wenn es überhandnimmt. Schumann muss im Schenker-Vorstand ebenso über Investitionen in Flughafen-Terminals nachdenken wie über IT. Alles ganz spannend. Auch schön, als Peer ernst genommen zu werden. Aber das Funktionale oder das Transformative der IT ganz zurückschrauben? Danke, nein. Dazu haben weder Schumann noch Hall noch Petry Lust.
30 : 50 : 20
Auf 30 : 50 : 20 einigen sich die drei CIOs schließlich als die ideale Mischung für ein effektives und freudvolles Dasein an der Spitze der IT. 30 Prozent der Zeit für funktionale Aufgaben, 50 Prozent für das Transformative und 20 Prozent für das Strategische. In der Lobby des Nikko-Hotels in San Francisco herrscht freudige Einigkeit über die goldene Mischung, nachdem Petry und Schumann zuvor kontrovers auf die Frage nach dem rechten Maß an Zentralität in der IT geantwortet haben. Petry: "Ich wundere mich, dass Sie 40 Prozent zentralisiertes IT-Budget für ausreichend halten." Er selbst bevorzugt als Maschinenbauer 100 Prozent, was wiederum Schumann als Logistiker für unsinnig hält. Richtige IT-Strategie ist eben auch branchenabhängig.
30 : 50 : 20 - ein Verhältnis, das in Deutschland die wenigsten IT-Chefs erreicht haben. Selbst bei den Mitgliedern des CIO Executive Councils klafft immer noch eine Lücke zwischen dem, was sie tun möchten, und dem, was sie eigentlich tun. 80 Prozent von ihnen würden gerne weiter in Richtung "Future State CIO" marschieren, sprich: weg vom Funktionalen. Und sie sind überzeugt, dass ihre CEOs auch genau dies von ihnen erwarten. Nur zwölf Prozent der CIOs glauben, dass ihre CEOs sie in einer rein funktionalen Rolle sehen. 44 Prozent der CIOs schätzen, dass ihre CEOs von ihnen gerne strategischen Input bekommen würden.
Wo also liegt das Problem? Wenn die Vorstandsvorsitzenden genau das von den CIOs erwarten, was diese gern tun würden, warum tun sie es dann nicht? "Ich schätze, weil sie immer eingestellt werden, um auf-zuräumen", sagt Doris Hall, und Martin Petry nickt. Ein neuer CIO wird dann geholt, wenn es darum geht, Chaos zu beseitigen. Martha Heller, Präsidentin der Personalberatung Heller Search, nennt dieses Phänomen das CIO-Paradoxon: "Sie werden eingestellt, um strategisch zu wirken, und sie werden nichts anderes tun, als aufzuräumen." Heller muss es wissen: Sie verfolgt das Geschehen seit 20 Jahren, zunächst als Redakteurin des amerikanischen CIO-Magazins, später als Personalberaterin. Und seit 20 Jahren erzählt ihr jeder CIO: "Als ich hier angefangen habe, musste ich erst mal ein riesiges Chaos aufräumen."