Rechnungshof übt schwere Kritik
Digitalisierung im Gesundheitswesen wird zum Albtraum
Gematik-Gesellschafter schieben die Schuld auf die Industrie
Damit würden Kompetenzen, Zuständigkeiten und Finanzierung zwischen staatlichen Institutionen und der gemeinsamen Selbstverwaltung vermischt, was zu Intransparenz und unklaren Verantwortlichkeiten führe, hieß es von Seiten des Spitzenverbands der Krankenkassen. Schließlich habe es auch in den Jahren 2005 bis 2010, als das Gesundheitsministerium per Rechtsverordnung die alleinige Entscheidungsgewalt in der Gematik innehatte, auch keine Fortschritte hinsichtlich des Aufbaus der Telematikinfrastruktur gegeben.
Aus Sicht der Krankenkassen seien die Verzögerungen darauf zurückzuführen, dass die Industrie mit der Produktion der notwendigen Geräte nicht hinterherkomme. Auch eine mehrheitliche Übernahme durch das Ministerium werde kaum dazu führen, dass die Anbieter schneller arbeiteten. Probleme in der Arbeit der Gematik gebe es nicht. Mittlerweile stünden alle erforderlichen Komponenten für die Anbindung medizinischer Einrichtungen an die Telematikinfrastruktur zur Verfügung, versicherte im vergangenen Jahr Alexander Beyer, Geschäftsführer der Gematik. Aktuell würden alle Praxen und Krankenhäuser nach und nach angeschlossen.
Gematik glaubt sich im Plan
Allerdings bleibe noch viel zu tun, räumte Beyer damals ein. Man arbeite mit Hochdruck an den technischen und organisatorischen Standards für eine sichere, funktionale und praktikable elektronische Patientenakte. Hier liege die Gematik voll im Plan und werde noch 2018 ein Konzept präsentieren. Tatsächlich hat die Gematik kurz vor Weihnachten Vorgaben für die ePA veröffentlicht. Nun sei die Industrie gefragt, ihre Produkte zu entwickeln und deren Zulassung bei der Gematik zu beantragen, hieß es.
Insider argwöhnen indes, dass Kassen, Apotheken und Ärzten gar nicht daran gelegen sei, die Digitalisierung im hiesigen Gesundheitswesen voranzutreiben. Schließlich würden elektronische Gesundheitskarte und Patientenakte auch mehr Transparenz bedeuten. Versicherte erhielten Einblick, was Ärzte und Krankenhäuser abrechneten. Und das ist ein Milliardengeschäft. 2016 wurden hierzulande erstmals mehr als eine Milliarde Euro pro Tag für Gesundheit ausgegeben, meldete das Statistische Bundesamt vor einem Jahr. Für 2017 prognostizierten die Statistiker einen Anstieg der Kosten um 4,9 Prozent auf insgesamt 374,2 Milliarden Euro. Finanziert werden die Gesundheitsausgaben von Staat, Privathaushalten und Unternehmen.
Milliarden-Einsparungen wären möglich
Und es gibt durchaus Potenzial, die Kosten zu senken. Das GesundheitswesenGesundheitswesen in Deutschland werfe Milliarden zum Fenster hinaus, weil es mit der Digitalisierung nur im Schneckentempo vorankomme, kritisierten im Herbst 2018 Berater von McKinsey. Bis zu 34 Milliarden Euro könnten allein 2018 eingespart werden, wenn das deutsche Gesundheitswesen digitalisiert arbeiten würde, hatte eine Studie ergeben. Der größte Hebel liege bei den Leistungserbringern, den Ärzten und Krankenhäusern also (70 Prozent), der kleinere bei den Krankenkassen und sonstigen "Akteuren des Systems". Top-Firmen der Branche Gesundheit
"Deutschland diskutiert, unsere Nachbarn sind schon weiter", hieß es ein wenig hämisch in der Untersuchung; in Österreich etwa begleite die elektronische Gesundheitskarte die Bürger längst von Arzt zu Arzt und auch ins Krankenhaus. In Ländern wie Schweden, Dänemark, Estland und auch Italien verschickten Ärzte elektronische Rezepte an Patienten oder direkt an die Apotheke, die dann die Medikamente ausliefere. McKinsey riet den Akteuren im hiesigen Gesundheitswesen dringend, endlich die elektronische Gesundheitsakte und das E-Rezept einzuführen.