IT verbessert Prozesse kaum
Die Grenzen der IT-Industrialisierung
Die Krankenhäuser unterliegen weiterhin einem großen Rationalisierungsdruck, zusätzlich hervorgerufen in den letzten Jahren durch die Mehrwertsteuererhöhung, den Anstieg der Löhne und Gehälter und die Arbeitszeitregelung für Ärzte. Um diesen permanenten Kostenanstieg auszugleichen, müssen die Kliniken ihre Produktivität um ca. zwanzig Prozent steigern. Trotz des Rationalisierungsdrucks sollen die Patienten aber gute medizinische Leistungen und angemessene Pflege erhalten.
Viele Rationalisierungsmaßnahmen betreffen die peripheren Prozesse und Funktionen: So bilden zum Beispiel die fünf städtischen Kliniken in München inzwischen ein zentrales Lager, um die Stationen mit Standardartikeln zu versorgen. Labor, Apotheke, Patiententransport und Pathologie arbeiten als interne Dienstleister für alle Kliniken im Verbund. Auf diese Art optimieren die unterstützenden Abteilungen ihre Prozesse.
Vielfach wird die Informationstechnik (IT) herangezogen, um beispielsweise die Belegung der Betten zu planen oder die Auslastung der Operationssäle zu optimieren. Die Abrechnung der Leistungen nach DRG ist ohne IT-Applikationen nicht möglich. Die Kliniken sind außerdem verpflichtet, den Krankenkassen regelmäßig die Daten über Patienten, Krankheiten und Behandlungen zu übermitteln (festgelegt im Sozialgesetzbuch SGB V, § 301).
Die Krankheit des Patienten wird heute nach der International Classification of Deseases (ICD) kodiert, die Therapie ist im Operationen- und Prozeduren-Schlüssel (OPS) festgelegt. Aus ICD und OPS folgt die relevante DRG nach der deutschen Kodierrichtlinie (DKR), entsprechend der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) wird das Entgelt eines klinischen Falls berechnet. Die Klinik kann anhand des Entgelts und der entstandenen Kosten den Gewinn oder Verlust eines Falls berechnen. Während der Behandlung werden über Datenträgeraustausch (DTA) den Krankenversicherungen die Daten übermittelt, anhand derer die Krankenversicherung nach der Entlassung das Entgelt berechnet und an die Klinik bezahlt. In vielen Fällen kann die Klinik heute aber nicht sagen, ob der eine oder andere Fall Gewinn oder Verlust eingebracht hat, da die IT-Unterstützung noch nicht allgemein durchgesetzt ist. Nicht alle Krankenhäuser haben darüber hinaus eine Kostenträgerrechnung.
"Einen 100-prozentigen Volltreffer landet man mit keinem KIS ..."
Trotz der Notwendigkeit, IT-Systeme zur Prozessunterstützung einzusetzen, stehen viele Kliniken der IT häufig noch kritisch gegenüber. Dies zeigt sich zum Beispiel darin, wie Björn Bergh, CIO des Uniklinikums Heidelberg, die relativ weit verbreiteten Krankenhausinformationssystems (KIS) beurteilt:
"Einen 100-prozentigen Volltreffer landet man mit keinem KIS, wobei es speziell für Unikliniken mit ihrer hohen Differenzierung problematisch ist. Erstaunlich finde ich aber die Priorisierung der KIS-Hersteller. Einerseits gibt es immer noch Defizite bei den Basisfunktionen, die wirklich jeder braucht und mit denen die meisten Häuser auch noch kämpfen, wie etwa Arztbriefschreibung, OP und Terminverwaltung. Andererseits werden Spezialfunktionen angeboten, die letztlich nur wenige pilotieren und kaum einer in der Fläche einsetzt.“ (in: CIO, Oktober 2007)