Muße macht Mühe
Die richtige Auszeit für Manager
Das Wort Muße klingt für Menschen auf der Überholspur des Lebens nach Langeweile oder Schlimmerem. Tage ohne Termine verunsichern, ein leerer Kalender stresst Macher und quält sie mit einem schlechten Gewissen.
Europäer und Nordamerikaner kultivierten über Jahrhunderte ein hohes Arbeitsethos. In protestantisch und calvinistisch geprägten Landstrichen frönen sie dieser Arbeitsmoral noch rigider als in katholischen sozialisierten Gegenden. Alle kennen Sprichwörter wie "Müßiggang ist aller Laster Anfang". Muße hat ein schlechtes Image, auch in der modernen Sprachvariante Work-Life-Balance bleibt es für viele ein Problem. Doch wir wagen ein Gedankenexperiment: Nutzt Muße der KarriereKarriere? Alles zu Karriere auf CIO.de
Muße bedeutet Zeit für sich
Ja, meint der ehemalige Benediktinermönch Anselm Bilgri: "Muße macht zunächst Mühe. Wir müssen etwas neu einüben, was wir nicht gewohnt sind. Bei Muße geht es nicht ums Nichtstun oder Langeweile, sondern um ein auf sich selbst Konzentrieren, sich bewusst von den Anforderungen des Alltags, der Arbeit und der Familie zurückzuziehen. Muße bedeutet Zeit für sich. " Das klingt nach einer großen Herausforderung.
Bilgri gründete vor eineinhalb Jahren mit Nikolaus Birkl und Georg Reider die Akademie der Muße. Die Kurse sind gut besucht, manche Unternehmen schicken ganze Teams in Klausur. Die Teilnehmer kommen aus unterschiedlichen Berufen. "Die meisten sind um die 40 Jahre, und ein gewisser Leidensdruck ist spürbar", formuliert Bilgri. In mehrtägigen Seminaren, die überwiegend in ehemaligen Klöstern stattfinden, lernen die Teilnehmer außerdem schweigen, meditieren eine ganz neue Kulturtechnik: das Display des Smartphones zu ignorieren, ohne in einem Loch zu verschwinden.
"Muße ist in unserer beschleunigten Zeit enorm wichtig", doziert Bilgri, der an der Hochschule München Wirtschaftsethik unterrichtet. Die in vielen Berufen geforderte ständige Verfügbarkeit setzt Körper und Seele zu. Gesund sein bleibt für jeden wichtig. Auch Jüngere brauchen eine Pause.
- Das Nichtstun
Schreiben Sie in Ihren Terminkalender ab und zu als Aufgabe „nichts“. Verabreden Sie sich nicht, gönnen Sie sich Mußestunden. - Anselm Bilgri
Manchmal bleibt selbst gestressten Führungskräften Zeit um zu entspannen. Doch das lockere Leben will gelernt sein. Wir helfen Ihnen dabei mit Praxistipps von Anselm Bilgri. - Die Pause
Zen@work: Wenn es hektisch wird im Büro, einfach den Rechner fünf oder zehn Minuten herunterfahren, aus dem Fenster sehen und eine Pause einlegen. - Der Schlaf
Gönnen Sie sich ausreichend Schlaf, es ist die natürlichste Form der Erholung. - Die Zeit
Nützen Sie ungeplante Wartezeiten, indem Sie sie als gewonnene, geschenkte Zeit erleben und genießen. - Die Konzentration auf anderes
Lesen Sie ein Gedicht. Vertiefen Sie sich in die Szenerie, die darin in verdichteter Form zum Ausdruck kommt. - Die Faulheit
Haben Sie kein schlechtes Gewissen, wenn Sie gelegentlich nur faul sein wollen. Wenn es Ihnen schwer fällt, dann machen Sie die Probe aufs Exempel: Wie oft täuschen Sie Beschäftigtsein nur vor? Quelle: Anselm Bilgri: „ Vom Glück der Muße“