Expertenanalyse

ERP-Systeme zu langsam für das Business?

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Das ERP-Fazit

Themen wie Cloud ComputingCloud Computing und Software as a Service bringen frischen Wind in die Softwarelandschaft. Zwar bemühen sich die etablierten Softwarehersteller, ihre ERP-Lösungen zu modernisieren und auf die kommenden Herausforderungen auszurichten, so einfach, wie es sich anhört, ist das allerdings nicht. Nach wie vor schleppen die Anbieter Altlasten in ihrer Produktentwicklung mit sich und müssen die installierten Systeme ihrer Kunden weiter pflegen und betreuen. Unklar ist auch, wie der Schwenk auf ein Mietmodell zu bewältigen ist. Die Hersteller haben mit dem lukrativen Lizenz-Wartungs-Geschäft hohe Margen erzielt und gut verdient. Davon müssten sie sich mit SaaS-Produkten erst einmal verabschieden, was den Investoren sauer aufstoßen dürfte. Außerdem wird das Geschäft unberechenbarer, wenn Kunden unabhängiger sind und Ressourcen auch einmal zurückfahren können. Doch die Anwender stecken ebenfalls in einer Zwickmühle: Sie müssen immer komplexere Altsysteme pflegen, bräuchten im Grunde aber flexible, leicht handhabbare ERP-Lösungen. Alles zu Cloud Computing auf CIO.de

In dieser Situation, in der sich etablierte Anbieter nur langsam vorwärts bewegen, wäre theoretisch Platz für einen Newcomer ohne Altlasten. "Vielleicht taucht irgendwann ein schlauer Anbieter im Markt auf und bietet etwas völlig Neues an", spekuliert denn auch Picot - ähnlich wie Salesforce.com vor einigen Jahren den CRM-Markt aufgemischt hat. Allerdings werde es nicht leicht sein, eine Bresche in die ERP-Phalanx zu schlagen. Veränderungen gerade in diesem Markt bräuchten ihre Zeit, meint der Münchner Professor. Die Abhängigkeit der Unternehmen von ihren ERP-Systemen und damit von den entsprechenden Herstellern sei hoch. Bestehende Anwendungen würden nicht von heute auf morgen abgelöst. Dieser Markt sei nicht im Sturm zu erobern.

Andererseits beobachtet Picot, dass in den ERP-Markt bereits Bewegung komme. Gelinge es einem Anbieter von Zusatzlösungen oder einem Dienstleister, das Vertrauen der Anwender zu gewinnen und damit ein gewisses Renommee aufzubauen, könnte er letztendlich immer mehr ERP-Funktionen übernehmen. Dies sei jedoch ein schleichender Prozess und gerade am Anfang schwer zu erkennen.

Erste Signale, dass an den ERP-Monolithen gekratzt wird, sind jedoch bereits spürbar. Beispielsweise kündigte Bernd Seeburger, CEO und Chairman des gleichnamigen Integrationsspezialisten, an, mit seinen Lösungen zunehmend auch Funktionen aus einem ERP-System wie SAPSAP abdecken zu wollen. "Wir werden uns massiv in die Prozesse einklinken." Der schwäbische Softwarehersteller stellt die ketzerische Frage, inwieweit Unternehmen künftig überhaupt noch ein dediziertes ERP-System benötigen werden. Es könnte eine Vielzahl von unterschiedlichen Services in der Cloud geben, aus denen sich die Anwender ihre Business-Software zusammenstellen. Die Unternehmen blieben nur noch die Herren über ihre jeweiligen Daten. Seine eigene Rolle interpretiert Seeburger derart, in einer Art Integrations-Cloud dafür zu sorgen, dass die einzelnen Services miteinander verknüpft werden. In der Folge könnte eine Reihe neuer Player im ERP-Sektor auftauchen: Dienstleister, die sich als Serviceentwickler betätigen, oder Integrationsspezialisten, die die einzelnen Services in der Cloud verknüpfen und zusammenhalten. Das Potenzial für den Paradigmenwechsel ist aus Seeburgers Sicht da: "Kein Anwender ist mit seinem ERP-System wirklich zufrieden." Alles zu SAP auf CIO.de

Quelle: Computerwoche

Zur Startseite