Radikale Neuausrichtung – Konzern-IT On-Demand
Exklusiv: Die neue IT-Strategie von Siemens
Die Anpassung der Software dauerte lediglich drei Monate. Seit Januar werden alle sechs Wochen jeweils 500 weitere Mitarbeiter auf die Software aufgeschaltet, das mittelfristige Ziel sind etwa 10 000. Der Effekt gegenüber einer klassisch bereitgestellten und angepassten Lösung: Einsparungen sowie Geschwindigkeitszuwächse.
Nach dem Kassensturz
Die Motivation für den steilen und steinigen Weg ziehen der CIO und die IT-Organisation "aus vielen positiven Beispielen". Im Rahmen des Optimierungsprogramms "IT Challenge" wurde ein "Kassensturz" gemacht, welche Applikationen sich der Konzern überhaupt leistet. Auch in der Infrastruktur habe Siemens sehr viele individuelle Vorgehensweisen verfolgt, sagt Kleinjohann, die bei klarem Fokus auf Commodities "ein enormes Potenzial bieten, ohne dass darunter die Leistung leidet". Gemäß der Unternehmensstruktur wurden die einzelnen Bereiche intensiv abgearbeitet, teils mit großem Erfolg. Durch den Schwenk auf Standardlösungen spart der Konzern einen erheblichen Teil seiner jährlichen IT-Ausgaben.
Beispielsweise wurden Mobiltelefonverträge regional vereinheitlicht und in einem ersten Schritt europaweit nur einem Anbieter pro Land übertragen. Dies senke die Kosten um rund 50 Prozent. Im weltweiten Datennetz berichtet Kleinjohann von einer Reduktion von 60 Prozent, und aktuell wurde das IT-Infrastruktur-Outsourcing analysiert, "um unsere Anforderungen marktgerechter zu gestalten", also die historisch gewachsenen Unterschiede in den Anforderungen zu egalisieren und somit die Gelegenheit zu schaffen, die Preise zu senken. Das Ganze werde katalysiert durch die Konzernprogramme. Siemens hat sich in den vergangenen Jahren verschiedenen Initiativen zur Verschlankung unterzogen, die nach Aussage des CIOs intern recht erfolgreich laufen: "Das hilft uns jetzt besonders."
Das Interesse an der Abstraktion beziehungsweise der Vereinfachung habe ihn seit seinem Studium und später in der Ära der Individual-Software begleitet, berichtet Kleinjohann. Natürlich hätten CIOs auch vor 25 Jahren davon geträumt, sich ganz auf das Kerngeschäft - "den Nerv des Unternehmens" - zu konzentrieren und das leidige Thema der Wartung individuell entwickelter Programme loszuwerden. Man müsse die Gedanken nur immer wieder reaktivieren und seine eigenen Entscheidungen nach einer gewissen Zeit in
Frage stellen, argumentiert der CIO.
IT optimieren für Business-Produkte
Mit seiner Forderung nach Entlastung bewegt sich Kleinjohann im Bereich einer grundlegenden Management-Qualität - Prioritäten zu setzen. Wenn etwa der Aufwand für das Application-Management reduziert wird, so der CIO, wäre jedem Unternehmen enorm geholfen. Die freien Mittel würden in Bereichen verwendet, "in denen ich noch etwas bewirken kann". Die Büro-IT zähle nicht dazu, so Kleinjohann. Hier sei der springende Punkt, mit effizientem Mitteleinsatz das notwendige Niveau zu halten. "Wenn einer meint, dass er da noch einen großen Hebel nutzen und durch weiteren Softwareeinsatz Aufwände halbieren kann, ist das Unsinn." Das Potenzial sei an dieser Stelle schlicht nicht mehr vorhanden.