Generation Z

Stirbt das traditionelle Recruiting aus?



Simon Lohmann ist Freier Autor bei macwelt.de.

"Was passiert, wenn sich keiner mehr bewirbt?"

Personalberater Frank Rechsteiner von der Hype Group rät Unternehmen, transparent herüberzukommen und von außen nicht wie eine Blackbox zu wirken.
Personalberater Frank Rechsteiner von der Hype Group rät Unternehmen, transparent herüberzukommen und von außen nicht wie eine Blackbox zu wirken.

Der klassische Bewerbungsweg, wie ihn Unternehmen wie Fujitsu praktizieren, hat nach Meinung von Frank Rechsteiner, Geschäftsführer der Hype Group, keine Zukunft: "Das wird so nicht mehr funktionieren", lautete seine Antwort an Lena Gramlich.

Man bewege sich heute in einem Arbeitnehmermarkt - also in einer Situation, in der sich ­Arbeitgeber bei Kandidaten bewerben müssten. "Was passiert, wenn sich keiner mehr bewirbt?", fragte Rechsteiner in die Runde. Junge Bewerber von heute wüssten schließlich nicht mehr, ob sie sich bei einem guten oder schlechten Unternehmen bewerben.

"Sie müssen die Blackbox auflösen und den Bewerbern auf Augenhöhe begegnen", beantworte Rechsteiner die Frage gleich selbst. In diesem Punkt stimmte er Sievers zu. Der Schlüssel zum Erfolg lautet seiner Meinung nach, die Bewerber "mit den Menschen in Kontakt zu bringen, mit denen sie später arbeiten werden. Um die Blackbox aufzulösen, müssen Sie das Daily Business ehrlich vermitteln können, ganz egal, welcher Typ Generation sich bei Ihnen bewirbt." Dem schloss sich auch Harald Huber, Geschäftsführer von Retencon, an.

Laut Rechsteiner befinde sich allerdings auch metafinanz auf einem gefährlichen Kurs, noch auf das Recruiting über Portale zu setzen: "In den nächsten fünf Jahren wird sich dort kein Mensch mehr anmelden", lautet seine Prognose.

Für Bewerber werde es erst dann interessant, wenn ein gutes Angebot von Seite der Unternehmen kommt. Dabei kann es helfen, sich mit den Bewerbern auf einem neutralen Horizont zu treffen: "Beim Mittagessen, zum Beispiel", schlägt Rechsteiner vor. "Das nimmt oftmals die Angst und den Stress."

Flexiblere Arbeitszeiten? Davon will die Generation Z laut einer neuen Studie angeblich nichts wissen. Stattdessen wünscht sie sich einen klassischen Acht-Stunden-Tag. "Ich glaube, dass es solche und solche Mitarbeiter gibt - egal wie alt sie sind. Wenn Sie sich von der Arbeit begeistern lassen, nehmen sie auch variable Arbeitszeiten in Kauf", so Rechsteiner. "Ein Pauschalisieren einer ganzen Generation ist meiner Meinung nach aber nicht klug."

"Marketing allein reicht nicht aus"

Für Uwe Kloos von NTT Data steht fest: Die große Kunst ist es, nicht übersehen zu werden.
Für Uwe Kloos von NTT Data steht fest: Die große Kunst ist es, nicht übersehen zu werden.

Dass dieses Vorgehen allein nicht ausreichen wird, um das Interesse der Generation Z zu wecken, dessen ist sich Uwe Kloos, Personalchef von NTT Data, sicher. Der Anziehungskraft starker Marken müssten kleinere Wettbewerber Glaubwürdigkeit entgegensetzen. Daher müsse man unbedingt einhalten, was man vor einer Einstellung zugesagt hat.

Davon ist auch Harald Huber, Geschäftsführer von Retencon, einem auf Personal­entwicklungsthemen spezialisierten Münchner Beratungshaus, überzeugt. Seiner Meinung nach sollten die Unternehmen ein ureigenes Interesse daran haben, ihre Versprechen einzuhalten, denn: "Am teuersten sind im Recruiting-Prozess die Kandidaten, die das Unternehmen nach drei Monaten wieder verlassen."

Auch wenn NTT DATA auf Assessment-Center im Bewerbungsverfahren verzichtet, habe man selbstverständlich den Anspruch, qualitativ gute Kandidaten einzustellen. Gleichzeitig aber dürfe man nicht vernachlässigen, eine gewisse Nähe zum Bewerber aufzubauen: "Die Eingangstür ist eine ganz sanfte. Erst im Nachgang wird über Verträge gesprochen."

Wie werden Unternehmen für "Young Talents" attraktiv? Bei NTT Data setzt man auf die eigene Unternehmens-Authentizität.
Wie werden Unternehmen für "Young Talents" attraktiv? Bei NTT Data setzt man auf die eigene Unternehmens-Authentizität.
Foto: hobbit - shutterstock.com

Der Personalchef hat die Erfahrung gemacht, dass Bewerber zunächst darauf achten, wie authentisch eine Firma ist und wie sie mit Menschen umgeht. Entsprechend gestalte NTT DATA auch die Bewerbungsgespräche. Dabei sei es wichtig, dass die Jobinteressenten mit den richtigen Leuten im Unternehmen in Kontakt kommen: "Am Ende sitzen die Leute am Tisch, die mit der Person arbeiten werden", sagt Kloos. "Und das, was wir versprechen, müssen wir auch einhalten." Eine für beide Seiten optimale Möglichkeit hierzu, sei das Programm "Consultants for a Day". "Der Tag wird von unseren Beratern durchgeführt, so gelingt es einerseits Nähe aufzubauen, andererseits einen guten Einblick in unsere Beraterkultur zu gewinnen", so Kloos.

Die Bewerber lernen in einem Workshop neue Methoden kennen und erhalten im Anschluss ein Zertifikat. Nach diesem Tag fällt die Entscheidung leichter, sich für eine Beraterkarriere zu entscheiden. Damit hat der Tag auch die Funktion einer Karriereberatung für die Kandidaten. "Für uns ein extrem wichtiger Kanal, potentielle neue Mitarbeiter gut kennenlernen zu können, die Bedeutung der Rolle des Personalberaters rückt für uns an eine untergeordnete Stelle."

Retencon-Geschäftsführer Huber sieht ein Problem darin, dass vor allem manche Mittelständler das Recruiting-Verfahren am liebsten zum Nulltarif hätten: "Es gibt zwei Arten von Unternehmen, diejenigen, die das notwendige Kapital zur Verfügung stellen, und die, die es nicht ausgeben." Viele mittelständische Unternehmen haben seiner Meinung nach schon vor 15 Jahren den Zeitpunkt verpasst, entsprechende Recruiting-Maßnahmen einzuleiten. Die Schere zwischen den Firmen, die in Personal investierten und denen, die nichts tun, werde immer größer: "Wenig Licht, viel Schatten."

Im analogen Prozess sei bei der Jobsuche das Internet der Schlüsselpunkt, meint Harald Huber von Retencon.
Im analogen Prozess sei bei der Jobsuche das Internet der Schlüsselpunkt, meint Harald Huber von Retencon.

Und natürlich spricht sich dank Social Media und Bewertungsportalen schnell herum, wie die Stimmung in einem Unternehmen bestellt ist. Feedback sei ein fester Bestandteil der Unternehmenskultur, Kritik werde selbstverständlich aufgenommen. Bei NTT DATA wird genau drauf geachtet, was im Netz gepostet wird; und auch sofort reagiert. Man wolle nichts im Raum stehen lassen und reagiere sofort auf Kritik. Laut Kloos handle es sich dabei zwar nur um Einzelfälle, aber um die müsse man sich umso intensiver kümmern, um eine authentische und stringente "Candidate Experience" zu garantieren.

Laut Kloos sei das für junge Menschen heutzutage der direkte und persönliche Austausch enorm wichtig. Da das Wort "Recruiting" aber viele Bewerber abschrecke, wird laut Kloos zukünftig vor allem das indirekte, smarteRecruitingRecruiting für Unternehmen interessant. Alles zu Recruiting auf CIO.de

Generation Z

Klassische Arbeitgeber und Digital Natives - wie geht das zusammen? Wer talentierte Nachwuchskräfte auf sich aufmerksam machen will, muss sich als attraktiver Arbeitgeber aktiv ins Gespräch bringen. Die COMPUTERWOCHE lud Personalexperten in München und Düsseldorf zu Diskussionsrunden ein, um über das Thema "Generation Z - Herausforderung Employer Branding und neue Wege des Recruiting" zu diskutieren.

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