Grundig IT sendet auf mehreren Kanälen
Haltung wahren in der Insolvenz
Wolfgang Miedl arbeitet Autor und Berater mit Schwerpunkt IT und Business. Daneben publiziert er auf der Website Sharepoint360.de regelmäßig rund um Microsoft SharePoint, Office und Social Collaboration.
Manche Pleiten tun nicht nur den Mitarbeitern weh, deren Arbeitsplatz gefährdet ist. Die Nachricht vom Aus der traditionsreichen Nürnberger Grundig AG haben hierzulande viele mit Wehmut vernommen, schließlich hat die Firma als einst führendes High-Tech-Unternehmen die deutsche Nachkriegsgeschichte geprägt. Doch da seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Juli 2003 alle Unternehmensteile einen Käufer gefunden haben, hellt sich die Stimmung wieder auf. Am Standort Nürnberg jedenfalls wird weiter fleißig gearbeitet - und die IT hat alle Hände voll zu tun, um den Betrieb am Laufen zu halten.
Zwar stand mit der Pleite des einst 38 000 Mitarbeiter zählenden Unterhaltungselektronik-Riesen auch die Existenz der IT in Frage. Gleichzeitig aber musste das Funktionieren der Systeme zu jedem Zeitpunkt gewährleistet sein, damit alle Geschäftsprozesse aufrechterhalten werden konnten. Denn es zählt zur obersten Pflicht des Insolvenzverwalters, im Sinne der Gläubiger so viel Profit wie möglich herauszuholen. Die unterbrechungsfreie Weiterführung war unter den gegebenen Umständen nicht einfach, wie Gerhard Regn, Ex-CIO des fränkischen Unternehmens, schildert: "Einerseits mussten wir schmerzhafte Einschnitte beim Personal vornehmen und um 50 Prozent reduzieren, gleichzeitig waren wir gefordert, neben der Aufrechterhaltung der bestehenden Systeme für den Geschäftsbetrieb auch noch zusätzliche Services für die Abspaltung von Unternehmensteilen sowie neue Funktionen für die Insolvenzverwaltung einzuführen."
Es liegt wohl auch am zügigen Verkauf der einzelnen Unternehmensbereiche, dass die zerschlagene Grundig-Organisation und vor allem die IT mit einer erstaunlichen Kontinuität weiterarbeiteten. Im Herbst 2003 wurde zunächst die Grundig Entertainment Network verkauft. Im zweiten Schritt ging die Automobilsparte Car Intermedia Networks an den weltgrößten Automobilzulieferer Delphi. Im Januar 2004 wechselte die Grundig Business Systems zur Induc AG, und der wichtigste Bereich Grundig Home Intermedia Systems ging an das türkisch-britische Konsortium Alba/Beko. Im Mai schließlich folgte als Letztes die Satellitensparte, die per Management-Buy-out eigenständig wurde.
Die Aufspaltung war bereits zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens absehbar. Entsprechend kamen Regn und Insolvenzverwalter Siegfried Beck überein, dass auch ein Fortbestand der IT als interner Shared-Services-Dienstleister für eine Gesamtorganisation nach bisherigem Muster ausgeschlossen war und eine alternative Lösung gefunden werden sollte. Gemeinsam mit Beck und dem Grundig-Vorstand legte Regn die Marschroute fest. Für die IT sollte ein Käufer gefunden werden, der drei Dinge zusichern musste: eine Standortgarantie für Nürnberg, die Übernahme möglichst aller Mitarbeiter, und drittens sollten die Dienstleistungen für die nun externen Kunden wie bisher erbracht werden, um einen kontinuierlichen Übergang zu ermöglichen.
Vor dem Hintergrund dieser Rahmenbedingungen zeichneten sich komplexe Vertragskonstrukte ab: Es galt, Regelungen mit dem Insolvenzverwalter, den Mitarbeitern und schließlich den neuen Kunden zu finden. Entsprechend schwierig gestaltete sich die Suche nach einem übernahmewilligen IT-Dienstleister, denn dieser musste die Bedingungen akzeptieren, ohne dass man ihm einen langfristigen Outsourcing-Vertrag in Aussicht stellen konnte. Einige etablierte Anbieter wie IBMIBM oder Hewlett-Packard hätten denn auch gleich abgewinkt, so Regn. "Ich habe mich deshalb bei der weiteren Suche auf Dienstleister konzentriert, die entweder ein Interesse daran hatten, den Namen Grundig auf die Referenzliste zu bekommen, oder die unser Know-how und unsere Infrastruktur übernehmen wollten." Schließlich wurden mit vier Interessenten ernsthafte Verhandlungen geführt. Alles zu IBM auf CIO.de