Neue Arbeitswelt
Home Office kann nicht die alleinige Lösung sein
Feste Arbeitszeiten: Mittlerweile ein Relikt?
Mitarbeiter, die für ihre Arbeit nicht mehr auf ein stationäres Büro angewiesen sind: Sind dann im Umkehrschluss (feste) Arbeitszeiten überhaupt noch zeitgemäß? In dieses Bild passen auch Meldungen wie etwa die von Richard Branson ("Virgin"), der Mitarbeitern die Entscheidung überlässt, ob, wann und wie lange sie Urlaub nehmen. Freie Tage müssen weder beantragt noch genehmigt werden, sofern laufende Projekte nicht darunter leiden.
Mag dieser spezielle Fall auch (teilweise) ein Marketing-Gag sein, so stellt sich die berechtigte Frage: Kann es in manchen Bereichen nicht sinnvoller sein, dass sich Mitarbeiter primär an den Ergebnissen ihrer Arbeit orientieren, anstatt eine bestimmte Stundenzahl mehr oder weniger motiviert "abzusitzen"?
Eine polarisierende Aussage, die allerdings auch relativiert werden muss. Häufig kommt dieser Ansatz aus besonders kreativen, jungen Branchen und aus Bereichen, in denen ein vollkommen unabhängiges Arbeiten für viele zum Maßstab geworden ist. Doch ein Modell, das für ein hippes Online-Startup perfekt funktioniert, ist nicht zwangsläufig auch auf ein klassisches Industrieunternehmen übertragbar. Ein Automobilhersteller, dessen Mitarbeiter in der Produktion ihre Arbeitszeiten selbst bestimmen? Angesichts heute üblicher Schichtsysteme und durchstrukturierter Produktionsabläufe nur schwer vorstellbar. Auch Kunden, die ein Unternehmen kontaktieren, um Beratung oder Support zu erhalten, werden auch in Zukunft feste Erreichbarkeiten zu schätzen wissen - und zu Recht erwarten.
Work-Life-Balance im Fokus
In ganz anderer Hinsicht zu denken geben auch Erfahrungswerte, die zeigen, dass sowohl Eigenverantwortung der Mitarbeiter, als auch die soziale Kontrolle durch Kollegen dafür sorgen, dass Angestellte ohne starre Arbeitszeiten meist keinesfalls weniger arbeiten. Eher im Gegenteil. Häufig konnte mit der Flexibilisierung der Arbeitszeiten ein steigender Druck beobachtet werden. Im Extremfall kann dies zu einem Verschwimmen der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit führen, wenn beispielsweise Mitarbeiter auch abends oder am Wochenende geschäftliche E-Mails auf ihrem Smartphone lesen und bearbeiten.
Um Mitarbeiter zu schützen und nicht zu überfordern, haben speziell einige Großunternehmen auf diese Problematik reagiert. So finden sich beispielsweise konkret ausformulierte E-Mail-Verbote für Wochenenden. Oder es wird gleich ein technischer Riegel vorgeschoben, indem nach Arbeitsende keine E-Mails mehr auf die mobilen Geräte der Mitarbeiter weitergeleitet werden.
- Gekappte Leitung
Erste Unternehmen zwingen ihre Mitarbeiter zur Nichterreichbarkeit während der Freizeit, andere verzichten komplett auf Regeln. Hier finden Sie Informationen zu den unterschiedlichen Vorgehensweisen. - Volkswagen: Keine Mails nach Feierabend
Volkswagen war eines der ersten Unternehmen in Deutschland, das die Nichterreichbarkeit schriftlich fixiert hat. Der Konzern regelt in einer mit dem Betriebsrat abgestimmten Betriebsvereinbarung den Umgang mit dienstlichen Smartphones. Demnach werden nach Feierabend in der Zeit von 18.15 Uhr bis 7.00 Uhr vom Server keine E-Mails zugestellt. - BMW: Vertrauen statt Regeln
BMW räumt den Beschäftigten in einer neuen Betriebsvereinbarung das Recht auf Nichterreichbarkeit ein. Mitarbeiter an den deutschen Standorten können "Mobilarbeit" in ihren Arbeitszeitkonten erfassen und abbummeln. - Daimler: Urlaub von der E-Mail
Seit Weihnachten 2013 läuft bei Daimler der Abwesenheitsagent "Mail on Holiday". Er soll dafür sorgen, dass der elektronische Posteingang der Mitarbeiter bei Abwesenheit entlastet wird - das gilt auch für Manager. - Continental: Tipps für Kommunikationspausen
Continental hat keine strikte Regeln im Umgang mit elektronischen Endgeräten definiert. Das Unternehmen gibt den Mitarbeitern aber Ratschläge zur Nichterreichbarkeit an die Hand. - Telekom: Definierbare Nichterreichbarkeit
Bereits seit 2010 gibt es bei der Deutschen Telekom eine Policy, die den Führungskräften empfiehlt, möglichst keine E-Mails am Feierabend zu verschicken. Viele Mitarbeiter geben zudem Zeiträume an, in denen sie nicht erreichbar sind. - e.on nimmt Führungskräfte in die Pflicht
e.on verzichtet auf Richtlinien, die die ständige Erreichbarkeit auch in der Freizeit regeln. Alle Führungskräfte und Mitarbeiter sind angehalten, verantwortungsvoll mit dienstlichen elektronischen Kommunikationsmitteln umzugehen. - Boston Consulting Group: Berechenbare Freizeit
Das Beratungshaus Boston Consulting Group (BCG) hat zunächst in den USA die „Predictable Time Off“ eingeführt. Diese angekündigte Freizeit soll den Beratern einen Feierabend ohne geschäftliche Störung gewährleisten.