100 Tage zum Entscheiden

Keine Schonfrist

14.04.2008
Von Klaus Werle

Das Management by walking around sollte klar strukturiert sein (Mit wem rede ich wann?) und möglichst viele, anfangs vor allem interne Stakeholder einbeziehen: Vorstand, Mitarbeiter, Aufsichtsrat, Kunden, Gewerkschaften, Presse. Die Schlüsselpersonen, laut Zehnder-Studie: der Aufsichtsratsvorsitzende und direkte Mitarbeiter. Aus der eigenen Agenda und Gesprächsanalysen destilliert sich schließlich die Strategie.

Wer nicht, wie "Dr. Lü" nach vier Jahren bei Hochtief, intern aufrückt, für den gerät die Welcome-Tour der ersten Tage zum Parforceritt durch unbekanntes Terrain. Gleich am 1. Oktober, seinem ersten Arbeitstag als Chef von EnBW, traf Hans-Peter Villis auf dem Städtetag Baden-Württemberg in Stuttgart die Oberbürgermeister im Ländle - wichtige Kunden also und zum Teil auch Aktionäre. Dann weiter nach Karlsruhe, sich den engsten Mitarbeitern vorstellen, abends Gespräche mit Vorstandskollegen.

Danach ging es Schlag auf Schlag: Ministerpräsident Günther Oettinger, Betriebsrat, Belegschaftsversammlung, Glos, Steinmeier, und immer 150 Prozent Konzentration: "Das sind keine Small-Talk-Runden, da wird sofort inhaltlich hart diskutiert." Es geht um viel: Finanziell ist EnBW nach vier Jahren unter Utz Claassen zwar saniert. Ob der Neue der Richtige ist, eine plausible Wachstumsstrategie zu fahren und sich gegen den machtbewussten Großaktionär EdF zu behaupten, muss er in den kommenden Wochen noch beweisen.

Am Anfang steht die Agenda

Villis muss extern werben und intern motivieren. Obwohl von außen, von Eon Nordic, an die EnBW-Spitze gerückt, verzichtete er darauf, Vertraute mitzubringen: "Ich glaube, ich kann Leute gut begeistern." Welche Manager wie performen, verrät ihm auch ein Audit, das noch vor seiner Zeit in Auftrag gegeben wurde. Und für das Erforschen der ungeschriebenen Gesetze und Beziehungsgeflechte hat er spezielle Informanten: "Meine Sekretärin und mein Fahrer - die wissen alles."

Tatsächlich gibt es für das Grundproblem des CEOs - die gefilterte Information - keine bessere Lösung, als die entscheidenden Zwischentöne in vielen Gesprächen quer durch die Hierarchien zusammenzupuzzeln. "Dann hat man so viele Referenzpunkte, dass keiner seine Agenda verstecken kann", sagt Thomas Pütter, der als Chef des Private-Equity-Geschäfts der Allianz schon ein halbes Dutzend CEOs eingestellt hat.

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