100 Tage zum Entscheiden
Keine Schonfrist
Ähnlich einem Herrscherwechsel im Mittelalter, folgt der Amtsantritt als CEO einer bestimmten Dramaturgie. Sie startet mit der intensiven Erkundung des Schlachtfelds: Firmen- und
Branchenstruktur, Trends, Geschäftszahlen - und der StrategienStrategien, die der Vorgänger bereits getestet hat. Nichts ist peinlicher als eine bahnbrechende Idee, die leider schon ein Jahr zuvor grandios gescheitert ist. "Sizing up the challenge" hat Zehnder diese erste Phase genannt, die idealerweise vor Amtsantritt beginnt. "Besonders mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden wird vorab die grundlegende Ausrichtung geklärt", sagt Reckhenrich.
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Drei Punkte sollten vor Tag eins als innere Agenda klar sein: Welche Themen sind zentral? Wer sind die wichtigsten Leute? Welche Ziele habe ich?
Nachdem der neue König offiziell vom modernen Erzbischof, also dem Aufsichtsratschef, eingeführt worden ist, "kommt es darauf an, die oft messiasähnlichen Erwartungen zu managen", sagt der Münchener Organisationspsychologe Mathias Lohmer. Das Unternehmen dämmert dahin, wie gelähmt von einer Mixtur aus Hoffnung und Angst. Alle warten, wie es weitergeht, manche fürchten um ihren Job. Es gilt, Normalität zu schaffen und Ruhe zu bewahren. Stets ist die Herausforderung die gleiche: Alles besser machen, aber bloß nichts verändern. Der größte Fehler wäre jetzt, ganz schnell ganz viel ganz konkret zu versprechen - und dann kläglich zurückzurudern.
Wichtigste Regel: Zuhören und fragen
"Evolution statt Revolution", verkündete denn auch "Dr. Lü". Die alte Strategie sollte fortgesetzt, gleichzeitig sollten Dienstleistungen wie Flughafenbeteiligungen und ProjekteProjekte mit der öffentlichen Hand ausgebaut werden. Statt in einer Ansprache gab der neue Hochtief-Primus die Parole in Gesprächen mit Vorständen, Bereichsleitern und anderen Führungskräften aus: "Ich will direkt mit Leuten reden. Das ist aufwendig, aber man weiß, wo die Glocken hängen." Alles zu Projekte auf CIO.de
Obwohl bekennender Verächter von Management-Ratgebern, formuliert Lütkestratkötter damit die entscheidende Regel für neue CEOs: zuhören und fragen. "Er muss präsent sein, muss wie ein reisender Anthropologe die Wünsche, Ideen und Ängste der Mitarbeiter kennenlernen, statt sich in seinem Küchenkabinett einzubunkern", sagt Psychologe Lohmer. Auch alles besser zu wissen ("In meiner letzten Firma haben wir das immer so gemacht") oder über die Vergangenheit des Unternehmens schlecht zu reden sind schlimme Fettnäpfchen.