Geschäftsreisen deutlich teurer
Nach der Air-Berlin-Pleite steigen die Flugpreise
Flugtickets seien nach den Beobachtungen deutscher Unternehmen in der Spitze um bis zu 50 Prozent teurer geworden, berichtete der Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) am Dienstag in Frankfurt. Der von Airline-Großkunden getragene VDR stützt damit Berechnungen des Internet-Portals "Mydealz", über die das "Handelsblatt" berichtet hatte. Demnach sind nach der Aufgabe des Linienverkehrs der Air Berlin auf Kurzstrecken die Preise zwischen 26 Prozent an Werktagen und knapp 39 Prozent an Wochenenden gestiegen - was natürlich auch Privatkunden trifft.
Experten hatten den Anstieg erwartet, weil nun auf vielen Strecken insbesondere aus Berlin und Düsseldorf ein wichtiger Wettbewerber fehlt. Vor allem auf den innerdeutschen Verbindungen ist die LufthansaLufthansa derzeit weitgehend allein unterwegs und kann die Nachfrage trotz des vereinzelten Einsatzes von Großraumflugzeugen wie der Boeing 747 kaum abdecken. Auf der Mittelstrecke sieht es etwas besser aus, weil hier auch Billigflieger und die jeweiligen nationalen Fluggesellschaften der Zielländer im Rennen sind. Top-500-Firmenprofil für Lufthansa
Die höheren Preise im Lufthansa-Konzern seien allein durch die gestiegene Nachfrage entstanden, die ihrerseits auf das verkleinerte Angebot zurückzuführen sei, erklärt das Unternehmen. "Wir haben unsere Preisstruktur nicht verändert", betont eine Sprecherin.
Flugzeug-Auslastung der Lufthansa steigt
Aber: Die Jets sind derzeit viel schneller ausgebucht, das nahezu vollautomatische Buchungssystem reizt die insgesamt 26 Preisklassen zügig aus und bittet die Kunden entsprechend zur Kasse. Schon im Oktober, als viele Passagiere bereits die dann am 27. Oktober abgewickelte Air BerlinAir Berlin gemieden haben, kletterte die Auslastung im Lufthansa-Konzern auf Rekordwerte. Top-500-Firmenprofil für Air Berlin
Die Preisbildung funktioniert wie bei nahezu allen Airlines: Ist der Flugtermin noch weit entfernt und sind erst wenige Plätze verkauft, werden die Tickets günstig angeboten. Die letzten Plätze kurz vor Abflug werden hingegen nur noch zu Höchstpreisen abgegeben.
Immer häufiger zeigen die Systeme der Lufthansa und ihrer Tochter Eurowings speziell für Inlandsflüge zu günstigen Tageszeiten nur noch den Status "ausverkauft" an. "Es leiden insbesondere die Unternehmen, die auf Flugverbindungen von dezentralen Airports abseits der großen Hubs angewiesen sind. Deren Situation hat sich in Bezug auf Ticket-Verfügbarkeit, Frequenz und Preis dramatisch verschlechtert", klagt VDR-Präsidiumsmitglied Christoph Carnier.
60000 Sitzplätze fehlen pro Tag
Seit gut zwei Wochen sind deutlich weniger Flieger am Himmel als vor der Air-Berlin-Pleite. Rund 80 der 140 rot-weißen Flugzeuge stehen am Boden, laut Lufthansa-Chef Carsten Spohr fehlen jeden Tag rund 60000 Sitzplätze. Weitere Abhilfe sei erst nach einer positiven Kartell-Entscheidung der EU-Kommission zu erwarten.
Insgesamt 1000 zusätzliche Flüge pro Monat soll dann allein die Tochter Eurowings anbieten, sofern sie denn bis dahin ausreichend Crews angeworben hat. Mit einer Entscheidung aus Brüssel noch in diesem Jahr wird es allerdings nur etwas, wenn die Kommission auf eine vertiefte Prüfung des Air-Berlin-Deals verzichtet.
Auch kleine Anbieter wie Germania, CondorCondor, Sundair oder die griechische Aegean stocken ihre Flotten auf. Der zweite Air-Berlin-Käufer Easyjet will nach der Brüsseler Entscheidung nach und nach die erworbenen Kapazitäten in den Markt bringen. Top-500-Firmenprofil für Condor
Übergangsgelder für Mitarbeiter von Air Berlin
Wegen der komplexen Formalien bei der Übernahme der FlugzeugeFlugzeuge und des Personals wollen sich die Briten dabei bis September 2018 Zeit nehmen. Mit der Gewerkschaft Verdi verabredeten sie dazu sogar Übergangsgelder für das Personal der Air Berlin, das noch länger auf seinen Einsatz unter neuer Flagge warten muss. Top-Firmen der Branche Transport
Auf welchen Strecken und zu welchen Terminen die Londoner die bis zu 25 Jets einsetzen wollen, haben sie bislang nicht kommuniziert. Erwartet wird aber schon aus kartellrechtlichen Gründen ein Angebot auf den aktuell so überbuchten innerdeutschen Rennstrecken wie Frankfurt-Berlin, Berlin-München oder Düsseldorf-München.
Ausgerechnet auf diesen Verbindungen hat nun auch die Lufthansa-Tochter Eurowings neue Angebote ab 2018 angekündigt. Das kann Spielmaterial für die Kartellprüfung sein oder tatsächlich die Hoffnung auf wieder sinkende Ticketpreise schüren.
VDR-Mann Carnier wünscht sich daher eine schnelle Entscheidung: "Die Europäische Kommission und die zuständigen Kartellbehörden sollten den Antrag der Lufthansa auf Teilübernahme der Air Berlin im Sinne des Wettbewerbs Strecke für Strecke sehr genau prüfen - ohne jedoch das Verfahren unnötig in die Länge zu ziehen." (dpa/rs)