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Reality Check: Körper-Monitoring im Jahr 2023

Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Volker Lowitsch CIO, Klinikum Aachen: "Dass die Krankenkassen alles finanzieren und damit die Gesundheit steuern, halte ich nicht für realistisch."
Volker Lowitsch CIO, Klinikum Aachen: "Dass die Krankenkassen alles finanzieren und damit die Gesundheit steuern, halte ich nicht für realistisch."
Foto: Klinikum Aachen

Über den Daumen gepeilt sind mindestens ein Viertel davon über 60 Jahre alt. Wenn Schlegel recht behalten sollte, werden dann eine Million Senioren mit einem Datenkommunikator unterwegs sein, der ihr Herz kontrolliert, den Blutdruck misst, Stürze mit einem Bewegungssensor erfasst oder Alarm schlägt, wenn eine demente Person eine festgelegte Zone verlässt.

"Selbstvermessung ist keine Freak-Nummer"

Florian Schumacher fehlen zwar noch knapp 30 Jahre bis in die Altersgruppe, aber schon heute ist er täglich mit einer Art Datenkommunikator unterwegs, der permanent seine Schritte zählt. Der Berater im digitalen Gesundheitsmarkt ist Mitbegründer der deutschen Quantified-Self-Bewegung, deren Mitglieder die elektronisch unterstützte Selbstvermessung ihrer Vitalfunktionen praktizieren. "Selbstvermessung ist keine Freak-Nummer", sagt Schumacher, "sondern der Versuch, das äußere Wissen über sich selbst als Feedback-Instrument zu nutzen, um sich besser zu erkennen, Zusammenhänge klarer zu sehen oder sich für Veränderungen zu motivieren." So geht er wesentlich mehr zu Fuß, seit er den Schrittzähler nutzt, und profitiert vom "positiven Effekt" der Bewegung.

Zwar sind Schumacher und die konsequente Selbstvermessung derzeit die Ausnahme, aber in den Grundzügen erlaubt Quantified Self den Blick auf eine mögliche Zukunft: Informierte und bewusst agierende Menschen nehmen zunehmend ihre GesundheitGesundheit in die eigenen Hände. Das hat auch Ralf-Gordon Jahns diagnostiziert, Research Director des Berliner Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Research2Guidance: "Wir empfehlen Unternehmen, in ihren Geschäftsmodellen auf Kunden zu setzen, die bereit sind, Leistungen aus der eigenen Tasche zu bezahlen." Top-Firmen der Branche Gesundheit

Ein Grund seien die "retardierenden Kräfte" im deutschen Gesundheitswesen, sagt Jahns: "Wer hier erfolgreich sein will, muss Consumer-orientierte Lösungen vermarkten." Das seien keine originär medizinischen Geräte mehr, sondern eine Art Lifestyle-Sensoren, die man nicht mehr verstecken müsse und deren Daten zunehmend mit anderen Personen geteilt werden.

In der Tat ist das deutsche Gesundheitswesen nicht gerade für rasante Veränderungen bekannt - die elektronische Gesundheitskarte und die Telematikinfrastruktur sind echte Dauerläufer. Dabei könnte sich die mobile Kontrolle auszahlen und den Kostendruck auf das System abschwächen. Zudem fehlt medizinisches Fachpersonal in ländlichen Gebieten, chronische Krankheiten nehmen zu, und die Gesamtbevölkerung überaltert. Durch Telemonitoring-Systeme zur Beobachtung von Patienten ließen sich rund 2,2 Milliarden Euro jährlich einsparen, berichtete etwa der IT-Verband Bitkom. Und das U.S. Department of Veterans Affairs (VA) hat in einer mHealth-Studie mit 50 000 chronisch Kranken festgestellt, dass Wiedereinweisungen und Krankenhaustage deutlich zurückgingen - während die Zufriedenheit der Patienten auf Spitzenwerte angestiegen ist.

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