Geschäftsergebnis 2021
SAP findet den Turboschalter nicht
Den Software-Tanker SAPSAP auf Cloud-Kurs zu drehen, kostet viel Zeit. Umsatz und Gewinn wuchsen im vergangenen Jahr gerade einmal um zwei Prozent. Die Einnahmen erhöhten sich auf gut 27,8 Milliarden Euro, der Gewinn auf knapp 5,4 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Softwareriese Microsoft legte im abgelaufenen Quartal um 20 Prozent zu. Cloud-Spezialisten wachsen noch schneller. ServiceNow meldete gerade für sein Gesamtjahr 2021 einen Umsatz von knapp 5,9 Milliarden Dolalr - plus 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Cloud-Pionier Salesforce peilt für sein aktuell laufendes Fiskaljahr 2022 ein Umsatzplus von 24 Prozent an und würde dann mit 26,4 Milliarden Dollar Jahresumsatz SAP bereits im Nacken sitzen. Alles zu SAP auf CIO.de
Die Verantwortlichen von SAP verbreiten dennoch Optimismus und verweisen auf das eigene Wachstum im Cloud-Geschäft. 2021 verbesserten sich SAPs Cloud-Erlöse im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro. Mit seinem ERP-Flaggschiff S/4HANA nahm der Konzern im vergangenen Jahr knapp 1,1 Milliarden Euro in der Cloud ein, das sind 46 Prozent mehr als 2020.
SAP-CEO Klein: "Gewaltiger Erfolg von RISE with SAP"
"Unsere Stärke im Cloud-Geschäft ist offensichtlich", sagte CEO Christian KleinChristian Klein. Immer mehr Unternehmen würden sich für SAP entscheiden, "um sich neu aufzustellen, stabile Lieferketten aufzubauen und sich auf dem Weg in die Cloud zu nachhaltigen Unternehmen zu entwickeln". Ein wichtiger Baustein für die Fortschritte in der Cloud ist aus Sicht von Klein das vor einem Jahr aufgelegte Programm "RISE with SAP". Damit will der Softwarehersteller seinen Kunden den Weg in die Cloud leichter machen. Profil von Christian Klein im CIO-Netzwerk
Klein spricht von einem gewaltigen Erfolg von RISE with SAP. Tatsächlich scheint das Programm Fahrt aufzunehmen. SAP zufolge hätten allein im vierten Quartal 650 Anwenderunternehmen entsprechende Verträge unterschrieben. Das ist die Hälfte der insgesamt 1.300 RISE-Kunden, die SAP im zurückliegenden Jahr gewonnen hat. Dazu zählen Unternehmen wie Fresenius SE und Siemens.
Auch die Zahl der S/4HANA-Anwender steigt. Von Oktober bis Dezember 2021 sind 1300 neue Kunden hinzugekommen, ein Plus von 18 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Insgesamt hätten sich 18.800 Unternehmen für das vor sieben Jahren vorgestellte ERP-System entschieden. Davon hätten 13.100 bereits den Produktivbetrieb aufgenommen. Wie viele davon S/4HANA im eigenen Rechenzentrum betreiben und wie viele sich für eine Cloud-Lösung entschieden haben, sagt SAP allerdings nicht.
SAP-Anwender: Cloud bleibt eine Herausforderung
Auf Anwenderseite dämpft man die Euphorie bei SAP. "Der Weg in die Cloud geht für die Anwenderunternehmen mit einigen Herausforderungen einher", sagen Christine Grimm, DSAG-Fachvorständin Transformation, und Thomas Henzler, DSAG-Fachvorstand Lizenzen, Service & Support. "Klassische ERP-Strukturen, wie Anwender sie aus der Vergangenheit im On-Premises-Kontext kannten, sind in der Cloud häufig zu komplex und lassen sich nur schwer in Einklang mit einer Cloud-Philosophie bringen."
Grimm und Henzler verweisen darauf, dass sich sie SAP-Strategie weg von einem monolithischen Ansatz und hin zu einer modularen Applikationslandschaft mit standardisierten Software-as-a-Service-Produkten entwickle. Daher brauche es oft mehrere unterschiedliche Lösungen, möglicherweise auch auf verschiedenen technologischen Plattformen, um einen Ende-zu-Ende-Prozess abbilden zu können. Das liege nicht zuletzt an den SAP-Zukäufen aus der Vergangenheit. Erneut pocht die DSAG darauf, diese Lösungen besser zu harmonisieren.
Kunden fordern integrierte Cloud-Produkte und attraktive Lizenzmodelle
Für die DSAG ist klar: Wenn SAP Erfolg in der Cloud haben will, braucht es "ausgereifte und integrierte Cloud-Produkte sowie attraktive Lizenzmodelle". Letztlich sei jede Transformation ein umfassender, vielschichtiger Change-Prozess, die 'Metamorphose' eines Unternehmens. Grimm und Henzler sprechen von einem fundamentalen Wandel, der Strategie, Kultur und Organisation betreffe. Diese Herausforderungen in ihrer ganzen Komplexität gelte es zu verstehen und zu begleiten. "Die Software allein macht noch keine Transformation."
Die Anwender erwarten hier mehr Unterstützung seitens der SAP. Eine Transformation sei ein volatiler, agiler Prozess, und Unternehmen wiesen in der Regel unterschiedliche Reifegrade und Historien auf. "Aus diesem Grund ist es schwer zu verstehen, wie ein 'Business-Transformation-As-a-Service-Paket' wie RISE with SAP diese Komplexität 'lichten' soll", kritisiert die DSAG. "Wir erwarten von SAP mehr Klarheit und ein ganzheitliches Verständnis. Nicht Business-Transformation-as-a-Service, sondern Business-Transformation auf Augenhöhe ist gefordert."
Viel Umsatz mit Lizenzen und Wartung
Wie viele SAP-Anwender noch dem klassischen On-Premises-Modell anhängen, verrät ein Blick auf die Zahlen. 14,7 Milliarden Euro verdiente der Konzern 2021 mit Softwarelizenzen und der damit verbundenen Wartung, das ist nach wie vor deutlich mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes. Mit 11,4 Milliarden Euro machen Wartungseinnahmen den Löwenanteil am SAP-Business aus.
Doch eines ist klar: SAP ist zum Cloud-Erfolg verdammt. Die angestammten On-Premises-Geschäfte, mit denen die Walldorfer ihre Erfolge der Vergangenheit begründen, bröckeln. Die Lizenzeinnahmen brachen im vergangenen Jahr um elf Prozent auf nurmehr 3,2 Milliarden Euro ein. Der Wartungsumsatz stagniert.
In der Vorstandsetage bei SAP ist man dennoch optimistisch den Cloud-Wandel hinzubekommen. Für das Jahr 2022 erwarten die Badener, dass sich das Cloud-Wachstum weiter beschleunigen wird. So rechnet der Konzern für das laufende Jahr mit Cloud-Erlösen in Höhe von 11,55 bis 11,85 Milliarden Euro. Das würde ein Plus von 23 bis 26 Prozent bedeuten. Langfristig will SAP bis 2025 Jahreserlöse von 22 Milliarden Euro in der Cloud erwirtschaften. Der Gesamtumsatz soll in vier Jahren bei 36 Milliarden Euro liegen.
Doch das alte Lizenz-Wartungsgeschäft hängt wie ein Klotz am Bein der SAP. Der Posten Cloud und Software soll 2022 zwischen 25,0 und 25,5 Milliarden Euro bringen (plus vier bis sechs Prozent). 2021 waren es knapp 24,1 Milliarden Euro, was ebenfalls nur ein Wachstum von vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutete.